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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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faulenden Fleisches. Stahls Pfoten glitten aus, wo Schlick auf dem Stein lag. In regelmäßigen Abständen waren Löcher in den Boden eingelassen. Jedes konnte ein einzelnes Glied aufnehmen, dessen Beine dicht an den Körper gepresst waren. Ein Glied brauchte im Durchschnitt drei Tage, um in solcher Isolation wahnsinnig zu werden. Das resultierende ›Rohmaterial‹ konnte benutzt werden, um leere Rudel zusammenzustellen. In der Regel waren sie nicht mehr als pflanzenhaft dahinvegetierende Körper, doch das war ja alles, was die Bewegung von manchen verlangte. Und manchmal kamen bemerkenswerte Wesen aus jenen Gruben: Sreck zum Beispiel. Sreck der Farblose, wie ihn manche nannten. Sreck der Sture. Ein Rudel jenseits des Schmerzes, jenseits von Wünschen. Sreck hatte die Loyalität eines Uhrwerks, doch eines aus Fleisch und Blut. Er war kein Genie, aber Stahl hätte eine Provinz im Osten für weitere fünf von seiner Sorte hergegeben. Und die Verheißung von mehr solchen Erfolgen ließ Stahl die Isolationsgruben immer wieder verwenden. Er hatte die meisten Trümmer des Überfalls auf diese Weise wiederverwertet…
    Stahl stieg auf höhere Etagen zurück, wo die wirklich interessanten Experimente durchgeführt wurden. Die Welt betrachtete die Verborgene Insel mit fasziniertem Grauen. Sie hatten von den unteren Etagen gehört. Doch den wenigsten war klar, welch geringe Rolle jene dunklen Räume in der Wissenschaft der Bewegung spielten. Um eine Seele richtig zu sezieren, brauchte man mehr als Bänke mit Abflusslöchern für das Blut. Die Ergebnisse von den unteren Etagen waren einfach die ersten Schritte in Flensers intellektueller Suche. Es gab große Fragen auf der Welt, Dinge, die jahrtausendelang den Geist von Rudeln beschäftigt hatten. Wie denken wir? Warum glauben wir? Warum ist das eine Rudel ein Genie und das andere ein Tölpel? Vor Flenser hatten die Philosophen endlos darüber debattiert, ohne jemals der Wahrheit näher zu kommen. Selbst Holzschnitzerin war um den Kern der Sache herumstolziert, weil sie ihre traditionelle Ethik nicht aufgeben wollte. Flenser war darauf vorbereitet, die Antworten zu erhalten. In diesen Labors wurde die Natur selbst verhört.
    Stahl ging durch eine Kammer, die einhundert Ellen breit war und deren Dach von Dutzenden von Steinsäulen getragen wurde. Auf jeder Seite gab es dunkle Trennschirme, Schiebewände auf winzigen Rädern. Die Höhle konnte wie ein Labyrinth nach jedem beliebigen Muster unterteilt werden. Flenser hatte mit allen möglichen Denkhaltungen experimentiert. In den Jahrhunderten vor ihm hatte es nur einige wenige wirksame Haltungen gegeben: die instinktiv zusammengesteckten Köpfe, der Wachring, verschiedene Arbeitshaltungen. Flenser hatte Dutzende weitere erprobt: Sterne, Doppelringe, Gitternetze. Die meisten waren nutzlos und verwirrend. Im Stern konnte ein einzelnes Glied alle anderen hören, und jedes von diesen konnte nur das eine hören. Folglich mussten alle Gedanken durch das eine Mittelglied hindurchfließen. Das Mittlere konnte nichts Vernünftiges beitragen, doch alle seine Fehleinschätzungen wurden unberichtigt an die Übrigen weitergegeben. Das Ergebnis war trunkene Narrheit… Natürlich war dieses Experiment der Außenwelt mitgeteilt worden.
    Doch mindestens eins von den anderen – noch geheim – funktionierte sonderbar gut: Flenser postierte acht Rudel ringsum auf dem Fußboden und auf provisorischen Podesten, trennte sie voneinander durch Schiebewände und brachte dann Glieder aus jedem Rudel in Kontakt mit den entsprechenden in drei anderen Rudeln. In gewissem Sinne schuf er ein Rudel von acht Rudeln. Stahl war mit diesen Experimenten noch befasst. Wenn die Verbindungsglieder hinreichend gut zueinander passten (und das war das Schwierige dabei), war das resultierende Geschöpf viel klüger als ein Wachring. In vielerlei Hinsicht war es nicht so intelligent wie ein einzelnes Rudel mit zusammengesteckten Köpfen, doch manchmal kam es zu frappierenden Einsichten. Ehe er in die Langseen-Republik abreiste, hatte der Meister den Plan entwickelt, den Hauptsaal der Burg so umzubauen, dass die Ratssitzungen in dieser Haltung durchgeführt werden konnten. Stahl hatte diese Idee nicht weiter verfolgt. Es war einfach ein bisschen zu riskant, Stahl hatte andere nie ganz so vollständig dominieren können, wie Flenser es vermochte…
    Egal. Es gab andere, wichtigere Projekte. Die Räume vor ihm waren das wahre Herz der Bewegung. Stahls Seele war in diesen

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