Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
zu vergewissern, daß es ihr gut geht, wenn dies erlaubt werden kann. Ich fragte in Wherwell nach ihr, doch konnte ich dort nichts erfahren - ich kenne nur den Namen, den sie in der Welt dort draußen trug.«
    Die Priorin bot ihm mit einer Handbewegung einen Stuhl an und setzte sich ihm gegenüber, so daß sie sein Gesicht beobachten konnte.
    »Darf ich Euren Namen erfahren, Herr?«
    »Mein Name ist Nicholas Harnage. Ich war Knappe bei Godfrid Marescot, bis dieser in Hyde Mead die Kutte nahm. Er war früher einmal mit dieser Dame verlobt, und nun will er wissen, ob sie wohlbehalten untergekommen ist.«
    Sie nickte angesichts dieses verständlichen Wunsches, zog aber trotzdem nachdenklich und etwas verwirrt die Augenbrauen zusammen. »Diesen Namen kenne ich; Hyde war stolz, ihn gewonnen zu haben. Aber ich habe nichts gehört von… wie war der Name der Schwester, die Ihr sucht?«
    »In der Welt hieß sie Julian Cruce, die Tochter einer angesehenen Familie aus Shropshire. Die Schwester, mit der ich in Wherwell sprach, hatte ihren weltlichen Namen nie gehört, doch kann Julian einen anderen Namen angenommen haben, als sie ins Kloster eintrat. Ihr aber werdet gewiß beide Namen kennen.«
    »Julian Cruce?« wiederholte sie. Sie richtete sich auf und kniff nachdenklich die scharfen Augen zusammen. »Junger Herr, irrt Ihr Euch da auch nicht? Seid Ihr sicher, daß sie nach Wherwell kam und nicht in ein anderes Haus?«
    »Nein, ich bin sicher. Es war Wherwell«, erwiderte er ernst.
    »Ich erfuhr es von ihrem eigenen Bruder, der sich wohl kaum geirrt hat.«
    Einen Moment lang herrschte ein gespanntes Schweigen. Sie dachte nach und schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Wann trat sie in den Orden ein? Es kann noch nicht lange her sein!«
    »Vor drei Jahren, gnädige Frau. Das Datum weiß ich nicht, aber es war wohl etwa einen Monat, nachdem mein Herr die Kutte genommen hatte, und das war Mitte Juli.« Er ängstigte sich ob der seltsamen Aufnahme seiner Worte. Sie schüttelte zweifelnd den Kopf und betrachtete ihn mit einer Mischung aus Mitgefühl und Verwirrung. »Vielleicht geschah dies, bevor Euch Euer Amt übertragen wurde…«
    »Mein Sohn«, sagte sie trocken, »ich bin jetzt seit mehr als sieben Jahren Priorin, und ich kenne die Namen aller unserer Schwestern, die weltlichen wie die Ordensnamen, und es gab keinen Eintritt, bei dem ich nicht Zeugin war. Aber ich muß Euch leider sagen, da besteht für mich nicht der geringste Zweifel, daß keine Julian Cruce um Aufnahme in Wherwell bat.
    Ich habe diesen Namen nie gehört und kenne keine Frau, die ihn getragen hat.«
    Er konnte es nicht glauben. Er starrte sie an und strich sich benommen über die Stirn. »Aber… das ist unmöglich! Sie brach mit einer Eskorte auf und nahm eine Mitgift für ihren Eintritt mit.
    Sie erklärte ihre Absicht, nach Wherwell zu gehen, das ganze Haus wußte es, der Vater wußte es und gab seine Erlaubnis.
    Es ist, ich kann es beschwören, gnädige Frau, kein Irrtum möglich. Sie ritt nach Wherwell.«
    »Dann fürchte ich«, erwiderte die Priorin ernst, »daß Ihr woanders Fragen zu stellen habt, und zwar sehr ernste Fragen.
    Denn glaubt mir, so sicher wie Ihr seid, daß sie zu uns gereist ist, so sicher bin ich, daß sie nie angekommen ist.«
    »Aber was hätte sie aufhalten können?« fragte er drängend.
    Er wand sich unter den schrecklichen Vorstellungen. »Zwischen ihrem Heim und Wherwell…«
    »Zwischen ihrem Heim und Wherwell liegen viele Meilen«, erwiderte die Priorin. »Und in dieser Welt können viele Dinge die Verwirklichung der Pläne von Männern und Frauen verhindern. Die Unruhen des Krieges, Unglücksfälle auf der Reise, die Bosheit anderer Menschen.«
    »Aber sie hatte eine Eskorte, die ihren Weg sichern sollte!«
    »Dann müßt Ihr Euch bei jenen Männern erkundigen«, erwiderte sie sanft, »denn offensichtlich haben sie versagt.«
    Es war sinnlos, sie weiter zu drängen. Er saß wie betäubt und völlig benommen am Tisch. Sie wußte, was sie sagte, und wenigstens hatte sie ihm die einzige Spur gewiesen, die noch existierte. Was nützte es, weiter in dieser Gegend zu suchen, solange er nicht die angebotene Spur verfolgt hatte. Er mußte Julians Ritt von Lai nachvollziehen, vom Ausgangspunkt aus.
    Vier Bewaffnete, hatte Reginald gesagt, hatten sie begleitet, unter ihnen ein Jäger, der sie seit ihrer Kindheit sehr geliebt hatte. Sie mußten noch in Reginalds Diensten stehen und konnten dort befragt werden. Sie mußten sich

Weitere Kostenlose Bücher