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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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durchkämmte, darauf hoffend, der Zufall möge ihm den weißen Indianer vor die Füße spülen. Zwar kam ihm der Zufall zu Hilfe, aber auf ganz andere, unerwartete Weise.
    Nach einem weiteren Tag ergebnisloser Suche betrank sich Krauss in einem Lokal, das nur aus windschiefen Brettern bestand. Es lag direkt am Fluss, der hier so breit und unüberschaubar war wie ein Ozean. Krauss starrte mit dem Glas in der Hand auf den Strom, der irgendwann in den Amazonas und damit in den Dschungel führte. Es fiel ihm schwer, sich die Dimensionen dieses Urwaldes vorzustellen. Größer als Europa sollte er sein, unzugänglich und mörderisch, bevölkert von Raubtieren und Indios, die einen seit Jahrhunderten unveränderten Lebensstil pflegten. Dort draußen hatte Hansen eineinhalb Jahre seines Lebens verbracht. Krauss war es trotz der räumlichen Nähe nicht möglich, sich das vorzustellen.Genauso wenig wie das, was im Dschungel mit Hansen geschehen war. Oder eine Antwort auf die Frage zu geben, ob es überall hätte geschehen können.
    »Du suchen Hansen?«, sagte eine Stimme auf Deutsch neben ihm. Krauss drehte sich um. Er schaute in das prägnante Gesicht eines Indianers. Der Eingeborene hatte schulterlange schwarze Haare, die von einem Stirnband zusammengehalten wurden, er trug nur einen Lendenschurz und hielt einen riesigen Bogen in der rechten Hand. Damit wirkte er selbst in Belem seltsam deplatziert. Krauss hatte keine Ahnung, wie er ihn ansprechen sollte. Er probierte es ebenfalls auf Deutsch.
    »Du kennst Hansen?«, fragte er skeptisch.
    »Ja. Ich wissen wo«, sagte der Indio und zeigte auf den Fluss. Krauss runzelte die Stirn. Wollte ihm der kleine Kerl sagen, dass er Hansens Aufenthaltsort kannte? Krauss’ Puls beschleunigte sich.
    »Du weißt, wo Hansen ist?«, fragte er.
    Der Indianer nickte. Sein Finger deutete den Fluss hinauf.
    »Aparai«, sagte er.
    Krauss begriff nicht. Er zuckte mit den Achseln, verzog das Gesicht.
    »Ich dich bringen«, sagte der Indio.
    Das war eindeutig. Krauss lächelte. Konnte er diesem Wilden trauen? Oder war das wieder eine von Hansens perfiden Fallen? Doch wenn der Indianer ihn hätte töten wollen, hätte er das längst getan, ihm aus der Distanz einen seiner vergifteten Pfeile in den Körper gejagt.
    »Warum?«, fragte Krauss. Der Indianer setzte den Zeigefinger der linken Hand auf seine eigene Brust und spreizte den Daumen ab.
    »Hansen töten Indianer«, sagte er. »Wayapi. Böser Geist.«
    Das verstand Krauss, und er erkannte die Wahrheit, wenn er sie hörte. In ihm reifte allmählich die Gewissheit, dass erden Menschen gefunden hatte, der ihn an sein Ziel bringen würde.
    »Dein Name?«, fragte er seinen neuen Freund.
    Der Indianer legte die Linke stolz auf sein Herz und straffte sich.
    »Winnetou«, sagte er.

35.
B RASILIEN
    18. August 1940
Rio Jary
    Der Affe sprang mit zwei Sätzen außer Sichtweite. Vom Echo des Schusses aufgeschreckt, flog ein Schwarm Papageien krächzend über Hansens Kopf hinweg. Er senkte das Gewehr. Seit er wusste, dass seine Kugel Krauss nicht getötet, sondern verfehlt hatte, lastete ein Fluch auf ihm. Er hatte sein Selbstvertrauen verloren. Früher saß jeder Schuss, ahnte er jede Bewegung seines Opfers voraus. Heute drückte er überhastet ab, fand nicht zur Ruhe, konnte keine Verbindung mehr herstellen zu seiner Umgebung. Auf einen Treffer kamen mindestens drei Fehlversuche. Das nagte an ihm. Aber nicht nur das. Obwohl er sich in seinem angestammten Territorium bewegte, fühlte sich nichts vertraut an. Hansen wurde das Gefühl nicht los, dass sich der Dschungel ihm verweigerte. Er wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Eine Woche waren sie jetzt unterwegs und hatten kaum die Hälfte der Strecke geschafft. Der Junge hielt sie auf. Er fieberte, geschwächt von unzähligen Mückenstichen. Heute hatten sie deshalb einen Tag Pause eingelegt. Philipp schlief in einem notdürftig errichteten Unterstand, vollgepumpt mit Atrepin; Hansen war losgezogen, den Fleischvorrat aufzufüllen, bisher vergeblich. Hoffentlich lief ihm noch irgendein Vieh vor die Flinte, so nah, dass er nicht vorbeischießen konnte.
    Vielleicht war das alles eine Schnapsidee gewesen, die Reise ins Dorf der Aparai, mit einem siebenjährigen Kind im Schlepptau. Aber Hansen hatte sich unsicher gefühlt in Belem. Auf Falk und dessen unterbelichtete Schergen war kein Verlass.Je intensiver Hansen darüber grübelte, desto mehr sagte ihm seine Intuition, dass Krauss sich niemals aufhalten

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