Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
froh, die Sache hinter sich gebracht zu haben.
»Sie haben doch gewiss nichts Bestimmtes von den Leuten hier gehört, und Sie haben auch nicht gefragt, was man hier von mir dachte. Sie haben einfach voreilige Schlüsse gezogen.«
Sie riss die Augen auf und schaute ihn an; ihr stockte der Atem. Er trat näher, und einen kurzen Augenblick war ihr ein Blick auf den Mann hinter der charmanten Maske vergönnt – auf einen Mann, dessen Ehre sie in Zweifel gezogen hatte, wenigstens seiner Ansicht nach. Sie sah ihm ins Gesicht, musterte sein kantiges Kinn, seine Lippen – besonders natürlich die wandelbaren, im Moment klaren haselnussbraunen Augen, die hart wie Achat waren. Und verstand mühelos.
Er war einer der wenigen Männer, denen sie je begegnet war, der ihr das Gefühl vermittelte, … zierlich zu sein. Und ein Teil von ihr wusste, dass er nicht versuchte, wenigstens nicht mit Absicht, sie durch seine körperliche Überlegenheit einzuschüchtern.
Mit einem Mal schien es ihr leicht, ihre Fehler einzugestehen, ja, sogar ratsam. Sie erwiderte seinen Blick und nickte.
»Ja.«
Er kniff verwundert die Augen zusammen. Seine Brauen hoben sich erneut. Und als er sie dieses Mal anschaute, entdeckte sie in seinem Gesicht Überraschung, die gleich darauf von einer weniger vertrauenswürdigen Belustigung überlagert wurde und seinen haselnussbraunen Augen einen weichen, warmen Ausdruck verlieh. Seine Lippen entspannten sich, aber es gelang ihm nicht zu lächeln.
»Einfach nur ein Ja, ohne irgendwelche Ausflüchte?«
Sie kniff die Augen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust. Dann blickte sie ihn vorwurfsvoll an, wobei sie versuchte, ihn nicht anzustarren.
»Sie sind wild entschlossen, alles so kompliziert wie möglich zu machen, ja?«
»Ich? Kompliziert? Alle Welt wird Ihnen versichern, dass ich der unkomplizierteste und umgänglichste Gentleman bin.«
Sie rümpfte die Nase.
»Was für Narren!«
»Es wäre jedenfalls unklug, was mich betrifft, ohne genauere Kenntnis weitere Schlüsse zu ziehen, meinen Sie nicht?«
Sie erwiderte seinen Blick, dann antwortete sie knapp:
»Das Offensichtliche zu übersehen wäre noch weniger klug.«
Belustigt zuckten seine Lippen. Bei jedem anderen wäre sie außer sich vor Zorn, bei ihm jedoch war sie fasziniert.
Dieser merkwürdige Gedanken holte sie jäh in die Wirklichkeit zurück.
Sie senkte die Arme. »Sie haben mir verziehen – das weiß ich.« Sie begann, sich abzuwenden. »Es besteht keine Notwendigkeit, das hier in die Länge zu ziehen …«
»Ich habe Ihnen nicht verziehen.« Jack machte einen Schritt auf sie zu und versperrte ihr den Weg. Hinter ihr war der Teich, sie saß in der Falle. Er betrachtete ihre Augen aus der Nähe; sie waren von einem so tiefen Dunkelbraun, dass man aus ihnen kaum etwas ablesen konnte. Sie hatte sie jedoch weit aufgerissen, und ihr Atem ging so schnell, dass er wusste, es war ihm gelungen, ihre Aufmerksamkeit zu fesseln.
Spöttisch verzog er die Lippen und zwinkerte ihr zu.
»Wollen Sie mir nicht Ihren Willen zum Frieden bekunden? Das könnte mich umstimmen.« Ohne dass er verhindern konnte, senkte sich sein Blick auf ihre Lippen. »Das könnte mich beschwichtigen.«
Und meine Dämonen.
Er musste sich bezwingen, ihr nicht näher zu kommen, sie nicht weiter zu bedrängen … dann würde er ihren Körper an seinem spüren, verlockend, verführerisch …
Sie leckte sich die Lippen. Er beobachtete, wie die Spitze ihrer Zunge über die volle Unterlippe fuhr; etwas in ihm ballte sich zusammen, spannte sich an.
»Was meinen Sie?«
Es gelang ihr, durchzuatmen, um gleichmäßig sprechen zu können und ihren Worten einen Hauch ihrer gewohnten Hochnäsigkeit zu verleihen, das reichte aus, um seine weniger zivilisierten Instinkte zu entflammen.
»Einen Kuss.«
Er hatte gar nicht darüber nachdenken müssen. Das war, was er von ihr wollte, jetzt, hier in dem von ihr wiedererrichteten Garten seiner Mutter.
Sie blinzelte verwundert, aber er spürte, dass sie nicht schockiert war, und der Idee nicht abgeneigt… er musste tief Luft
holen und sich zusammenreißen, um ihr genug Zeit zu lassen, zuzustimmen, bevor er sich nahm, was er wollte …
Ihre Augen kehrten zu seinen zurück. Sie betrachtete ihn, nicht misstrauisch, sondern eher abschätzend.
Er war nicht verwundert über ihre nicht gerade zimperliche Reaktion. Nach dem, was James ihm erzählt hatte, hatte er sich ausgerechnet, dass sie neunundzwanzig war. Sie war
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