Ein ganz schoen starker Plan
eigentlich herüberkommen und mit Ihnen reden wollte, aber jetzt wird er es heute wohl nicht mehr schaffen.«
»Das macht doch nichts. Es eilt ja nicht. Aber wie geht es ihm?«
Ich versuchte, schwer zu schlucken, ehe ich weiterredete.
»Ida zieht ihm gerade einen von Mamas Röcken an, eine Hose geht ja nicht, wie er so daliegt. Weil er gefallen ist, muss ich Essen kochen. Und ich habe gerade gesehen, dass wir kein Ketchup mehr haben, und wenn er das entdeckt, will er bestimmt unbedingt einkaufen gehen. Und ich glaube, das wäre heute nicht so günstig, verstehen Sie? Der Rock steht ihm doch überhaupt nicht.«
Cecilie sah mich an. Ich überlegte einen Moment, ob ich anfangen müsste zu weinen, um sie zu überzeugen. Mein Dackelblick gelang mir vielleicht doch nicht so gut wie ichgehofft hatte. Aber dann nickte sie mir zu und lächelte beruhigend.
»Klar kannst du Ketchup leihen«, sagte sie und ging zur Küche.
»Sie sind wirklich total in Ordnung«, rief ich hinter ihr her. »Superfrau … und so.«
Ich hatte es jetzt begriffen. Wenn Ida und ich bis zu Papas Heimkehr überleben wollten, würde kein Weg an riesigen fetten, wilden Lügen vorbeiführen. Es war so, als würde ich ohne Sicherheitsnetz über ein wahnsinnig schlaffes Seil balancieren. Obwohl ich lange Übung mit kleinen Lügen hatte, hatte ich plötzlich das Gefühl, dass die Qualität der Lügen lebensentscheidend wäre. Nur ein skeptischer Kommentar und ich würde auf der Nase landen.
»Tausend Dank, Cecilie«, sagte ich, als sie mir die Ketchupflasche reichte. »Ich bring sie bald zurück.«
Es war viel schwerer, Hamburger zu machen, als es bei McDonald’s aussah. Zum einen mussten die Burger im genau richtigen Moment umgedreht werden, während ich zugleich versuchte, den Salat zu schneiden, ohne mir dabei die Finger abzusäbeln. Richtig schief ging es jedoch erst, als ich den Käsehobel nehmen wollte und er unter meinem Zeigefingernagel hängenblieb. Ich heulte laut auf, als der Nagel abging.
»Was ist los?«, fragte Ida.
Ich biss die Zähne ganz fest zusammen. Eine ganze Menge Blut lief über meine Fingerspitze. Der Schmerz jagte durch den Finger.
»Da muss was dran sein, dass die meisten Unfälle im Haushalt passieren«, sagte ich und wickelte meinen Finger in einen Verband, den Ida nach einigem Kramen im Schrank gefunden hatte.
Danach aßen wir Cheeseburger mit Salsa-Soße, knusprig gebratenen Zwiebeln und so viel Ketchup, dass mein Verband ganz rot wurde.
»Tut mir leid, dass die Burger ein bisschen angebrannt sind«, sagte ich.
»Angebrannt schmecken sie am besten«, sagte Ida tröstend und lächelte.
An manchem Abend kommt alles irgendwie in Ordnung. Nicht einmal der furchtbare Schmerz in meinem Finger konnte das ruinieren. Wir bauten im Wohnzimmer zwei Burgen und kämpften mit Kissen und Wasserballons. Danach wurde das Sofa zur Bühne und die Stehlampen wurden zu Scheinwerfern, während wir zweistimmig so laut brüllsangen, dass Cecilie von nebenan an die Wand hämmerte. Danach fälschte ich Papas Unterschrift auf Idas Zettel, jedenfalls hatten einige Buchstaben und Schlingen Ähnlichkeit. Überraschenderweise hatte ich vor dem Schlafengehen sogar noch Kraft genug für meine Hausaufgaben. Erschöpft lag ich später im Bett und wusste nicht so recht, welche Note ich dem Tag geben sollte. Ich musste ihn erst mal als Kurve zeichnen, um die richtige Menge von Punkten auf dem Würfel zu finden.
Es half nichts, dass das Ende gut gewesen war, insgesamt war es ein weniger als mittelmäßiger Tag gewesen.
Ich sah meinen ketchuproten Verband an und spürte den Schmerz, wenn ich den Finger bewegte. Der Verband hielt den Nagel an Ort und Stelle fest, aber vermutlich hatte er sich unwiderruflich gelöst.
Plötzlich stand Ida ohne ein Wort zu sagen in der Tür. Inder Hand hielt sie den Teddy, den sie von mir geerbt hatte. Ich hob die Decke hoch. Sie kam angetrottet und kroch ins Bett.
»Danke«, sagte sie und wickelte sich in die Decke.
Ich wollte den Arm um sie legen, aber meine Hand fand keinen Landeplatz. Deshalb drehte ich mich um und stellte mir vor, wie gut der nächste Tag werden würde. Klar, das hier war der Anfang eines gewaltigen Aufstiegs.
So musste es doch wohl sein?
Am nächsten Morgen wurde ich davon geweckt, dass die Türklingel einen Höllenlärm veranstaltete.
Lockruf des Goldes
Ich setzte mich auf, schaute zum Wecker hinüber und glaubte zuerst, verschlafen zu haben. Mein Kopf war ein Nebelmeer. Ich hatte das
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