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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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Lautstärke bestehen, sodass jemand in einer bestimmten Situation zu laut oder zu leise spricht. Zu lautes Sprechen kann besonders irritierend für Familienmitglieder und auch für Lehrer sein, die versuchen, den Geräuschpegel im Klassenraum gering zu halten. Derjenige kann auch mit einer besonders hohen oder näselnden Stimme sprechen. Das fällt einem Zuhörer schnell auf und lenkt ihn leicht ab. Manchmal spricht die Person auch besonders schnell, besonders dann, wenn sie begeistert ist oder über ihr Spezialinteresse spricht. Dagegen wirkt die Sprache eher schwerfällig, wenn derjenige über das, was er sagen soll, nachdenken muss.
Irritierende Gesprächspausen
    Ein Gespräch mit einer Person mit Asperger-Syndrom kann auch Momente enthalten, in denen der Kontakt scheinbar völlig zusammenbricht. Diese Person ist dann vielleicht tief in ihre Gedanken versunken, um zu entscheiden, was sie sagen soll. Dabei vermeidet sie, dem anderen in die Augen zu schauen, um sich besser konzentrieren zu können. Leider kann diese kurzzeitige Unterbrechung des Gesprächsflusses und des Augenkontakts für den Zuhörer irritierend wirken. Denn dieser erwartet eine sofortige Antwort und ist unsicher, ob er die Person mit Asperger-Syndrom unterbrechenkann, um selbst das Gespräch wieder aufzunehmen.
Ich warte in solchen Augenblicken meist geduldig, weil ich weiß, dass einige Personen mit Asperger-Syndrom ungern unterbrochen werden. Sie müssen dann nämlich mit ihrem Gedankengang wieder von vorn ansetzen.
    Dieselbe Person kann allerdings auch bekannt dafür sein, andere zu unterbrechen oder nicht zu Wort kommen zu lassen.
Gedanken laut aussprechen
    Menschen mit Asperger-Syndrom sprechen ihre Gedanken auch manchmal laut aus und kommentieren ihre eigenen Handlungen, ohne dass dabei ein Zuhörer vorausgesetzt wird. 11 Dies kommt bei allen Kindern vor, doch im Schulalter haben sie meist gelernt, ihre Gedanken für sich zu behalten. Selbstgespräche zu führen, gilt schließlich häufig als ein Zeichen für eine geistige Störung. Kinder mit Asperger-Syndrom hingegen sprechen ihre Gedanken oft noch in einem Alter aus, in dem man erwartet, dass sie sie inter nalisieren. Das stört oft die Aufmerksamkeit der Mitschüler und kann dazu führen, dass sie von anderen Kindern gehänselt werden. Das Kind überhört auch die Anweisungen des Lehrers, wenn es zu sehr mit seinem persönlichen »Gespräch« beschäftigt ist.
    Mögliche Gründe für dieses Verhalten sind, dass es seltener von anderen gebeten wird, ruhig zu sein, dass die seltsame Wirkung seiner Selbstgespräche es nicht stört oder es sich dadurch besser konzentrieren oder selbst beruhigen will.
    Manchmal übt derjenige auch ein mögliches Gespräch für den nächsten Tag ein oder wiederholt ein geführtes Gespräch, um es besser zu verstehen. Wenn die Selbstgespräche andere stören, bitten Sie die Person, eher zu flüstern als zu sprechen. Einige Menschen mit Asperger-Syndrom bewegen beim intensiven Nachdenken auch die Lippen, was die enge Verknüpfung von Gedanken und ausgesprochenen Worten zeigt.
    Hans Asperger schrieb: »Die Sprache wirkt auf den naiven Zuhörer unnatürlich, wie eine Karikatur, zu Spott herausfordernd.« 12 Therapieprogramme zur Förderung der Sprachfähigkeiten sind daher ein wesentlicher Bestandteil von Hilfsangeboten für diese Kinder.
    AUS DEM LEBEN
    Selbstgespräche
    So beschreibt ein Jugendlicher dies folgendermaßen: »Selbstgespräche zu führen, hilft mir dabei, herauszufinden und zu üben, wie ich meine Ideen möglichst gut ausdrücken kann.«
    Und ein anderer erklärte: »Wissen Sie, ich mag es, meine eigene Stimme zu hören, weil ich mich dann nicht einsam fühle. Ich glaube, ich habe auch ein bisschen die Angst, dass ich meine Stimme verliere, wenn ich zu wenig rede. Ich habe erst mit dem Sprechen angefangen, als ich fast fünf Jahre alt war.« 13

Die Kunst der Konversation
    Wenn man einem Kind mit Asperger-Syndrom zuhört, ist man manchmal beeindruckt davon, welch komplexe Sätze es benutzt und über welch ausgeprägtes Vokabular an Fachbegriffen es verfügt. Doch trotz der sprachlichen Fähigkeiten tauchen bestimmte Fehler bei der Gesprächsführung auf.
Monolog statt Dialog
    Die Person hält oft nicht die konventionellen Regeln im Hinblick auf den Beginn, die Aufrechterhaltung und die Beendigung eines Gesprächs ein. Ein solches Gespräch kann etwa durch eine Bemerkung eingeleitet werden, die überhaupt nicht zu der jeweiligen Situation passt

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