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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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heulende Gemurmel.
    Licht kam von bläulichen Streifen an der Decke. Als sich seine Augen eingewöhnt hatten, sah er, was seine Leute ihm beschrieben hatten: Das Innere bestand nur aus zwei Räumen. Er stand im größeren – einem Frachtraum? In der gegenüberliegenden Wand war eine Luke, und dahinter das zweite Zimmer. Die Wände hatten keine Kanten. Sie verliefen in Winkeln zueinander, die nicht mit der Außenhülle zusammenpassten; es musste toten Raum geben. Ein Luftzug wehte stoßweise durchs Zimmer, doch die Luft war viel wärmer als draußen. Er war nie an einem Ort gewesen, der ein stärkeres Gefühl von Macht und Bösem vermittelt hätte. Sicherlich war das nur ein akustischer Effekt. Sie würden etwas absorbierendes Füllmaterial hereinbringen, ein paar Seitenreflektoren, und das Gefühl würde verschwinden. Dennoch…
    Das Zimmer war voller Särge, jenen, die nicht verbrannt waren. Der Ort stank noch nach dem Körpergeruch der Fremden. Schimmel wuchs in den dunkleren Ecken. In gewisser Weise war das beruhigend: Die Fremden atmeten und schwitzten wie andere Lebewesen, und bei all ihren wunderbaren Erfindungen konnten sie den eigenen Bau nicht sauberhalten. Stahl ging an den Särgen entlang. Die Kästen ruhten auf Regalen mit Seitenborden. Wenn die draußen hier gewesen waren, musste der Raum gerammelt voll gewesen sein. Unbeschädigt waren die Särge Wunder feiner Handwerksarbeit. Warme Luft drang aus Schlitzen an den Seiten hervor. Er schnüffelte: komplex, leicht bedrückend, aber nicht der Geruch des Todes. Und nicht die Quelle des überwältigenden Gestanks nach dem Schweiß der Fremden, der überall hing.
    Jeder Sarg hatte ein an der Oberseite angebrachtes Fenster. Welcher Aufwand, um den Überbleibseln einzelner Glieder Ehre zu erweisen! Stahl sprang auf einen der Särge und schaute nach unten. Der Leichnam war vollkommen erhalten, das blaue Licht ließ alles gefroren erscheinen. Er reckte einen zweiten Kopf über den Rand des Kastens und erhielt einen zweiten Blickwinkel auf das Geschöpf darin. Es war viel kleiner als die beiden, die sie unter dem Schiff umgebracht hatten. Es war sogar kleiner als dasjenige, das sie gefangen genommen hatten. Manche von Stahls Beratern glaubten, die kleinen seien Welpen, vielleicht noch nicht entwöhnt. Das ergab Sinn; ihr Gefangener ließ nie Gedankentöne hören.
    Zum Teil um der Disziplin willen starrte er lange Zeit auf das sonderbare flache Gesicht des Fremden. Das Echo seines Denkens war ein andauernder Schmerz, der seine Aufmerksamkeit aufzehrte und verlangte, er solle endlich gehen. Lass den Schmerz andauern. Er hatte schon Schlimmerem widerstanden, und die Rudel draußen sollten wissen, dass Stahl stärker als jedes von ihnen war. Er konnte den Schmerz bezwingen und größeres Verständnis erlangen… Und dann würde er sie bis zum Umfallen arbeiten lassen – den Raum auspolstern und den Inhalt studieren.
    So starrte Stahl fast ohne zu denken auf das Gesicht. Das Schreien in den Wänden schien ein wenig nachzulassen. Das Gesicht war so hässlich. Er hatte die verkohlten Leichen draußen betrachtet, ihre kleinen Kiefer und die regellos missgebildeten Zähne bemerkt. Wie konnte das Geschöpf essen?
    Ein paar Minuten vergingen, der Lärm und die Hässlichkeit vermengten sich wie im Traum… Und dann erlebte Stahl aus seiner Trance heraus einen Alptraum von Schrecken: Das Gesicht bewegte sich. Die Veränderung war gering und erfolgte sehr, sehr langsam. Doch im Verlauf von ein paar Minuten hatte sich das Gesicht verändert.
    Stahl fiel von dem Sarg, die Wände schrien Grauen zurück. Ein paar Sekunden lang glaubte er, der Lärm würde ihn umbringen. Dann fand er mit ruhigem Denken wieder zu sich selbst. Er kroch abermals auf den Kasten. Alle seine Augen starrten durch den Kristall, warteten wie ein Rudel auf Jagd… Die Veränderung war regelmäßig. Das Fremde in dem Kasten atmete, aber fünfzigmal langsamer als jedes normale Glied. Er ging zu einem anderen Kasten, beobachtete das Geschöpf darin. Irgendwie waren sie alle am Leben. In diesen Kästen wurde ihr Leben einfach verlangsamt.
    Er blickte von den Kästen auf, fast wie benommen. Dass der Raum nach Bösem stank, war eine Klangillusion – und auch die reinste Wahrheit.
    Das Pfahlwesen war weit entfernt von den Tropen gelandet, weitab von den Großkollektiven; vielleicht hatte es geglaubt, die nordwestliche Arktis sei eine rückständige Wildnis. Es war mit Hunderten seiner Welpen gekommen. Diese

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