Ein feuriger Verehrer
reingekommen, wenn er es nicht gewollt hätte«, murmelte sie. Der Mann war total paranoid gewesen, erkannte sie nicht erst, als sie über ihrem Kopf weitere Monitore entdeckte. Er hatte jeden Zentimeter des Ladens und der Werkstatt wie auch die Umgebung des Gebäudes vierundzwanzig Stunden täglich überwacht.
Nein, sie hatten ihn ganz sicher nicht aus seiner Höhle herausgeholt. Wenn er, wie Ratso behauptete, panisch gewesen war, hätte er garantiert noch größere Vorsicht walten lassen als zuvor. Trotzdem hatte es ihm nicht gereicht, sich zu verbarrikadieren und abzuwarten, bis die Gefahr vorüber war, sondern er hatte sich auf der Suche nach einem Unterschlupf an einen Freund gewandt.
Sie ging in den angrenzenden Wohnraum, in dem es außer einer Pritsche mit schmutzig gelbem Bettzeug, einem fast zur Gänze mit einem selbst gebauten Kommunikationszentrum bedeckten kleinen Tisch und einem Haufen ungewaschener Wäsche nichts zu sehen gab. Das winzige, anscheinend kaum benutzte Bad bot gerade mal genügend Raum für die Dusche und das Klo.
In der Küche allerdings waren sowohl der AutoChef als der Kühlschrank bis zum Rand gefüllt. Und der Stapel an ungeöffneten Konserven und an Trockennahrung, den sie an einer Wand entdeckte, war beinahe hüfthoch.
»Himmel, mit dieser Menge Vorräte hätte er hier drinnen sogar locker eine Belagerung durch Aliens überstanden. Weshalb also hat er das Haus verlassen, um woanders abzutauchen?«
Kopfschüttelnd schob sie die Daumen in die Hosentaschen und durchquerte langsam den Raum.
Keine Fenster, keine Türe nach draußen, fiel ihr schließlich auf. Er hatte wie in einem verdammten Schuhkarton gehaust. Sie spähte auf den Bildschirm, der der Pritsche gegenüber an der Wand hing, und sah den stockenden Verkehr draußen auf der Neunten. Nein, verbesserte sie sich, zwar hatte er keine Fenster, aber jede Menge Ausgucke gehabt.
Sie schloss die Augen und versuchte sich den Tüftler vorzustellen, wobei sie ihm das Aussehen gab, an das sie sich erinnerte – mager, grauhaarig, alt, vor allem jedoch gemein.
Er hat Angst, also ist er in Eile. Nimmt nur mit, was er braucht. Er war jahrelang beim Militär, weshalb er weiß, wie man effizient ein Lager abbricht. Ein paar Kleider, etwas Geld. Für einen Mann, der untertauchen wollte, hatte er nicht genügend Geld dabeigehabt, wurde ihr mit einem Mal bewusst. Nein, das Geld, das sie bei ihm gefunden hatten, hätte bei weitem nicht gereicht.
Gier, dachte sie. Auch das war eine Eigenschaft von diesem Mann gewesen. Er war gierig gewesen, hatte sein Geld gehortet und den Kunden regelmäßig zu viel berechnet, doch hatten diese sich seiner umfassenden Kenntnisse wegen nur selten darüber beschwert.
Bestimmt hatte er Bargeld, Kreditchips sowie Bankkarten eingesteckt.
Und wo war seine Tasche? Er hatte doch sicher eine Tasche mitgenommen, als er aufgebrochen war. Eventuell lag sie ebenfalls auf dem Grund des Flusses, überlegte sie und zog die Daumen wieder aus den Taschen ihrer Jeans. Oder sie war von dem Typen einkassiert worden, von dem er ermordet worden war.
»Er hat ganz sicher Geld gehabt«, fuhr sie laut mit Denken fort. »Denn es ist eindeutig, dass er weder für die Verschönerung seiner Wohnung noch für persönliche Hygiene oder Körperstyling allzu viel ausgegeben hat.«
Sie würde seine Finanzen überprüfen.
Er packt eine Tasche. Weil er untertauchen will , dachte sie noch einmal. Was also packt er ein?
Garantiert hatte er – um alle wichtigen Daten und Adressen griffbereit zu haben – ein Handy und einen kleinen Handcomputer eingesteckt. Außerdem noch ein paar Waffen.
Sie kehrte zurück nach vorne in den Laden, blickte unter den Tresen, fand einen leeren, abschließbaren Ständer, ging vor diesem in die Hocke und inspizierte ihn mit zusammengekniffenen Augen. War das eine Art von Waffenhalter? Hatte der alte Bastard womöglich eine verbotene Schusswaffe besessen? Vielleicht stand ja im Bericht der Spurensicherung, ob eine Waffe bei ihm gefunden worden war.
Sie nahm den Halter in die Hand, prüfte ihn genauer und atmete zischend aus. Sie hatte zwar keine Ahnung, wie eine Armeepistole aus der Zeit der Innerstädtischen Revolten aussah.
Sie steckte den Halter seufzend ein. Aber sie wusste, wo sie eine solche Waffe fand.
4
D a sie persönlich mit Feeney sprechen wollte, fuhr Eve zum Revier, schwang sich auf das Gleitband und sprang unterwegs kurz noch einmal ab, um aus einem der überall verteilten Verkaufsautomaten
Weitere Kostenlose Bücher