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Ein ganzes halbes Jahr

Ein ganzes halbes Jahr

Titel: Ein ganzes halbes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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bis sie meine Worte verdaut hatten. Aber dann sahen sie sich fassungslos an.
    «Los, Jungs. Das können wir nicht zulassen.» Schwankend stapften sie hinter mir her. Ich hörte sie untereinander Bemerkungen machen. «Verdammte Zivilisten … haben doch keine Ahnung, wie es ist …»
    Als wir angekommen waren, stand Nathan neben Will, der sich frierend so tief wie möglich in seinen Mantel zurückgezogen hatte, obwohl ihm Nathan eine zusätzliche Decke über die Schultern gelegt hatte.
    «Diese netten Gentlemen haben angeboten, uns zu helfen», sagte ich.
    Nathan starrte auf die Bierdosen. Ich muss zugeben, dass man schon sehr genau hinschauen musste, um in ihnen Soldaten zu erkennen.
    «Wo soll er hin?», sagte einer.
    Die anderen standen um Will herum und nickten ihm zur Begrüßung zu. Einer bot ihm sein Bier an, weil er anscheinend nicht begriff, dass Will es nicht nehmen konnte.
    Nathan deutete auf unser Auto. «In den Wagen. Aber damit wir das machen können, müssen wir ihn zurück zur Tribüne bringen und dann das Auto hinfahren.»
    «Das brauchen wir nicht», sagte einer und klopfte Nathan auf den Rücken. «Wir können ihn zum Auto tragen, können wir doch, oder, Jungs?»
    Allgemeine Zustimmung. Sie begannen, um Wills Rollstuhl Aufstellung zu nehmen.
    Ich trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. «Ich weiß nicht … das ist ein ziemlich weites Stück zum Tragen», sagte ich. «Und der Stuhl ist unheimlich schwer.»
    Sie waren sturzbetrunken. Ein paar konnten kaum noch ihre Bierdosen festhalten. Einer drückte mir sein Tennant’s in die Hand.
    «Keine Sorge, Mausi. Für ’nen Kameraden tun wir alles, stimmt doch, Männer, oder?»
    «Wir lassen dich nicht hängen, Kumpel. Wir lassen keinen zurück, so sind wir.»
    Ich sah Nathans fragenden Gesichtsausdruck und schüttelte wild den Kopf. Will sagte gar nichts. Er starrte nur düster vor sich hin, und dann, als sich die Männer um seinen Stuhl gruppiert hatten und ihn mit einem Ruf zwischen sich hochhoben, wirkte er leicht beunruhigt.
    «Bei welchem Regiment war er denn, Mausi?»
    Ich versuchte zu lächeln, suchte in meinem Gedächtnis nach Regimentsbezeichnungen. «Schützen …», sagte ich. «Elftes Schützenregiment.»
    «Ich kenn kein elftes Schützenregiment», sagte ein anderer.
    «Das ist ein neues Regiment», stotterte ich. «Streng geheim. Im Irak stationiert.»
    Ihre Turnschuhe rutschten durch den Schlamm, und mein Herz machte einen Satz. Wills Stuhl wurde mehrere Zentimeter hochgehoben, wie eine Art Sänfte. Nathan rannte mit Wills Tasche los und schloss das Auto auf.
    «Hatten die Jungs ihre Ausbildung drüben in Catterick?»
    «Ja, genau», sagte ich und wechselte das Thema. «Und … wer von Ihnen heiratet jetzt?»
    Bis ich Marky und seine Freunde endlich loswurde, hatten wir Telefonnummern ausgetauscht. Sie hatten eine Sammlung veranstaltet und wollten uns beinahe vierzig Pfund als Beihilfe für Wills Rehabilitationskasse geben, wovon sie sich erst abbringen ließen, als ich sagte, sie würden uns eine größere Freude machen, wenn sie ein Glas auf unser Wohl trinken würden. Dann musste ich jedem von ihnen einen Kuss geben. Danach war ich leicht benebelt von all den Alkoholdünsten, die von den Männern aufstiegen. Ich winkte ihnen nach, bis sie bei der Tribüne verschwunden waren, und Nathan hupte, damit ich endlich ins Auto stieg.
    «Die waren echt hilfsbereit, oder?», sagte ich mit fröhlicher Stimme, während ich den Motor anließ.
    «Der Große hat sein ganzes Bier über mein rechtes Bein laufen lassen», sagte Will. «Ich stinke wie eine Brauerei.»
    «Das glaub ich einfach nicht», sagte Nathan, als wir endlich bei der Ausfahrt waren. «Sehen Sie mal. Genau neben der Tribüne ist ein Behindertenparkplatz. Komplett asphaltiert.»

    Will sagte an diesem Tag nicht mehr viel. Er verabschiedete sich von Nathan, als wir ihn bei sich zu Hause absetzten, und verfiel dann in Schweigen, während ich die Straße zur Burg hinauffuhr, auf der weniger Verkehr herrschte, weil es wieder kälter geworden war, und dann waren wir endlich vor dem Anbau angekommen.
    Ich ließ Will in seinem Rollstuhl mit der Rampe herunter, brachte ihn hinein und machte ihm etwas Warmes zu trinken. Ich wechselte ihm die Schuhe und die Hosen, steckte die Hose mit den Bierflecken in die Waschmaschine und zündete das Feuer an, damit er sich richtig aufwärmen konnte. Dann schaltete ich den Fernseher ein und zog die Vorhänge zu, damit es gemütlicher wurde –

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