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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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war oder wenigstens ahnte, was geschehen war.
    »In der letzten Schlacht mit Zenghi und den Männern aus Mosul. Nach dem Kampf hatte er syrische Ärzte.«
    Das mochte der Grund dafür sein, daß er eine so schreckliche Verstümmelung überlebt hatte, dachte Cadfael. Er selbst hatte von sarazenischen und syrischen Ärzten viel gelernt. Er fragte vorsichtig: »Habt Ihr seine Wunden nicht gesehen? Kennt Ihr nicht ihr Ausmaß?«
    Überraschenderweise verschlug es dem erfahrenen Kreuzfahrer einen Augenblick die Sprache, und unter der goldenen Bräune bildete sich ein roter Schimmer. Doch er schlug nicht die Augen nieder, sondern erwiderte Cadfaels Blick. »Seinen Körper habe ich nie gesehen, jedenfalls nicht mehr als nötig ist, um ihm in den Panzer zu helfen. Doch verstand ich und kann nicht tun, als wüßte ich es nicht. Es kann nicht anders sein, denn warum sonst sollte er das Mädchen aufgeben, mit dem er verlobt war? Warum sollte er das tun? Ein Mann, der immer zu seinem Wort stand! Er hatte ihr nichts mehr zu geben außer seiner Stellung und ein paar Ländereien.
    Da gab er ihr lieber die Freiheit und überließ sich selbst der Hand Gottes.«
    »Es gab ein Mädchen?« fragte Cadfael.
    »Es gibt ein Mädchen. Und ich bin unterwegs zu ihr«, erwiderte Nicholas, so trotzig, als habe jemand sein Recht in Frage gestellt. »Ich überbrachte ihr und ihrem Vater die Nachricht, daß er ins Kloster von Hyde Mead eingetreten sei.
    Nun gehe ich nach Lai und bitte selbst um ihre Hand, und er gab mir seine Einwilligung und seinen Segen. Sie war noch ein kleines Kind, als sie ihm versprochen wurde, und seitdem hat er sie nicht mehr gesehen. Sie hat keinen Grund, meine Werbung zu verschmähen, und ihre Familie hat keinen Grund, mich abzuweisen.«
    »Ganz bestimmt nicht!« stimmte Cadfael von Herzen zu.
    »Wenn ich in so einem Falle eine Tochter hätte, dann wäre ich froh, wenn ein Knappe in die Fußstapfen seines Ritters träte.
    Und wenn Ihr dem Mädchen über seinen Zustand berichten müßt, dann könnt Ihr aufrichtig sagen, daß er bekommen hat, was er wünschte und seinen Seelenfrieden genießt. Und was seinen Körper angeht, so wird dieser so gut versorgt, wie es möglich ist. Es soll ihm an nichts mangeln, und er soll an Hilfe und Trost bekommen, was wir ihm zu geben vermögen.«
    »Aber das beantwortet noch nicht das, was ich wissen wollte«, bohrte der junge Mann. »Ich habe versprochen, noch einmal zu kommen und ihm zu berichten, wie es mir ergangen ist. In drei oder vier Tagen vielleicht, länger wird es kaum dauern. Aber werde ich ihn dann noch vorfinden?«
    »Mein Sohn«, erwiderte Cadfael geduldig, »wer von uns könnte diese Frage für sich selbst oder einen anderen Mann beantworten? Ihr wollt die Wahrheit wissen, und Ihr verdient sie zu hören. Ja, Bruder Humilis liegt im Sterben. Er bekam seine tödliche Verletzung schon vor langer Zeit in jener letzten Schlacht. Was immer für ihn getan wurde und was jetzt noch getan werden kann, zögert das Ende nur hinaus. Doch ist der Tod mit ihm nicht in solcher Eile, wie Ihr befürchtet, und er hat keine Angst vor dem Tod. Geht nur und sucht Euer Mädchen auf, kommt zurück und bringt ihm die gute Neuigkeit, und er wird noch hier sein und sie mit Freuden vernehmen.«
    »Und das wird er«, sagte Cadfael zu Edmund, als sie am Abend zusammen vor der Komplet im Garten frische Luft schnappten, »wenn dieser junge Bursche mit seiner Werbung nicht zu lange zögert; und ich denke, daß er einer ist, der geradewegs aufs Ziel losgeht. Aber wie lange wir noch Bruder Humilis unter uns behalten werden, wage ich nicht zu raten. Wir können verhindern, daß er noch einmal so zusammenbricht, aber am Ende wird er doch an der alten Wunde sterben. Das weiß er selbst am besten.«
    »Es ist ein Wunder, daß er sie überhaupt überlebte«, stimmte Edmund zu. »Ganz zu schweigen von der Heimreise. Und seitdem hat er drei weitere Jahre überlebt.«
    Sie waren allein am Ufer des Meole-Baches, denn sonst hätten sie nicht offen über die Angelegenheit sprechen können.
    Nicholas Harnage war um diese Stunde sicher schon zum Nordosten des Landes unterwegs, wenn er nicht sogar schon sein Ziel erreicht hatte. Das Wetter versprach einen angenehmen Ritt, und er würde vor Einbrach der Dunkelheit in Lai einen Unterschlupf finden. Und ein gut gebauter und gut gestellter junger Mann wie Harnage, der es bei der Armee durch eigene Anstrengungen zu etwas gebracht hatte, war kein Werber, den man höhnisch

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