Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes

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Moment lang nach.
    «Es tut mir leid, wenn Sie meinen, dass ich es Ihnen hätte erzählen müssen», sagte ich. «Aber es … ich fand, es geht mich nichts an.»
    «Und so etwas sagt sich auch nicht leicht.»
    «Nein.»
    «Falls Ihnen das ein Trost ist, Clark; es ist nicht das erste Mal.» Damit drehte er seinen Rollstuhl um und verschwand Richtung Haus.

    Deirdre Bellows sagte meinen Namen zweimal, bevor ich aufschaute. Ich schrieb gerade etwas in mein Notizbuch, Ortsnamen mit Fragezeichen, Pros und Kontras, und ich hatte fast vergessen, dass ich in einem Bus saß. Ich überlegte, wie ich Will in eine Theateraufführung locken konnte. Im Radius einer zweistündigen Autofahrt wurde nur ein Stück gespielt, und zwar Oklahoma ! Es war schwer vorstellbar, dass Will im Publikum sitzen und zu ‹Oh What A Beautiful Morning› den Takt mitnicken würde, aber alle ernst zu nehmenden Theater waren in London. Und ein Ausflug nach London schien immer noch ausgeschlossen.
    Im Grunde gelang es mir mittlerweile ganz gut, Will aus dem Haus zu bringen, aber wir hatten schon so ziemlich alles abgeklappert, was mit einer einstündigen Autofahrt zu erreichen war, und ich wusste nicht, wie ich ihn dazu bringen sollte, weiter weg zu fahren.
    «Mit den Gedanken ganz woanders, was, Louisa?»
    «Oh. Hallo, Deirdre.» Ich rutschte an den Fensterplatz, damit sie sich neben mich setzen konnte.
    Deirdre war seit Kindertagen mit Mum befreundet. Sie führte einen Gardinenladen und war dreimal geschieden. Ihr Haar war so füllig, dass man es für eine Perücke hielt, und ihr molliges, trauriges Gesicht sah aus, als träumte sie immer noch sehnsüchtig von dem Ritter auf dem weißen Pferd, der kommen und sie entführen würde.
    «Ich nehme den Bus normalerweise nicht, aber mein Auto ist in der Inspektion. Wie geht’s dir? Deine Mum hat mir alles über deinen Job erzählt. Klingt sehr interessant.»
    So ist es, wenn man in einer Kleinstadt aufwächst. Alles, was man im Leben macht, ist Allgemeingut. Nichts kann geheim gehalten werden – weder, dass ich mit vierzehn auf dem Supermarktparkplatz geraucht hatte, noch, dass mein Vater die Toilette im ersten Stock frisch gefliest hatte. Die Details aus anderer Leute Alltagsleben waren für Frauen wie Deirdre eine Art Basiswährung.
    «Er ist gut, das stimmt.»
    «Und gut bezahlt.»
    «Ja.»
    «Ich habe mich so für dich gefreut, nach der Sache mit dem Buttered Bun. Eine Schande, dass sie das Café geschlossen haben. Wir haben bald überhaupt keine nützlichen Geschäfte mehr in dieser Stadt. Ich weiß noch, wie es hier einen Lebensmittelladen, einen Bäcker und einen Metzger in der Hauptstraße gab. Wir hatten einfach alles, was man braucht!»
    «Mmm.» Ich sah sie einen Blick auf mein Notizbuch werfen und klappte es zu. «Tja. Immerhin können wir noch Gardinen kaufen. Wie läuft der Laden?»
    «Oh, gut … ja … Was machst du da? Hat das was mit deiner Arbeit zu tun?»
    «Ich überlege nur, was Will vielleicht gerne unternehmen würde.»
    «Ist das der Behinderte?»
    «Ja. Mein Chef.»
    «Dein Chef. So kann man es auch sagen.» Sie schubste mich an. «Und wie kommt deine superschlaue Schwester an der Uni klar?»
    «Sehr gut. Thomas gefällt es dort auch.»
    «Die wird eines Tages noch Regierungschefin. Ich muss sagen, Louisa, es hat mich überrascht, dass du nicht vor ihr weggegangen bist. Wir haben dich immer für so ein intelligentes Ding gehalten. Nicht, dass wir das nicht mehr tun würden.»
    Ich setzte ein höfliches Lächeln auf. Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.
    «Aber einer muss es ja machen, oder? Und es ist schön für deine Mum, dass eine von euch gern zu Hause bleibt.»
    Ich wollte ihr widersprechen, aber dann ging mir auf, dass nichts von dem, was ich in den vergangenen sieben Jahren getan hatte, darauf hinwies, dass ich irgendwelche Ziele hatte, die weiter entfernt lagen als das Ende unserer Straße. Und wie ich dort in diesem ruckelnden, quietschenden alten Bus saß, hatte ich auf einmal das Gefühl, dass mir die Zeit davonraste, dass ich auf meinen kurzen Fahrten, die immer auf dem gleichen Abschnitt hin und zurück führten, riesige Brocken meiner Zeit verlor. Runde um Runde um die Burg. Runde um Runde, bei der ich Patrick beim Training zusah. Immer die gleichen Belanglosigkeiten. Der gleiche Tagesablauf.
    «Also dann. Hier ist meine Haltestelle.» Deirdre stand schwerfällig auf und hängte sich ihre vernünftige, praktische Handtasche über die Schulter. «Sag deiner