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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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viel …»
    Mr. Traynor klopfte mir auf die Schulter.
    «Ich weiß. Teilen Sie uns einfach mit, welche Ideen Sie haben», sagte er.

    Treena blies sich in die Hände und stampfte unbewusst mit den Füßen auf der Stelle. Sie trug meine dunkelgrüne Baskenmütze, die ihr ärgerlicherweise viel besser stand als mir. Sie beugte sich zu mir und deutete auf die Liste, die sie gerade aus der Tasche gezogen und mir gegeben hatte.
    «Punkt drei musst du vermutlich streichen oder jedenfalls aufschieben, bis es wärmer ist.»
    Ich überflog die Liste. «Rollstuhl-Basketball? Ich weiß ja nicht mal, ob er sich für Basketball interessiert.»
    «Darum geht es nicht. Verdammt noch mal, ist das kalt hier oben.» Sie zog sich die Mütze tiefer über die Ohren. «Es geht darum, ihm zu zeigen, was alles möglich ist. Er sieht dabei, dass es Leute gibt, die genauso schlecht dran sind wie er und Sport und so was machen.»
    «Ich weiß nicht. Er kann ja nicht mal eine Tasse hochheben. Diese Leute sind vermutlich nur von der Hüfte abwärts gelähmt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man einen Ball werfen soll, wenn man seine Hände nicht gebrauchen kann.»
    «Ich hab doch schon gesagt, dass es darum nicht geht. Er muss überhaupt nichts machen , er soll seinen Horizont erweitern, klar? Wir zeigen ihm, wie aktiv andere Behinderte sind.»
    «Wenn du meinst.»
    Ein leises Murmeln ging durch die Menge. Die Läufer waren in Sicht gekommen. Wenn ich mich auf die Zehenspitzen stellte, konnte ich sie gerade so sehen. Sie waren ungefähr zwei Meilen entfernt in einem Tal, eine kleine Gruppe auf und ab tanzender weißer Punkte, die sich in der Kälte eine feuchte graue Straße entlangkämpften. Wir standen seit beinahe vierzig Minuten auf einer Anhöhe mit dem passenden Namen Windhügel, und ich spürte meine Füße nicht mehr.
    «Ich habe in der Nähe gesucht, falls du nicht weit fahren willst. In ein paar Wochen ist ein Spiel in einem Sportzentrum. Er könnte sogar eine Wette darauf abschließen, wer gewinnt.»
    «Wetten?»
    «So wäre er ein bisschen mehr beteiligt, obwohl er nicht mitspielt. Oh, sieh mal, da sind sie. Was meinst du, wie lange sie noch bis zu uns brauchen?»
    Wir standen kurz vor der Ziellinie. Auf einem Banner, das in der steifen Brise über unseren Köpfen flatterte, stand ‹Frühlingstriathlon Zieleinlauf›.
    «Keine Ahnung. Zwanzig Minuten? Länger? Ich habe ein Notfall-Mars dabei. Sollen wir teilen?» Ich griff in meine Tasche. Der Wind zerrte an der Liste in meiner anderen Hand. «Und was hast du noch gefunden?»
    «Du hast doch gesagt, du willst ein bisschen weiter weg, oder?» Sie deutete auf meine Hand. «Du hast dir das größere Stück gegeben.»
    «Dann tauschen wir eben. Ich glaube, seine Familie hält mich für eine Schmarotzerin.»
    «Was? Weil du ihn zu ein paar schäbigen Ausflügen überreden willst? Echt. Die sollten dankbar sein, dass du dir all diese Mühe machst. Kann man von ihnen schließlich nicht behaupten.»
    Treena nahm das andere Stück von dem Marsriegel. «Egal. Sieh dir mal Nummer fünf an. Es gibt einen Computerkurs, den er machen könnte. Sie ziehen sich ein Ding über den Kopf mit so einer Art Stab dran, und dann nicken sie, um die Tastatur zu bedienen. Es gibt online einen Haufen Tetraplegiker-Gruppen. Da könnte er neue Freunde finden. Und dazu müsste er nicht jedes Mal aus dem Haus. Ich habe sogar mit ein paar von denen in einem Chatroom Kontakt aufgenommen. Die kamen mir sehr nett vor. Richtig …», sie zuckte mit den Schultern, «… normal.»
    Wir aßen schweigend unsere Mars-Hälften, während wir beobachteten, wie sich die Gruppe elend wirkender Läufer näherte. Ich konnte Patrick unter ihnen nicht ausmachen. Das konnte ich nie. Er hatte so ein Gesicht, das in einer Menge sofort unsichtbar wird.
    Sie deutete auf die Liste.
    «Also, danach kommen die kulturellen Sachen. Da gibt es ein Konzert speziell für Menschen mit Behinderung. Du hast doch gesagt, er ist gebildet, oder? Er könnte sich einfach in das Konzert setzen und sich von der Musik davontragen lassen. Und dabei seinen Körper vergessen, verstehst du? Derek mit dem Schnurrbart, der mit mir arbeitet, hat mir davon erzählt. Er meinte, es könnte ein bisschen laut werden, weil die richtig Behinderten anscheinend öfter mal rumschreien, aber ich bin sicher, es wird ihm trotzdem gefallen.»
    Ich verzog das Gesicht. «Ich weiß nicht, Treen …»
    «Du hast doch bloß Angst, weil ich ‹Kultur› erwähnt habe. Du musst

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