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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Spüle. «Ich schätze, das dürfte kein Problem werden.»
    Die zweite größere Veränderung, abgesehen von der besseren Atmosphäre, war, dass mich Will nicht mehr so oft bat, ihn allein zu lassen. Und ein paarmal hatte er mich nachmittags sogar gefragt, ob ich mir einen Film mit ihm ansehen wollte. Das hatte mich nicht besonders gestört, als es Der Terminator war – obwohl ich sämtliche Terminator-Filme kannte –, aber als er mir die DVD-Hülle eines französischen Films mit Untertiteln zeigte, warf ich nur einen kurzen Blick darauf und sagte, diesen Film würde ich lieber auslassen.
    «Warum?»
    Ich zuckte mit den Schultern. «Ich mag keine Filme mit Untertiteln.»
    «Da könnten Sie genauso gut sagen, Sie mögen keine Filme mit Schauspielern. Machen Sie sich nicht lächerlich. Was gefällt Ihnen denn nicht daran? Die Tatsache, dass Sie gleichzeitig lesen und den Film schauen müssen?»
    «Ich mag eben einfach keine ausländischen Filme.»
    «Alles, was nach dem verdammten Local Hero kam, ist ein ausländischer Film. Oder glauben Sie etwa, Hollywood wäre ein Vorort von Birmingham?»
    «Sehr witzig.»
    Er konnte es kaum fassen, als ich zugab, noch nie einen Film mit Untertiteln gesehen zu haben. Aber meine Eltern neigten dazu, abends ihre Besitzrechte an der Fernbedienung geltend zu machen, und Patrick hätte sich genauso gern einen ausländischen Film angeschaut, wie er mit mir in einen Häkelkurs gegangen wäre. Und das Multiplex in der nächsten größeren Stadt zeigte nur die neuesten Blockbuster oder romantische Komödien und war derartig mit nerviger Pubertätsjugend in Kapuzenjacken verseucht, dass kaum jemand hinfuhr.
    «Sie müssen sich diesen Film anschauen, Louisa. Ich ordne hiermit an, dass Sie sich diesen Film ansehen.» Will fuhr seinen Stuhl zurück und nickte in Richtung des Sessels. «Dort. Sie sitzen dort. Und Sie rühren sich nicht vom Fleck, bevor der Film zu Ende ist. Noch nie einen ausländischen Film gesehen! Das gibt’s doch nicht», murmelte er.
    Es war ein alter Film über einen buckligen Kerl, der in Frankreich ein Haus auf dem Land erbt, und Will sagte, die Geschichte stamme aus einem berühmten Buch. Allerdings kann ich nicht behaupten, dass ich schon jemals davon gehört hatte. Die ersten zwanzig Minuten war ich ein bisschen kribbelig, ich fand die Untertitel lästig und überlegte, ob Will böse werden würde, wenn ich erklärte, ich müsste mal.
    Und dann passierte etwas. Ich hörte auf, darüber nachzudenken, wie kompliziert es war, gleichzeitig zuzuschauen und zu lesen, ich vergaß Wills Zeitplan und ob Mrs. Traynor fand, dass meine Leistungen nachließen. Stattdessen fing ich an, mir über den armen Buckligen und seine Familie Sorgen zu machen, weil sie von skrupellosen Nachbarn ausgetrickst wurden. Als der Bucklige schließlich starb, schluchzte ich leise und wischte mir die Triefnase am Ärmel ab.
    «So», sagte Will, der an meiner Seite auftauchte. Er sah mich verschlagen an. «Das hat Ihnen also überhaupt nicht gefallen.»
    Ich sah auf und stellte zu meiner Überraschung fest, dass es draußen dunkel geworden war. «Jetzt können Sie so richtig auftrumpfen, was?», murmelte ich und griff nach der Box mit den Taschentüchern.
    «Ein bisschen. Ich wundere mich bloß darüber, dass Sie das reife Alter von … wie alt sind Sie noch mal?»
    «Sechsundzwanzig.»
    «Sechsundzwanzig Jahren erreicht haben, ohne je einen Film mit Untertiteln zu sehen.» Er sah zu, wie ich mir die Augen abtupfte.
    Als ich das Papiertuch senkte, stellte ich fest, dass meine Wimperntusche zerlaufen war. «Ich wusste nicht, dass das Pflicht ist», grummelte ich.
    «Okay. Und was fangen Sie sonst mit sich an, Louisa Clark, wenn Sie keine Filme anschauen?»
    Ich zerknüllte das Papiertaschentuch in meiner Hand. «Sie wollen wirklich wissen, was ich mache, wenn ich nicht hier bin?»
    «Sie waren doch diejenige, die wollte, dass wir uns besser kennenlernen. Dann los, erzählen Sie mir von sich.»
    Er hatte so eine Art zu reden, bei der man nie ganz sicher sein konnte, ob er sich über einen lustig machte. Ich überlegte, ob er mir gerade eine Falle stellte. «Warum?», sagte ich. «Warum interessiert Sie das auf einmal?»
    «Oh, meine Güte. Sie tun ja so, als wäre das ein Staatsgeheimnis.» Er wurde gereizt.
    «Ich weiß nicht …», sagte ich. «Ich gehe auf ein Glas in den Pub. Ich schaue ein bisschen fern. Ich sehe meinem Freund beim Lauftraining zu. Nichts Besonderes.»
    «Sie sehen Ihrem

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