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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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ihn niemals finden. Hansen lachte. Seine langen Haare flatterten im Fahrtwind. Das hier war seine Welt. Hier hatte er sich behauptet. Er berührte den Jaguarzahn, der auf seiner Brust hin und her baumelte. Warum fürchtete er sich vor Gespenstern? Er stand unter dem Schutz des mächtigsten Geistes, der in diesem Wald herrschte. Hansen drehte sich um, blickte in missmutige Gesichter, die seine Euphorie sofort dämpften. Manuel bediente denAußenborder, José und Alfredo suchten den Fluss nach eventuellen Hindernissen ab. Nur Philipp kehrte Hansen den Rücken zu, schaute nicht den Fluss hinauf, sondern hinunter. Die Erkenntnis durchzuckte Hansen wie ein Stromschlag. Seine Begeisterung von eben wich kaltem Grausen. Sie wurden verfolgt. Nicht von Schatten, sondern von realen Menschen. Krauss war irgendwo da unten, und der Junge spürte das. Die Reise zu den Aparai war vergeblich. Selbst wenn Hansen in den innersten Kreis der Hölle flüchtete, Krauss würde ihm folgen. Und ihn finden.

36.
B RASILIEN
    24. August 1940
Rio Jary
    Wenn sie ruderten, fühlte sich Krauss am wohlsten. Ab und an stellte Winnetou den Motor ab, um Benzin zu sparen. Dann kämpften sie zu dritt mit den Paddeln gegen die Strömung an. Vorn im Boot saß Okube, ein Stammesbruder von Winnetou, dessen indianischer Name, wie Krauss herausbekommen hatte, Pituma lautete. Die peinliche Hommage an Karl May hatte er Schulz-Kampfhenkel zu verdanken. Natürlich war Pituma mit keinerlei Vorkenntnis belastet und derart stolz auf seinen »weißen« Namen, dass Krauss nicht umhinkonnte, ihn zu benutzen. Es verlieh der ohnehin exotischen Reise eine zusätzliche absurde Note. Das gelegentliche Rudern kostete sie zwar Kraft, aber es war eine monotone Bewegung, die Krauss’ Kopf reinigte und ihn zeitweise von der Last der Erinnerung befreite. Ab einem gewissen Punkt zählte allein der Rhythmus, in dem die Paddel ins Wasser tauchten und die Männer im Boot zu einem Organismus verschmolzen. Wenn Winnetou die Ruderpartie beendete, erwachte Krauss wie aus einem Tagtraum, legte sich das Paddel auf die Knie und ließ den Schweiß auf seiner Haut vom Wind trocknen, gleichermaßen ermattet wie enttäuscht, dass es vorbei war. Allein mit Muskelkraft hätten sie Wochen gebraucht, um den Fluss zu bezwingen. Selbst mit einem Außenborder war es schwer genug. Winnetou tätschelte den Motor gerne und nannte ihn Otto; Krauss vermutete, dass es sich um ein Geschenk Schulz-Kampfhenkels handelte, auf dessen indianischen Freund er so unverhofft gestoßen war. Oder besser gesagt, der auf ihn.
    Krauss hatte zu Beginn der Reise keinerlei Vorstellung gehabt, was ihn erwartete, hatte weder Schulz-Kampfhenkels Buch gelesen noch den Film gesehen. Er ahnte, dass es schwierig werden könnte. Aber es war weit mehr als das. Es war schmerzhaft schön, eine grandiose Zumutung, und es veränderte seinen Blick auf die Dinge. Krauss hatte nicht gewusst, dass eine derart ungestüme, ungebändigte Natur existierte, fühlte sich mit jedem Tag machtloser und damit der Gnade seiner beiden Begleiter ausgeliefert. Manchmal fiel es ihm schwer zu begreifen, dass er sich eingelassen hatte auf dieses Himmelfahrtskommando, nur weil ein Indio behauptete, Hansens Versteck zu kennen. Der Kerl konnte bezahlt sein, ihn vergiften und irgendwo in diesem ozeangleichen Amazonas auf den Grund versenken. Aber merkwürdigerweise war Krauss von der ersten Sekunde an überzeugt gewesen, dass Winnetou die Wahrheit sagte. Dieser halbnackte Eingeborene belog ihn nicht. Krauss bezweifelte sogar, dass der Indio das Prinzip der Lüge kannte. Stattdessen erzählte ihm Winnetou eine Geschichte, in der er jedes deutsche Wort anbrachte, dessen er mächtig war, darunter »Otto«, »Freund«, »lecker« und den kuriosen Satz »Gute Nacht, Papa, schlafe gut«. Es gab keinerlei Zweifel daran, dass der Aparai, wie er seinen Stamm nannte, Schulz-Kampfhenkels Expedition begleitet haben musste. Einen minimalen Restzweifel hatte Krauss höchstens an Pitumas Loyalität. Aber er meinte in den tiefschwarzen Augen des Indianers zu lesen, dass sie bezüglich Hansens Zukunft einer Meinung waren. Vielleicht wünschte er sich das aber auch nur.
    Unsicher, was die Reise ihm abverlangen würde, hatte Krauss im Krankenhaus von Belem nach Rat gesucht. Die meisten Ärzte beherrschten nur Portugiesisch, einer sprach auch leidlich Englisch. Er warnte Krauss vor den Krankheiten, die im Busch lauerten. Erzählte ihm von winzigen Moskitos,die ihn bei lebendigem

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