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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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ein. Aktionen, bei denen er so richtig glücklich ist.»
    Ich starrte sie an.
    «Katrina …»
    «Ja. Ich weiß.» Sie grinste, als ich zu lächeln begann. «Ich bin ein verdammtes Genie.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 10
    S ie wirkten ziemlich überrascht. Und das ist noch untertrieben. Mrs. Traynor war sprachlos und ziemlich befremdet, und dann setzte sie eine total abweisende Miene auf. Ihre Tochter, die mit hochgezogenen Beinen neben ihr auf dem Sofa saß, schaute mich einfach nur böse an – mit einem Gesichtsausdruck, von dem unsere Mum immer gesagt hat, dass wir ihn für immer behalten würden, falls sich in diesem Augenblick der Wind drehte. Es war überhaupt nicht die begeisterte Reaktion, auf die ich gehofft hatte.
    «Und was genau wollen Sie unternehmen?»
    «Das weiß ich noch nicht. Meine Schwester ist ziemlich gut im Recherchieren. Sie versucht herauszufinden, was Tetraplegiker alles machen können. Aber vorher wollte ich von Ihnen wissen, ob Sie mit dem Plan einverstanden sind.»
    Wir saßen im Salon. Es war derselbe Raum, in dem das Bewerbungsgespräch stattgefunden hatte, nur dass dieses Mal Mrs. Traynor und ihre Tochter mit dem sabbernden alten Hund zwischen sich auf dem Sofa saßen. Mr. Traynor stand beim Kamin. Ich trug meine jeansblaue französische Bauernjacke, einen Minirock und Armeestiefel. Im Rückblick ist mir klar, dass ich ein professioneller wirkendes Outfit hätte wählen können, um meinen Plan vorzustellen.
    «Damit ich es recht verstehe …» Camilla Traynor beugte sich vor. «Sie wollen Will aus diesem Haus hier herausbringen.»
    «Ja.»
    «Und mit ihm ‹Abenteuerfahrten› machen.» Sie sagte es, als hätte ich vorgeschlagen, an Will ein paar endoskopische Amateuroperationen auszuprobieren.
    «Ja. Wie ich schon sagte, ich weiß noch nicht, was in Frage kommt. Aber es geht darum, mit ihm unterwegs zu sein, seinen Horizont für das zu erweitern, was alles möglich ist. Vielleicht könnten wir zu Beginn einiges in der Nähe unternehmen und dann hoffentlich bald weiter weg fahren.»
    «Meinen Sie damit Auslandsreisen?»
    «Ausland?» Ich blinzelte. «Ich hatte mehr an einen Besuch im Pub gedacht. Oder im Kino, für den Anfang.»
    «Will hat dieses Haus in den letzten beiden Jahren kaum verlassen, abgesehen von seinen Terminen im Krankenhaus.»
    «Na ja … ich dachte, ich versuche, ihn von einer Änderung seiner Gewohnheiten zu überzeugen.»
    «Und all diese Abenteuerfahrten würden Sie natürlich gemeinsam mit ihm unternehmen», sagte Georgina Traynor.
    «Hören Sie. Es geht um nichts Besonderes. Zu Beginn will ich ihn einfach nur aus diesem Haus herausbringen. Zu einem Spaziergang um die Burg oder einem Stündchen im Pub. Wenn wir am Schluss in Florida mit Delfinen schwimmen, ist das natürlich großartig. Aber eigentlich will ich ihn vor allem aus dem Haus und auf andere Gedanken bringen.»
    Ich fügte nicht hinzu, dass mir schon der bloße Gedanke, Will allein ins Krankenhaus fahren zu müssen, den kalten Schweiß auf die Stirn trieb. Die Vorstellung, mit ihm ins Ausland zu verreisen, war genauso realistisch wie meine Teilnahme an einem Marathon.
    «Ich halte das für eine großartige Idee», sagte Mr. Traynor. «Ich glaube, es wäre fabelhaft, wenn Will mal rauskäme. Dir ist doch klar, dass es nicht gut für ihn sein kann, wenn er Tag für Tag nur seine eigenen vier Wände anstarrt.»
    «Wir haben doch versucht, ihn aus dem Haus zu bringen, Steven», sagte Mrs. Traynor. «Es ist schließlich nicht so, dass wir ihn hier haben verrotten lassen. Ich habe es wer weiß wie oft versucht.»
    «Das weiß ich, Darling, aber wir waren nicht besonders erfolgreich, oder? Wenn sich Louisa etwas einfallen lässt, das Will mitmachen würde, kann das doch nur gut sein, oder?»
    «Aber er wird nicht mitmachen.»
    «Es war ja nur ein Vorschlag», sagte ich. Auf einmal war ich genervt. Ich wusste, was sie dachte. «Wenn Sie nicht möchten, dass ich es mache …»
    «Dann gehen Sie?» Sie sah mich direkt an.
    Ich wandte den Blick nicht ab. Sie konnte mir keine Angst mehr einjagen. Inzwischen wusste ich nämlich, dass sie keinen Grund hatte, die Überlegene zu spielen. Ich hatte eine Frau vor mir, die tatenlos zusehen konnte, wie ihr Sohn vor ihren Augen starb.
    «Ja, das werde ich wahrscheinlich.»
    «Also ist das ein Erpressungsversuch.»
    «Georgina!»
    «Reden wir doch nicht um den heißen Brei herum, Daddy.»
    Ich setzte mich gerader hin. «Nein. Es ist keine Erpressung. Es geht

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