Ein ganzes halbes Jahr
vorsichtig auf Wills Schoß und legte meine Arme um seinen Hals, um mich festzuhalten. Er sah mir lange in die Augen, als überlegte er, ob er mir diesen Wunsch abschlagen konnte. Und dann, zu meinem Erstaunen, rollte uns Will auf die Tanzfläche und begann, unter dem Glitzerlicht der Discokugeln mit seinem Stuhl kleine Kreise zu fahren.
Ich war gleichzeitig schrecklich verlegen und leicht hysterisch. Ich saß in einem Winkel, der mein Kleid bis halb über den Oberschenkel hatte heraufrutschen lassen.
«Lass es so», murmelte mir Will ins Ohr.
«Das ist …»
«Komm schon, Clark. Du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen.»
Ich schloss die Augen, legte die Arme enger um seinen Hals, ließ meine Wange an seiner ruhen und atmete den frischen Duft seines Aftershaves ein. Ich hörte ihn die Musik mitsummen.
«Sind sie schon alle furchtbar entsetzt?», fragte er. Ich öffnete ein Auge und spähte in das schwache Licht.
Ein paar Leute lächelten ermutigend, aber die meisten schienen nicht zu wissen, was sie davon halten sollten. Mary grüßte mich mit erhobenem Glas. Und dann sah ich, wie uns Alicia anstarrte, während ihr kurz die Gesichtszüge entgleisten. Als sie bemerkte, dass ich sie ansah, drehte sie sich weg und murmelte Rupert etwas zu. Er schüttelte den Kopf, als würden wir etwas entsetzlich Beschämendes tun.
Ich spürte, wie mir ein boshaftes Lächeln übers Gesicht kroch. «O ja», sagte ich.
«Hah. Drück dich enger an mich. Du riechst phantastisch.»
«Du auch. Allerdings, wenn du weiter nur Linksdrehungen machst, könnte es sein, dass ich mich übergebe.»
Will wechselte die Richtung. Ich ließ die Arme um seinen Hals geschlungen, rückte aber ein Stückchen von ihm ab, um ihn ansehen zu können. Ich war nicht mehr verlegen. Er schaute auf meine Brust. Fairerweise muss gesagt werden, dass er bei meiner Sitzposition kaum woandershin schauen konnte. Dann hob er seinen Blick von meinem Ausschnitt und zog eine Augenbraue hoch. «Dir ist ja klar, dass du mir mit deinen Brüsten nie so nah gekommen wärst, wenn ich nicht im Rollstuhl sitzen würde», murmelte er.
Ich sah ihn mit ruhigem Blick an. «Und du hättest dich nie für meine Brüste interessiert, wenn du nicht im Rollstuhl sitzen würdest.»
«Wie bitte? Natürlich hätte ich das.»
«Nein. Du wärst viel zu beschäftigt damit gewesen, die schlanken Blondinen mit den endlosen Beinen und den tollen Frisuren zu begaffen, die ein Spesenkonto schon aus vierzig Metern Entfernung wittern. Und davon abgesehen hätte ich nicht hier gesessen. Ich hätte da drüben die Getränke serviert. Hätte zu den Unsichtbaren gehört.»
Er blinzelte.
«Und? Hab ich recht oder nicht?»
Will schaute zur Bar hinüber, dann sah er wieder mich an. «Ja. Aber zu meiner Verteidigung kann ich vorbringen, dass ich ein Arschloch war.»
Ich brach in so lautes Gelächter aus, dass noch mehr Leute zu uns herüberstarrten.
Ich versuchte, wieder ernst zu werden. «Sorry», murmelte ich. «Ich glaube, ich werde langsam hysterisch.»
«Weißt du was?»
Ich hätte dieses Gesicht die ganze Nacht anschauen können. Seine Lachfältchen. Die Kurve, an der sein Hals in die Schulter überging. «Was?»
«Manchmal, Clark, bist du so ziemlich der einzige Grund, aus dem ich morgens überhaupt aus dem Bett kommen will.»
«Dann lass uns irgendwohin fahren.» Die Worte waren heraus, bevor ich wusste, was ich genau sagen wollte.
«Wie bitte?»
«Lass uns irgendwohin fahren. Eine Woche, in der wir es uns schön machen. Nur du und ich. Keines von diesen …»
Er wartete. «Arschlöchern?»
«… Arschlöchern. Sag ja, Will. Komm schon.»
Er ließ meinen Blick nicht los.
Ich weiß nicht, was ich ihm noch alles erzählte. Ich weiß nicht, woher die Worte kamen. Aber ich wusste, wenn ich ihn an diesem Abend voller Sterne und Blumen und Gelächter und mit Mary nicht dazu brachte, ja zu sagen, dann würde es mir niemals gelingen.
«Bitte.»
Die Sekunden, die vor seiner Antwort vergingen, schienen sich eine Ewigkeit hinzuziehen.
«Okay», sagte er.
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Kapitel 19
Nathan
S ie dachten, wir würden nichts merken. Als sie um die Mittagszeit des nächsten Tages endlich von der Hochzeit zurückkamen, war Mrs. Traynor so wütend, dass sie kaum sprechen konnte.
«Du hättest anrufen können», sagte sie.
Sie hatte so lange zu Hause gewartet, bis die beiden wohlbehalten zurück waren. Ich hatte sie seit meiner Ankunft um acht Uhr morgens hinter der Tür auf
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