Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
Pause, dann öffnete er die Augen. »Das ist alles, was Teddy gehört hat, weil Diakon Humphries, der die Anschuldigungen erhoben hat, in den Flur kam. Teddy hat ihn aber noch in sein Zimmer gehen sehen, vermutlich, um dem Bischof alle Informationen zu geben.«
James hatte sich bei der Nennung von Humphries’ Namen versteift. Clarice musterte seinen undurchdringlichen Gesichtsausdruck.
»Wer ist Humphries?«
James blinzelte und verzog das Gesicht.
»Er ist ein Gelehrter … nun, sagen wir lieber, ein Möchtegern-Gelehrter. Er hat sich ebenfalls auf Militärstrategie spezialisiert, aber ausschließlich auf Schlachtfeldzüge.«
»Also ist er gewissermaßen ein Konkurrent«, stellte Clarice fest.
James verzog erneut das Gesicht und sah zu Jack.
»Vor Jahren waren Humphries und ich beide die Hauptkandidaten für den Lehrauftrag, den ich noch habe.«
»Also«, erwiderte Jack, »nicht nur ein Konkurrent, sondern ein Rivale.«
James seufzte.
»Unglücklicherweise sieht es Humphries so.«
»Immer noch?«, fragte Clarice. »Dir wurde der Lehrauftrag doch ungefähr vor zwanzig Jahren übertragen.«
James nickte, seine Miene mehr besorgt als verärgert.
»Wenn ich in die Stadt fahre, um Nachforschungen anzustellen, wohne ich im Bischofspalast. Der Bischof war immer schon an meiner Arbeit interessiert, was heißt, dass Humphries natürlich auch davon hört. Er hat sich keine Mühe gegeben, zu verbergen, wie sehr ihn mein Erfolg ärgert. Wisst ihr, im Gegensatz zu mir, ohne Lehrauftrag und Pfarrstelle, muss er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten, sodass er wenig Zeit für seine Forschungen hat.«
»Also ist er gegen dich eingenommen«, sagte Clarice.
»Ich fürchte, ja.« James wirkte verstört.
Jack richtete sich auf.
»Nun gut, wenn es eine Untersuchung geben wird, dann müssen wir wissen, was an Humphries’ Vorwürfen dran ist.«
»Teddy hat vielleicht inzwischen mehr herausgefunden. Ich bin sicher, er hätte versucht …« Anthony fielen die Augen zu, seine Stimme war nur noch ganz schwach.
Clarice wechselte einen festen Blick mit Jack und James, dann tätschelte sie Anthony die Hand, die auf der Decke lag.
»Das glaube ich allerdings auch. Aber jetzt machen Sie sich erst mal keine Sorgen deswegen. Sie haben die Nachricht überbracht und können den Rest uns überlassen. Sie sollten sich jetzt ausruhen. Mrs. Connimore wird Ihnen bald etwas heiße Hühnerbouillon bringen.«
Sie schob ihren Stuhl zurück und stand auf, zwang James und Jack, ebenfalls aufzustehen, auch wenn die beiden wohl noch gerne geblieben wären.
Anthony hob seine Lider so weit, dass er sie ansehen konnte, er lächelte.
»Sie sind Clarice. Teddy hat gesagt, dass Sie hier sein würden. Sie werden sich vermutlich nicht mehr an mich erinnern. Ich war noch auf der Schule, als sie … gingen, aber Teddy hat mich gebeten, Sie zu grüßen.«
Clarice war überrascht – wenn James das schwarze Schaf der Familie war, dann war sie die absolute Außenseiterin –, aber sie lächelte und neigte gnädig den Kopf.
»Danke. Jetzt sollten Sie aber schlafen.«
Sie drehte sich um und verließ das Zimmer, vergewisserte sich mit einem Blick über die Schulter, dass James und Jack es ihr nachtaten. Dann ging sie zur Treppe.
Mit einem Nicken zu Anthony folgte Jack James aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er blieb kurz stehen und schlenderte langsam hinter James her, während er sich fragte, ob er die letzten Bemerkungen zwischen Clarice und Anthony richtig gedeutet hatte.
Teddy und Anthony brachten Clarice höchste Achtung entgegen, was sie nicht erwartet hatte. Jack konnte nicht umhin, sich zu wundern, wie tief der Bruch mit ihrer Familie war, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen ihnen war. Offenbar war es so weit gekommen, dass sie nicht damit rechnen konnte, von
anderen Familienmitgliedern in einem milderen Licht gesehen oder mit Zuneigung bedacht zu werden.
Er ging ein paar Schritte hinter James die Stufen hinunter. Clarice war bereits auf dem Weg in den Empfangssalon und wollte offensichtlich eine Besprechung abhalten, als es durchdringend an der Haustür läutete.
Sie blieb an der Tür zum Empfangssalon stehen. James ging die letzte Stufe hinab und blieb ebenfalls stehen, während Jack ihm folgte. Äußerlich wirkte er unbekümmert, aber innerlich regten sich seine Instinkte mit Macht, auch wenn er nicht erkennen konnte, warum.
Howlett erschien und ging gemessen zur Tür. Er öffnete sie, und über seine
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