Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
vertrieben hatte. Zwar wusste er, dass seine instinktive
Reaktion auf ihr Treiben unlogisch und ungerecht war, denn schließlich hatte sie weder versucht, sich einzumischen, noch hatte sie absichtlich seine Position an sich gerissen.
Er fühlte sich immer noch … irgendwie beleidigt.
Das war unvernünftig und im Fall von Boudicca vermutlich auch idiotisch, aber er konnte das Gefühl nicht abschütteln.
Als er in die Dorfstraße einbog, sah er sie mit dem Wirt des Dorfgasthauses Jed Butler in die Schankstube gehen. Er konnte sich nicht beherrschen.
Er ließ Challenger bei Jeds Sohn im Hof hinter dem Gasthaus und betrat den Schankraum leise durch die Seitentür. Weder Clarice noch Jed hörten ihn. Sie standen vor der langen zerkratzten Theke, betrachteten sie und die Wand dahinter. Jack blieb in den Schatten hinter ihnen stehen und lauschte.
»Ich dachte, wenn wir die Wand da einreißen, könnten wir den hinteren Salon dazunehmen. Der wird ohnehin kaum genutzt, und Betsy sagt, wir könnten dort den Burschen Essen servieren. Sie gehen natürlich nicht mit ihren Stiefeln in den Speisesaal, das wollen wir nicht. Im Sommer sitzen sie gerne draußen, aber im Winter könnten wir es hier drinnen richtig gemütlich machen, und sie könnten in der Nähe der Theke auch etwas essen.«
Boudicca hatte die ganze Zeit langsam genickt.
»Ich halte das für eine ausgezeichnete Idee, aber…«
»Lady Clarice.« Jack hörte selbst seinen scharfen Tonfall und bemühte sich darum, eine freundlichere Miene aufzusetzen, als Clarice und Jed sich umdrehten. Er nickte dem Wirt zu. »Jed.«
Jed blinzelte verwirrt und verneigte sich.
»Mylord.«
Clarice musterte sein Gesicht. Sie öffnete den Mund.
Ehe sie etwas sagen konnte, ergriff Jack ihre Hand.
»Wenn Sie uns entschuldigen, Jed, ich muss dringend mit
Lady Clarice unter vier Augen sprechen.« Er sah sie an, als er mit ihr zur Tür ging. »Draußen.«
Er hätte sie mit sich nach draußen gezerrt, aber nach einem kurzen Blickwechsel ging sie mehr als bereitwillig mit ihm mit. Damit nahm sie ihm die Gelegenheit, seine Empörung abzureagieren. Ohne ihre Hand loszulassen, führte er sie durch die Seitentür über den grasbewachsenen Weg zur Rückseite des Hofes und ging mit ihr zu dem dahinter liegenden Obstgarten. Er hielt auf eine Lücke in der Gartenmauer zu, nahm zur Kenntnis, dass Boudiccas lange Beine mit ihm Schritt hielten, ohne dass sie sich beeilen musste.
Diese Beobachtung verstärkte seine üble Laune nur.
Drei Stufen führten in den Garten. Er ging weiter bis unter die Bäume. Ohne Warnung blieb Boudicca stehen, stemmte sich gegen seinen Griff und zerrte an ihrer Hand.
»Lord Warnefleet!«
»Jack!« Knapp und fast barsch warf er ihr den Namen über die Schulter zu und zog sie weiter. Sie schnappte nach Luft und war gezwungen, ihm zu folgen. Er wollte weit genug von dem Weg entfernt sein, damit kein zufällig Vorüberkommender ihr Gespräch hören konnte. »Wenn Sie schon vorhaben, meine Rolle zu übernehmen, dann können Sie wenigstens meinen Namen benutzen.«
»W-was?«
»Jetzt spielen Sie doch nicht die Unschuldige – das steht Ihnen nicht.«
Ein Moment verstrich, dann sagte sie:
»Verzeihung?«
Ihre Stimme war eiskalt geworden und hatte einen warnenden Unterton. Er achtete nicht darauf.
»Darum sollten Sie mich allerdings bitten.«
»Haben Sie den Verstand verloren?«
Sie waren jetzt in der Mitte des Obstgartens, umgeben von
Bäumen und Apfelblüten, keine Menschenseele war zu sehen. Jack blieb stehen und drehte sich zu ihr um.
»Noch nicht.«
Er hielt immer noch ihre Hand; sie standen sich gegenüber, nur ein Fußbreit voneinander entfernt.
Sie sah in seine Augen, und er hatte den Eindruck, als weiteten sie sich.
»Es mag Sie vielleicht interessieren zu erfahren, dass ich, während ich mich mit meinem Besitz wieder vertraut mache, wieder und wieder eine Antwort zu hören bekomme: ›Lady Clarice hat es vorgeschlagen. Lady Clarice hat dies vorgeschlagen, Lady Clarice hat jenes vorgeschlagen‹. Es scheint nur wenige Angelegenheiten zu geben, Madam, bei denen Sie nicht Ihre Hand im Spiel haben.«
Clarice holte tief Luft, richtete sich auf und versteifte sich. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in ihrer Magengrube breit. Sie wusste ziemlich sicher, was sie erwartete, und bemühte sich, eine ausdruckslose Miene beizubehalten, jegliche Reaktion auf seine beißenden Worte zu verbergen.
Sie erwiderte seinen empörten Blick weiter ungerührt.
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