Ein feuriger Verehrer
brauchen, dass Sie ständig angelaufen kommen und irgendwelche blöden Witze reißen. Und ich kann es ganz bestimmt nicht brauchen, dass Sie mir Fragen nach meiner Beziehung zu Charles Monroe stellen, denn das ist meine Privatsache und geht Sie, verdammt noch mal, nicht das Geringste an.«
»Wissen Sie, was Sie brauchen, Peabody?«
Da sie ihre Stimme deutlich erhoben hatte, sprach er ebenfalls lauter als zuvor und reckte ihr dabei sein Gesicht so dicht entgegen, dass er um ein Haar mit ihr zusammenstieß.
»Was glauben Sie denn, was ich brauche?«
Er hatte es nicht vorgehabt. Oder möglicherweise doch. Auf alle Fälle packte er ihre beiden Arme, zog sie unsanft zu sich heran und presste seine offenen Lippen auf ihren vollen Mund.
Das Geräusch, das ihr entfuhr, erinnerte an einen Schwimmer, der versehentlich Wasser eingeatmet hatte. Da ihm trotz seines glühenden Zorns bewusst war, dass sie ihm, sobald sie sich von diesem Schock erholte, in den Hintern treten würde, nutzte er die Gunst der Stunde, zwängte sie zwischen dem Tisch und seinem Körper ein und sog mit dem Kuss so viel von ihr in sich auf, wie ihm nur möglich war.
Sie war vor Entsetzen gelähmt. Das war die einzig vernünftige Erklärung dafür, dass der Mann noch immer seinen Mund auf ihre Lippen drückte, statt dass er mit gebrochenen Gliedern blutend vor ihr auf dem Boden lag.
Sie musste einen Schlag bekommen haben oder … oh, mein Gott, wer hätte je gedacht, dass dieser aufdringliche Blödmann so gut küssen konnte?
Ihr Kopf war völlig blutleer, sie war erfüllt von einem heißen Schwindel und merkte, dass die Lähmung nachließ, als sie ihm die Arme um den Hals schlang und ihr Mund zum Gegenangriff überging.
Sie saugten, leckten, bissen. Irgendjemand stöhnte. Irgendjemand fluchte. Und dann starrten sie einander keuchend an.
»Was – was zum Teufel war denn das?«, fragte sie ihn quietschend.
»Ich habe keine Ahnung.« Er rang erstickt nach Luft und atmete hörbar auf. »Aber lass es uns noch einmal machen.«
»Gütiger Himmel, McNab!« Mit einem Mal kam Feeney durch die Tür, und die beiden sprangen wie aufgeschreckte Karnickel auseinander. »Was in aller Welt machen Sie da?«
»Nichts. Nichts.« Er atmete röchelnd ein, begann zu husten und blinzelte verwirrt. »Nichts«, sagte er noch einmal. »Überhaupt nichts. Captain.«
»Heilige Jungfrau Maria.« Feeney fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. »Wir werden einfach alle so tun, als hätte ich das nicht gesehen. Ich habe nicht das Mindeste gesehen. Ich bin erst jetzt reingekommen. Ist das klar?«
»Sir.« Peabody nahm eilig Haltung an und hoffte, dass die Röte, die sie in ihren Wangen spürte, zumindest noch vor Ende des Jahrzehnts abnahm.
»Sehr wohl, Sir.« McNab trat einen großen Schritt zur Seite.
Feeney ließ die Hände sinken und musterte die beiden. Er hatte bereits Paare festgenommen, die weniger schuldbewusst ausgesehen hatten, dachte er und schnaubte schließlich: »Wir haben das Ziel gefunden. Die Radio City Music Hall.«
10
S ie hatten Zeit. Sie hatten noch Zeit, war alles, was Eve zu denken wagte. Sie trug die volle Kampfmontur – eine schusssichere Weste, einen Helm sowie einen Gesichtsschutz –, doch wusste sie genau, dass das alles sinnlos wäre, wären sie nicht in der Zeit.
Also würde die Zeit reichen. Eine andere Möglichkeit gab es für sie, für die Leute von den Sprengstoffteams und für die Zivilpersonen, die sie fieberhaft evakuierten, nämlich nicht.
Der große Saal der Radio City Music Hall war bis auf den letzten Platz mit Touristen und Einheimischen – darunter etlichen Vorschulklassen mit Lehrern und Begleitern – gefüllt. Der Lärmpegel war hoch, und die Leute waren nicht nur unruhig, sondern regelrecht erbost.
»Die Plätze kosten zwischen hundert und zweihundertfünfzig Dollar.« Die einen Meter achtzig große Blondine, die sich als Managerin des Theaters zu erkennen gegeben hatte, galoppierte wie ein aufgebrachtes Streitross neben Eve durchs Haus. Ihre Stimme schwankte zwischen Trauer und Empörung, als sie zeterte: »Haben Sie eine Vorstellung davon, wie kompliziert es ist, eine Ersatzvorstellung oder aber die Rückzahlung der Eintrittsgelder zu organisieren? Sämtliche Vorstellungen dieser Show sind bereits restlos ausverkauft.«
»Hör zu, Schwester, wenn du uns nicht unsere Arbeit machen lässt, gibt es bald keinen Raum mehr, in dem ihr irgendwelche Vorstellungen geben könnt.« Sie schob die Frau mit dem Ellenbogen an
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