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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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eine schöne Pflegehilfe», sagte er. Dann hob er eine Augenbraue. «Was ist es dir wert, wenn ich es meiner Mutter nicht erzähle?»
    Ich war vollkommen verblüfft von Wills Reaktion auf diesen Tag. Ich hatte mit dem mürrischen Will gerechnet, mit dem sarkastischen Will. Zumindest mit dem schweigsamen Will. Aber er war zu allen sehr charmant. Sogar als die Suppe kam, brachte ihn das nicht aus der Fassung. Er fragte einfach, ob jemand sein Brot gegen seine Suppe tauschen würde, und die beiden Mädchen am Ende des Tisches – die unter ‹Weizenintoleranz› litten – bewarfen ihn beinahe mit ihren Brötchen.
    Je mehr Sorgen ich mir darüber machte, wie ich rechtzeitig wieder nüchtern werden konnte, desto fröhlicher und unbekümmerter wurde Will. Die ältere Frau, die auf seiner rechten Seite saß, entpuppte sich als ehemaliges Parlamentsmitglied. Sie hatte für die Rechte von Behinderten gekämpft und gehörte zu den wenigen Menschen, die ohne das geringste Unbehagen mit Will plauderten. Einmal sah ich sogar, wie sie ihm ein Stück Roulade in den Mund steckte. Als sie kurz aufstand, murmelte er mir zu, dass sie einmal auf den Kilimandscharo gestiegen war. «Ich liebe diese alten Schachteln», sagte er. «Ich sehe sie direkt vor mir, wie sie mit einem Maultier und ihrem Proviant unterwegs ist. Zählebig wie alte Stiefel.»
    Ich hatte mit meinem Tischnachbarn weniger Glück. Er brauchte ungefähr vier Minuten – in denen er abfragte, wer ich war, wo ich wohnte und wen ich bei der Feier kannte –, um festzustellen, dass ihn nichts von dem interessierte, was ich zu sagen hatte. Anschließend drehte er sich zu der Frau links von ihm um und wandte sich während des restlichen Essens nicht mehr an mich. Irgendwann, als ich anfing, mich richtig unwohl zu fühlen, spürte ich Wills Arm neben mir herabgleiten, und seine Hand landete auf meinem Arm. Ich sah ihn an, und er zwinkerte mir zu. Ich nahm seine Hand und drückte sie, dankbar, dass er gesehen hatte, was mit mir los war. Und dann rollte er seinen Stuhl ein Stückchen zurück und brachte mich mit Mary Rawlinson ins Gespräch.
    «Will hat mir erzählt, dass Sie sich um ihn kümmern», sagte sie. Ihre Augen waren strahlend blau, und ihre Falten erzählten von einem Leben, in dem Anti-Aging-Cremes nicht vorkamen.
    «Ich versuche es», sagte ich und streifte Will mit einem Blick.
    «Und arbeiten Sie schon immer in diesem Bereich?»
    «Nein. Ich habe früher in … einem Café gearbeitet.» Ich bin nicht sicher, ob ich das irgendeinem anderem Gast auf dieser Hochzeit erzählt hätte, aber Mary Rawlinson nickte anerkennend.
    «Das habe ich immer für sehr interessant gehalten. Wenn man Menschen mag und neugierig ist, so wie ich.» Sie strahlte.
    Will bewegte langsam seinen Arm zurück auf seinen Stuhl. «Ich versuche, Louisa zu ermutigen, etwas anderes zu machen, damit sie ihren Horizont erweitern kann.»
    «An was dachten Sie?», fragte sie mich.
    «Ihr fällt nichts ein», sagte Will. «Louisa ist einer der klügsten Menschen, die ich kenne, aber ich schaffe es nicht, sie von ihren eigenen Möglichkeiten zu überzeugen.»
    Mary Rawlinson sah ihn scharf an. «Bevormunden Sie sie nicht, mein Lieber. Sie ist sehr wohl in der Lage, für sich selbst zu antworten.»
    Ich blinzelte.
    «Ich hätte gedacht, dass ausgerechnet Sie das wissen müssten», fügte sie noch hinzu.
    Will sah aus, als wollte er etwas sagen, aber dann machte er den Mund wieder zu und starrte kopfschüttelnd auf den Tisch, doch er lächelte dabei.
    «Also, Louisa, ich vermute, Ihre jetzige Arbeit kostet Sie sehr viel emotionale Kraft. Und ich denke, dass dieser junge Mann nicht gerade pflegeleicht ist.»
    «Das kann man wohl sagen.»
    «Aber Will hat recht, wenn er Möglichkeiten für Sie sieht. Hier ist meine Visitenkarte. Ich bin im Vorstand einer Wohltätigkeitsorganisation zur Förderung der Erwachsenenbildung. Vielleicht wollen Sie ja zukünftig mal etwas anderes machen.»
    «Ich bin sehr zufrieden mit meiner Arbeit für Will, vielen Dank.»
    Ich nahm die Karte, die sie mir trotzdem hinhielt, und fragte mich im Stillen, wieso diese Frau Interesse daran hatte, was ich mit meinem Leben anfing. Während ich die Karte nahm, fühlte ich mich wie eine Betrügerin. Auf keinen Fall würde ich meine Arbeit aufgeben, selbst wenn ich eine Ausbildung wüsste, die ich machen wollte. Ich glaubte außerdem nicht, dass ich mich für eine Umschulung eignete. Abgesehen davon war mein Hauptziel, Will am Leben zu

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