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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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lächerlich. Wir haben uns so viel Mühe gemacht. Sie bleiben hier, und ich gehe und kaufe für uns die Anstecker für den A-Bereich. Und dann essen wir.»
    «Louisa, ich habe keinen Hunger.»
    «Es geht uns besser, wenn wir erst einmal etwas gegessen haben. Wir können die Pferde und alles von hier aus sehen. Es wird schön.»
    Nathan kam zu mir und legte mir die Hand auf den Arm. «Louisa, ich glaube, Will möchte einfach nach Hause.»
    Wir hatten inzwischen die Aufmerksamkeit aller auf uns gezogen. Die Restaurantgäste ließen ihre Blicke über uns schweifen, schauten von mir zu Will, und über ihre Mienen zog ein leicht mitleidiger oder widerwilliger Ausdruck. Er tat mir leid. Und ich fühlte mich wie eine komplette Versagerin. Als ich wieder die Frau ansah, hatte sie wenigstens den Anstand, peinlich berührt zu wirken, nachdem nun Will selbst etwas gesagt hatte.
    «Tja, dann vielen Dank auch», sagte ich zu ihr. «Vielen Dank, dass Sie so verdammt gastfreundlich waren.»
    «Clark», sagte Will mahnend.
    «Ich bin ja so froh, dass Sie dermaßen flexibel sind. Ich werde Sie bestimmt meinen sämtlichen Bekannten weiterempfehlen.»
    «Louisa!»
    Ich klemmte mir meine Tasche unter den Arm.
    «Sie haben Ihr Spielzeugauto vergessen», rief sie mir nach, als ich durch die Tür hinausrauschte, die Nathan für mich aufhielt.
    «Wieso, braucht das Auto auch so einen bescheuerten Anstecker?», sagte ich und stieg in den Aufzug.
    Schweigend fuhren wir ins Erdgeschoss. Ich versuchte, meine vor Wut zitternden Hände unter Kontrolle zu bringen.
    Als wir unten in der Halle angekommen waren, murmelte mir Nathan zu: «Ich glaube, wir sollten etwas bei einer von diesen Imbissbuden kaufen. Wir haben seit Stunden nichts gegessen.» Er warf einen Blick auf Will, sodass ich begriff, wer seiner Meinung nach wirklich etwas essen sollte.
    «Gut», sagte ich, um Heiterkeit bemüht. Ich holte Luft. «Ich freue mich schon auf die Kruste. Besorgen wir uns ein Stück Schweinebraten.»
    Wir bestellten drei Scheiben Schweinebraten mit Apfelsoße im Brötchen und stellten uns zum Essen unter die gestreifte Markise. Ich setzte mich auf einen kleinen Abfalleimer, sodass ich auf derselben Höhe mit Will war, und reichte ihm kleine Stückchen Fleisch, die ich mit den Fingern zerdrückt hatte. Die zwei Frauen, die hinter der Theke standen, taten so, als würden sie uns nicht beachten. Aber ich sah, wie sie Will aus den Augenwinkeln ansahen und sich ab und zu etwas zumurmelten, wenn sie glaubten, wir bekämen es nicht mit. Der arme Mann , konnte ich sie beinahe sagen hören. Was für ein schreckliches Leben. Ich starrte sie böse an, damit sie sich nicht mehr trauten, zu ihm herüberzuschauen. Ich versuchte, mir lieber nicht vorzustellen, wie Will sich fühlen musste.
    Es hatte aufgehört zu regnen, aber der windige Rennplatz sah auf einmal vollkommen trostlos aus, der braune Schlamm und der Rasen waren mit weggeworfenen Wettzetteln übersät, alles wirkte öde. Der Parkplatz war leerer geworden, weil es geregnet hatte, und in der Entfernung hörten wir die verzerrten Lautsprecheransagen, als die Pferde bei einem weiteren Rennen über die Ziellinie galoppierten.
    «Ich glaube, wir machen uns besser auf den Heimweg», sagte Nathan und wischte sich den Mund ab. «Ich meine, es war sehr schön und so weiter, aber besser, wir vermeiden den Berufsverkehr.»
    «Gut», sagte ich. Dann zerknüllte ich meine Papierserviette und warf sie in den Mülleimer. Will lehnte das letzte Drittel seines Brötchens ab.
    «Hat es ihm nicht geschmeckt?», fragte eine der Frauen, als Nathan anfing, den Rollstuhl übers Gras zu schieben.
    «Ich weiß nicht. Vielleicht hätte es ihm besser geschmeckt, wenn als Beilage keine gaffenden Blicke serviert worden wären», sagte ich und knallte den Brötchenrest in den Mülleimer.
    Aber zurück zum Auto und auf die Rampe zu kommen, war leichter gesagt als getan. In den paar Stunden, die wir auf dem Rennplatz gewesen waren, hatten die ankommenden und abfahrenden Autos den Parkplatz in ein Matschfeld verwandelt. Obwohl Nathan ziemlich viel Kraft hatte und ich mich mit meinem ganzen Gewicht gegen den Rollstuhl stemmte, kamen wir nicht einmal die halbe Strecke bis zum Auto. Die Reifen rutschten und sanken ein, und der Rollstuhl fand keinen Halt. Nathan und ich schlitterten im Matsch herum, der immer weiter an unseren Schuhen hochstieg.
    «Das wird nicht klappen», sagte Will.
    Ich wollte nichts hören. Ich konnte die Vorstellung nicht

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