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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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habt, nachdem Euer Auftrag erledigt war? Was habt Ihr denn in Winchester gesehen?«
    Adams Atem ging jetzt sichtlich ruhiger. Diese Frage war für ihn kein Problem. Er gab einen ausführlichen, sehr detaillierten Bericht von seinem Besuch in Bischof Henrys Stadt, vom Nordtor, durch das er eingeritten war, bis zu den Wiesen von St. Cross, von der Kathedrale und der Burg Wolvesey bis zu den Feldern von Hyde Mead im Nordwesten. Er konnte genau die Ladenfronten in der steilen High Street beschreiben, den goldenen Schrein von St. Swithun und das prächtige Kreuz, das Bischof Henry seinem Vorgänger Bischof Walkelin geschenkt hatte. Zweifellos hatte er tatsächlich alles selbst gesehen.
    Humilis wechselte einen Blick mit Hugh und gab ihm zu verstehen, daß der Mann die Wahrheit sprach. Weder Hugh noch Cadfael, der sich etwas abseits hielt und alles anhörte, waren je in Winchester gewesen.
    »Das ist also alles, was Ihr über Julian Cruces Schicksal wißt«, sagte Hugh schließlich.
    »Ich habe nie mehr von ihr gehört, Herr, seit wir uns an jenem Tag trennten«, erwiderte Adam, der allem Anschein nach die Wahrheit sprach. »Aber vielleicht könnt Ihr mir jetzt etwas sagen; Ihr wißt ja, daß ich schon mehrmals nach ihr gefragt habe.« Doch er bat nicht mehr, und selbst diese Erinnerung hatte die frühere Dringlichkeit verloren.
    »Ich kann und will Euch etwas sagen«, entgegnete Hugh abrupt und barsch. »Julian Cruce kam nie in Wherwell an. Die Priorin von Wherwell hat nie von ihr gehört. Sie ist seit jenem Tag verschwunden, und Ihr seid der letzte, der sie gesehen hat.
    Wie könnt Ihr das erklären?«
    Adam stand sprachlos da und starrte einen langen Augenblick ins Leere. »Ist das wahr?« sagte er langsam.
    »Es ist wahr, aber es wäre eigentlich nicht nötig gewesen, es Euch zu sagen, denn Ihr habt es gewußt. Denn Ihr seid der einzige, der wissen muß, wohin sie ging, da sie Wherwell nie erreichte. Wohin sie ging und was ihr zustieß und ob sie auf der Erde oder schon lange darunter ist.«
    »Ich schwöre bei Gott«, sagte Adam langsam, »daß meine Herrin, als ich sie auf ihren Wunsch verließ, gesund und munter war, und ich bete, daß sie das heute noch ist, wo auch immer sie sich befindet.«
    »Ihr wußtet doch, welche Wertsachen sie bei sich hatte, oder? Waren sie wertvoll genug, um Euch in Versuchung zu bringen? Habt Ihr, das frage ich Euch jetzt in aller Form, habt Ihr Eure Herrin ausgeraubt und Ihr Gewalt angetan, als sie mit Euch allein war und kein Zeuge in der Nähe?«
    Fidelis ließ Humilis sanft in die Kissen zurücksinken und baute sich groß und aufrecht neben ihm auf. Adam bemerkte die Bewegung und betrachtete ihn einen Augenblick. Dann sagte er laut und deutlich: »Ganz und gar nicht. Ich wäre damals für sie gestorben, und das würde ich auch heute noch tun, wenn ihr das auch nur einen Augenblick des Kummers ersparen könnte.«
    »Nun gut!« sagte Hugh knapp. »Das ist Eure Aussage. Aber trotzdem muß ich Euch festhalten, bis ich mehr weiß. Und ich werde mehr erfahren, Adam, daran besteht kein Zweifel.« Er ging zur Tür, wo die beiden Offiziere auf Befehle warteten, und rief sie herein. »Setzt diesen Mann auf der Burg hinter Schloß und Riegel.«
    Adam ging ohne ein Wort der Überraschung oder des Protestes mit ihnen hinaus. Er hatte nichts anderes erwartet, denn der Lauf der Dinge hatte ihn erfaßt, und nun mußte sich hinter ihm eine Tür schließen. Anscheinend war er nicht besonders beunruhigt oder besorgt, doch er war ein kräftiger, erfahrener Mann, der seine Gedanken nicht immer zeigte. Er warf von der Türschwelle noch einen Blick zurück, der alle im Zimmer umfaßte, doch er sagte nichts und gab nicht zu erkennen, was in ihm vorging. Hugh bemerkte überhaupt nichts, und Cadfael sah nur eine Winzigkeit. Ein bloßer Funke war es, zu klein, um Licht zu spenden.

9. Kapitel
    Bruder Humilis sah den Wächtern, die mit ihrem Gefangenen fortgingen, lange nach. Als sie verschwunden waren, ließ er sich mit einem tiefen Seufzen aufs Bett zurücksinken und starrte die niedrige Steindecke an.
    »Wir haben Euch ermüdet«, sagte Hugh. »Wir wollen Euch jetzt ruhen lassen.«
    »Nein, wartet!« Auf seiner hohen Stirn breitete sich Schweiß aus wie feiner Tau. Fidelis beugte sich vor und wischte ihn ab.
    Einen Augenblick erhellte ein gedankenverlorenes Lächeln sein Gesicht, dann wurde es wieder dunkel.
    »Mein Sohn, geh nun hinaus in die Sonne und an die Luft. Du verbringst viel zuviel Zeit mit meiner

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