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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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gewesen, Straubinger vor dessen ehemaligen Kameraden zu erschießen, das leuchtete Hansen ein. Er hatte sich damit jedoch Respekt verschafft und einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Straubinger war ein lausiger Verräter. Mit solchen Schweinen machte man kurzen Prozess. Göring sah das anders. Er verbot Hansen weitere Alleingänge. Sollte noch ein Mann durch seine Hand sterben oder eine seiner Entscheidungen Tote zur Folge haben, würde der Reichsfeldmarschall ihn fallenlassen. Hitlers Sohn hin oder her.
    Hansen hatte während Görings Standpauke insgeheim schmunzeln müssen. Wenn der Fettsack wüsste, wie viele Menschen er auf die andere Seite geschickt hatte. Es war ihm vollkommen egal, was diese herausgeputzte Witzfigur ihm vorzuschreiben gedachte; Hansen schnitzte längst an gewinnbringenderen Konstellationen. Wenn ihn Himmler und Göring behandelten wie einen willfährigen Trottel, dann wandte er sich eben direkt an den ersten Mann im Staat. Immerhin war Hansen wahrscheinlich der einzige Mensch auf diesem Planeten, der dem Führer seinen verlorenen Sohn zurückbringen konnte. Wer wollte ihn da übertrumpfen? Hitler würde ihm aus Dankbarkeit das geben, was er verlangte. Vielleicht ließ sich bei dieser Gelegenheit, sozusagen als Gratis-Zulage, das Ansehen des fetten Feldmarschalls empfindlich beschädigen. Noch während Göring ihn ankläffte, erfreute sich Hansen an seinen Zukunftsvisionen. Dann war der Name Schulz-Kampfhenkel gefallen, und Hansen hatte wieder zugehört. Hinterher bereute er es beinahe, denn wieder drohte ihn eine gewaltige Welle aus Wut zu überrollen und ihm die Kontrolle zu entreißen. Göring zitierte aus einem Gutachten Schulz-Kampfhenkels über ihn; demnach war er nichts weiter als ein degenerierter,sadistischer Psychopath, der das Töten von Tieren als Sport betrieb. Vielleicht wäre ihm das Urteil noch egal gewesen, aber dass ausgerechnet dieser verweichlichte Hobby-Entdecker sich anmaßte, über ihn zu richten, verursachte ihm Übelkeit. Hasserfüllt zog er ab.
    Zurück im Büro, ließ er sofort Schulz-Kampfhenkels Aufenthaltsort ermitteln. Sein Gutachter war eigentlich in Schönwalde stationiert, kurierte aber zurzeit in der Charité eine Knieverletzung aus. Hansen rief dort an, erfuhr, dass der Patient in dieser Woche zu Untersuchungen anwesend war, und machte sich sofort auf den Weg. Draußen schlug ihm arktische Luft entgegen, doch auch sie konnte seinen Zorn nicht kühlen. An der Charité brauchte er eine Weile, um sich zu orientieren. Das Gelände war weitläufig und unübersichtlich, mit etlichen backsteinroten Gebäuden. Ein Pförtner kramte ihm Schulz-Kampfhenkels Station und Zimmernummer heraus. Orthopädie Männer, Zimmer 323. Auf dem Weg in die dritte Etage grübelte Hansen darüber nach, was er überhaupt von Schulz-Kampfhenkel wollte. Ihn zur Rede stellen? Ihn bestrafen? Ihn gar töten, so wie er es am Jary gerne getan hätte? Er wusste es nicht. Nur, dass er voller Hass war. Und dass dieser Hass rausmusste. Er hatte bestimmt ein Jahr nicht mit Schulz-Kampfhenkel gesprochen. An der Tür zur Station hielt er inne. Gab es zwischen ihnen überhaupt noch etwas zu sagen?
    Das würde sich zeigen. Er öffnete die Schwingtür, trat in einen langen, lichten Krankenhausflur. Hansen schritt die Zimmer ab, suchte die richtige Nummer, fand sie, atmete durch, ging, ohne anzuklopfen, hinein. Das Bett war aufgeschlagen, der Patient unterwegs. Enttäuscht machte Hansen kehrt und lief einer Krankenschwester in die Arme.
    »Wenn Sie Herrn Schulz-Kampfhenkel suchen, der raucht gerade auf dem Balkon.« Sie wies den Flur hinunter auf eine Flügeltür. Hansen marschierte dorthin, seine Stiefelabsätzeklackerten über das Linoleum. Vor der Tür verharrte er, sah durch die Scheiben seinen ehemaligen Expeditionsleiter an der steinernen Brüstung stehen, in der Linken einen Stock, über den Schultern locker einen Mantel hängend. Er war allein, kehrte Hansen den Rücken zu und stieß dicke Rauchwolken aus, von denen man nicht sagen konnte, ob es sein Atem oder Zigarettenqualm war. Vorsichtig öffnete Hansen einen Türflügel und trat von hinten geräuschlos an Schulz-Kampfhenkel heran. Ein kleiner Stoß, und die Welt wäre um einen großartigen Forscher ärmer, dachte Hansen.
    »Hallo, Otto«, sagte er.
    Schulz-Kampfhenkel drehte sich erschrocken um, verlor das Gleichgewicht und geriet in Schräglage. Hansen packte blitzartig seinen Arm und zog ihn zu sich heran. Es war reiner Reflex, keine

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