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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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und der Sympathie. Die Person gilt dann als schlechter Zuhörer. Bei einer flüchtigen Bekanntschaft ist das nicht so dramatisch. Bei einem Partner, einem engen Verwandten, einem Freund oder Arbeitskollegen kann das aber zum Problem werden.
Die Wahrheit ist wichtiger als mögliche Kränkungen
    Manchmal wird derjenige als taktlos kritisiert, weil er eine Wahrheit ausgesprochenhat, die jemanden kränkt. Normale Kinder passen ihr Gesprächsverhalten dem jeweiligen Gegenüber an. Dabei nehmen sie auf die soziale Hierarchie, die Gedanken und Gefühle des Gesprächspartners Rücksicht. Wegen der mangelnden Theory-of-Mind-Fähigkeiten (siehe Kapitel 5) kann ein Gespräch für Menschen mit Asperger-Syndrom zu einem sozialen »Minenfeld« werden: Das Gegenüber kann sich dabei leicht durch bestimmte Bemerkungen beleidigt fühlen. Dahinter steckt aber meist keine böse Absicht, sondern die Tatsache, dass sie sich der Wahrheit stärker verpflichtet fühlen als den Gefühlen anderer Menschen.
    AUS DEM LEBEN
    Ich finde nicht in den Gesprächsrhythmus
    Temple Grandin beschreibt dies so:
    »In den vergangenen Jahren ist mir immer deutlicher aufgefallen, dass es zwischen den Menschen eine Art von Elektrizität gibt. Ich habe beobachtet, dass, wenn mehrere Menschen zusammen sind und sich amüsieren, ihre Unterhaltungen und ihr Lachen einem bestimmten Rhythmus folgen. Sie lachen gemeinsam, dann folgt ein Abschnitt, in dem ruhig geredet wird, und dann wird wieder gemeinsam gelacht. Mir ist es immer schwergefallen, in diesen Rhythmus hineinzufinden und ich unterbreche oft Gespräche, ohne meinen Fehler zu bemerken. Mein Problem besteht darin, dass ich einfach nicht diesem Rhythmus folgen kann.« 18
    Manchmal ist das Problem nicht, was jemand sagt, sondern wie er es sagt. Es kann der Eindruck entstehen, dass derjenige überkritisch, kurz angebunden oder streitsüchtig ist oder er scheint mit Komplimenten zu sparen und wirkt unhöflich. Auch hier sollte man sich klarmachen, dass meist keine böse Absicht dahintersteckt.
Unverständliche Erlebnisberichte
    Wenn ein Kind mit Asperger-Syndrom gebeten wird, ein Ereignis zu beschreiben, fehlt dem Bericht oft ein klarer Rahmen. 19 Mit etwa sechs Jahren gelingt es einem normalen Kind, Beschreibungen zu geben, die klar strukturiert sind und in denen die wichtigsten Ereignisse und Gedanken logisch aufeinander folgen. 20 Eine Person mit Asperger-Syndrom wird dagegen eine beträchtliche Entwicklungsverzögerung bei solchen Beschreibungen aufweisen. Seinem Bericht fehlt oft ein klarer Anfang und ein klares Ende und dem Zuhörer werden entweder zu viele oder zu wenige Informationen zum Verständnis des Zusammenhangs geboten. Der Person fällt es schwer, auf den Punkt zu kommen oder die Geschehnisse zusammenzufassen. Wenn alle Tatsachen präsentiert werden, fehlt es an der logischen Struktur oder an der Beschreibung der Gedankengänge und Gefühle der Beteiligten.
Die Konversationsfähigkeiten fördern
    Ein Mensch mit Asperger-Syndrom wird Hilfestellungen für die Kunst der Konversation benötigen.
Der soziale Kontext und die Konventionen lassen sich mit Social Storys vermitteln.
Er braucht Gelegenheiten, um Konversationsfähigkeiten zu erlernen und praktisch anzuwenden.
Und es ist wichtig, die Theory-of-Mind-Fähigkeiten durch gezielte Maßnahmen zu fördern.
Gesprächsbezogene Konventionen vermitteln
    Die gleichen Strategien, die schon in Kapitel 3 zur Verbesserung des sozialen Verständnisses beschrieben wurden, können Sie auch zur Förderung der Konversationsfähigkeiten anwenden: Mit Social Storys können der soziale Kontext, Konventionen, Erwartungen, Gedanken und Gefühle aller Gesprächsteilnehmer nachvollzogen werden. Mit den ersten Social Storys sollten Sie fest stellen, über welche Fähigkeiten das Kind bereits verfügt. Weitere Storys sollten dann in einem ausgewogenen Verhältnis mal neue Informationen vermitteln und mal bereits vorhandene Fähigkeiten dokumentieren. Ähnliche Social Storys lassen sich auch für Jugendliche und Erwachsene entwerfen. So hat Carol Gray ein Arbeitsbuch entwickelt, mit dem man lernt, Komplimente zu geben und anzunehmen. 21
    Das Einüben der Konversationsfähigkeiten sollte zunächst in einer kontrollierten und unterstützenden Umgebung erfolgen. Logopäden, Lehrer und Psychologen können dazu in das Trainingsprogramm zur Verbesserung der sozialen Fähigkeiten entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung der Konversationsfähigkeiten aufnehmen. 22
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