Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
zweimal verlobt gewesen, hatte einmal von einem Gardeoffizier Abschied genommen, der in den Krieg zog, und einmal hatte sie kurz davor gestanden, durchzubrennen. Sie war von vielen Männern umworben worden. Er kannte die Männer und Frauen aus seinen Kreisen. Sie war nicht völlig unschuldig – das konnte sie nicht sein.
Und sie hatte sieben Jahre lang hier gelebt, auf dem Land vergraben, ganz allein. Es gab keinen Gentleman mit Stil und Klasse, mit dem sie sich auf eine Affäre eingelassen hätte. Sein Stil, seine Klasse, und er war jetzt zuhause. Um zu bleiben.
Fast war es, als könnte er sehen, wie diese Fakten ihr durch den Kopf schossen.
Er war nicht im Geringsten überrascht, als sie sagte:
»Im Gegenzug für einen Kuss – einen Kuss und sonst nichts – erklären Sie sich einverstanden, nie wieder zu erwähnen oder darauf anzuspielen, dass ich voreilig Schlüsse über Sie gezogen habe?«
Er hielt ihren Blick und nickte.
»Ja.«
Sie hob den Kopf, und ihre dunklen Augen blitzten.
»Nun gut – einen Kuss.«
Er lächelte, dann griff er nach ihr.
4
Ein Kuss. Clarice hatte nicht widerstehen können. Sie musste es wissen, sich vergewissern, dass er auch nur wie alle anderen war – ohne jegliche Bedeutung. Dass die Reaktion, die er bei ihr auslöste, eine nichtssagende Verirrung ihrer Sinne war, die sie ignorieren konnte. Und ein Kuss – nur einer – konnte keine große Gefahr darstellen. Sie war schon früher geküsst worden; ihrer Ansicht nach wurde diese körperliche Tätigkeit überschätzt.
Sobald seine Hand sie am Rücken berührte, sobald ihr Busen seine Brust streifte, erkannte sie ihren Irrtum.
Ihr stockte der Atem.
Eine große Hand lag in ihrem Nacken. Mit dem Daumen unter ihrem Kinn drückte er ihren Kopf nach hinten, während er seinen senkte. Einen Herzschlag lang verharrte er so, seine Lippen nur wenige Millimeter über ihren. Sie sah unter langen Wimpern hervor in seine haselnussbraunen Augen und erkannte, dass der Kuss alles andere als leicht zu vergessen sein würde.
Dann neigte er den Kopf noch ein Stück, bedeckte ihre Lippen mit seinen.
Beanspruchte sie für sich, ihre Sinne, ihren Verstand … nicht mit Gewalt, nicht mit Kraft, sondern mit verführerischer Sinnlichkeit. Seine Lippen bewegten sich auf ihren, zuversichtlich und zugleich betörend, suchend, forschend, und dann, als sei er zufrieden, dass er alles erkundet hatte, festigte sich der Druck seines Mundes.
Sie hielt die Lippen geschlossen, versuchte, sie nicht zu bewegen – erfolglos. Verblüfft merkte sie, dass sie wider Erwarten auf ihn reagierte. Sie hatte ihm ihre Lippen nicht öffnen wollen, aber dann glitt seine Zunge dazwischen und fand ihre. Lust erwachte in ihr.
Lockte, betörte sie.
Gab es eigentlich das männliche Gegenstück zu einer Sirene?
Wenn, dann kam er dafür jedenfalls infrage. Sie wusste, was er wollte, wusste, was er bezweckte, aber dennoch hörte sie nicht auf, folgte seiner erfahrenen kunstreichen Führung. Es war ein faszinierender Austausch, betörend und erregend – all das, was Küsse für sie bisher nie gewesen waren.
Es ist nur ein Kuss, wiederholte sie im Geiste, aber ihr Körper gehorchte dieser Ermahnung nicht, während er sie fester in seine Arme zog, sie mit seiner Kraft umgab, einer Kraft, die aus dieser Nähe Wärme und Sicherheit vermittelte.
Sie in Versuchung führte, sie in ihren Bann zog.
Damit hatte sie nicht gerechnet. Gewöhnlich konnte sie es nicht leiden, wenn man sie so festhielt. Dann fühlte sie sich in ihrer Freiheit beschnitten und eingeengt, fühlte sich kontrolliert. Doch als er sie an sich zog, an seinen harten Körper, verließ sie aller Widerspruchsgeist, und sie musste vielmehr den verräterischen Drang bekämpfen, alle Vernunft fahren zu lassen und gegen ihn zu sinken.
Und der Kuss dauerte an, wandelte sich stetig, war eine raffinierte und zugleich unverhohlene Erforschung, immer wieder durchsetzt mit aufflammendem Verlangen. Alles, war er tat, tat er sehr direkt und ohne jegliches Zögern. Er fragte nicht um Erlaubnis, als er den Kopf drehte und den Kuss vertiefte – sie mit sich in tiefere Gewässer zog.
Gewässer, in denen sie nie zuvor geschwommen war. Irgendwo in ihrem Verstand, in dem Bereich, der noch zuverlässig arbeitete, war sie schockiert über die Erkenntnis, dass sie
sauber pariert und ausmanövriert worden war. Nicht sachte, sondern mit Wucht wurde sie in eine hungrige Welt aus Gefühlen und
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