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Ein Ganz Besonderer Fall

Ein Ganz Besonderer Fall

Titel: Ein Ganz Besonderer Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Pflege, und du siehst, daß ich jetzt nichts weiter brauche. Es ist nicht recht, daß du mich zu deiner einzigen Aufgabe gemacht hast. Ich werde bald schlafen.« Die Heiterkeit seiner Worte ließ nicht erkennen, ob er von einem erfrischenden Schlummer an einem heißen Nachmittag sprach, oder ob er den letzten Schlaf des Körpers beim Erwachen der Seele meinte. Er berührte einen Moment die Hand des jungen Mannes. Es war eine sehr zarte Bewegung und viel zu kurz, um als Zärtlichkeit verstanden zu werden. »Ja, geh nur, ich wünsche es. Beende meine Arbeit für mich. Du führst die Feder sicherer als ich, und die Details sind jetzt zu fein für mich.«
    Fidelis betrachtete ihn mit gefaßtem Gesicht, blickte zu den beiden auf, die zusahen, und schlug gehorsam die klaren grauen Augen nieder, die einen so starken Kontrast zum gelockten bronzenen Ring seiner Tonsur bildeten. Schließlich leistete er dem Wunsch Folge und ging; vielleicht sogar froh, auf jeden Fall aber mit großen, schnellen Schritten.
    »Nicholas hat mir gar nicht gesagt, was für Wertsachen meine Verlobte mitnahm«, erklärte Humilis, nachdem die leichten Schritte verklungen waren. »Waren sie so auffällig, daß man sie wiedererkennen kann, falls sie einmal auftauchen?«
    »Ich glaube, sie sind einzigartig«, sagte Hugh. »Die Gold-und Silberschmiede arbeiten meist nach eigenen Entwürfen, und selbst wenn sie ein Paar herstellen, gelingt es ihnen nur selten, die beiden Teile genau gleich zu modellieren. Die Stücke waren einzigartig. Wer die Beschreibung kennt, vergißt sie nicht.«
    »Darf ich erfahren, was es war? Sie hatte Geld dabei, wie ich hörte - das soll der behalten, der es nahm. Aber die anderen Sachen?«
    Hugh, dessen Gedächtnis für Worte so genau war wie ein Spiegel, gab ihm bereitwillig die Beschreibung: »Ein Paar Kerzenhalter aus Silber, geformt wie hohe Wandleuchter und von Ranken umgeben, Kerzenscheren mit Silberketten daran befestigt, ebenfalls mit Weinblättern geschmückt. Ein freistehendes, handhohes Kreuz mit einem dreistufigen Podest, mit gelben Halbedelsteinen, mit Amethyst und Achat besetzt, ein zweites Kreuz aus dem gleichen Metall und mit den gleichen Steinen in der Größe eines kleinen Fingers, an einer dünnen Silberkette, so daß es von einem Priester am Hals getragen werden kann. Weiter einige Schmuckstücke, nämlich ein Halsband mit polierten Steinen aus der Gegend von Pontesbury, ein Silberarmband, mit eingravierten Wickenblättern geschmückt, und ein auffälliger Silberring mit umlaufenden Emailleverzierungen in der Form von gelben und blauen Blumen. Das ist die Beute. Sie ist sicher nicht mehr in dieser Grafschaft. Wenn sie je gefunden wird, dann wird sie irgendwo im Süden auftauchen, wo Mädchen und Wertsachen verschwanden.«
    Humilis lag still und mit geschlossenen Augen. Seine Lippen wiederholten geräuschlos die Aufstellung der Wertgegenstände. »Ein kleines Vermögen«, flüsterte er.
    »Aber groß genug für eine arme, verzweifelte Seele. Glaubt Ihr wirklich, daß sie für diese wenigen Dinge gestorben sein kann?«
    »Männer und auch Frauen«, erwiderte Hugh sachlich, »sind schon für viel weniger gestorben.«
    »Ja das ist wahr! Ein kleines Kreuz«, sagte Humilis, der noch einmal die gut erinnerte Beschreibung wiederholte, »so lang wie ein kleiner Finger, geschmückt mit gelben Steinen, mit grünem Achat und Amethyst… das Gegenstück zu einem Altarkreuz der gleichen Art, mit einer Kette, damit man es tragen kann. Ja, das kann man wiedererkennen.«
    Der leichte Tau der Schwäche blühte abermals auf seiner Stirn, und ein großer Tropfen rann zwischen die Falten eines geschlossenen Augenlids. Cadfael wischte die brennende Feuchtigkeit fort und bedeutete Hugh mit einem Stirnrunzeln, vor ihm hinauszugehen.
    »Ich will schlafen…« sagte Humilis. Er lächelte leicht und schwach.
    Im großen Zimmer hinter dem Steingang, wo zu beiden Seiten eines offenen Flurs ein Dutzend Betten in zwei Reihen aufgestellt waren, hoben Bruder Edmund und ein zweiter Bruder, dessen kräftige, aufrechte Gestalt von hinten nicht verriet, welches Gesicht zu ihm gehörte, eine Liege mit dem Laienbruder darin hoch, um sie ein Stück weiter an der Wand wieder abzusetzen, damit sie Platz für ein neues Lager und einen neuen Patienten hatten. Der Helfer setzte gerade sein Ende des Bettes ab, als Cadfael und Hugh an der offenen Tür vorbeigingen. Er richtete sich auf und drehte sich um, rieb sich die Hände, um die Spuren des

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