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Ein Garten im Winter

Ein Garten im Winter

Titel: Ein Garten im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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sie würde sterben.«
    »Mom war krank? Sie bekommt doch noch nicht mal eine Erkältung!«
    »Ich weiß. Komisch, oder?«
    »Jetzt steht fest, dass ich meinen Plan durchziehe«, verkündete Nina.
    »Welchen Plan denn?«
    »Das erzähl ich dir beim Abendessen. Mom muss es auch mitkriegen. Komm.«
    Ungeduldig sah Nina zu, wie Meredith das Foto in sein Versteck zurückschob und den Mantel wieder aufhängte. Dann gingen sie zusammen nach unten.
    Ihre Mutter saß am Küchentisch. Auf der Anrichte befanden sich unzählige Laibe Brot und ein paar Tüten von einem chinesischen Imbiss.
    Nina brachte das chinesische Essen zum Tisch, verteilte die weißen Kartons rund um die Wodkaflasche und die Schnapsgläser.
    »Könnten wir vielleicht Wein trinken?«, fragte Meredith.
    »Klar«, antwortete Nina abwesend und füllte nur zwei der drei Schnapsgläser.
    »Du wirkst … aufgeregt«, bemerkte ihre Mutter.
    »Wie ein Pekinese, wenn der Postbote kommt«, fügte Meredith hinzu, als ihre Schwester ihr gegenüber Platz nahm.
    »Ich habe eine Überraschung«, verkündete Nina und hob ihr Glas. »Prost.«
    »Was denn?«, wollte Meredith wissen.
    »Zuerst unterhalten wir uns«, sagte Nina, griff nach dem Rindfleisch mit Brokkoli und tat sich etwas davon auf ihren Teller. »Mal sehen: Meine Lieblingsbeschäftigung ist Reisen. Ich liebe Leidenschaft in allen Erscheinungsformen. Und mein Freund möchte, dass ich mich irgendwo niederlasse.«
    Der letzte Satz war für Meredith ein Schock, weil er so persönlich war. Zu ihrer eigenen Überraschung entschied sie sich, genauso persönlich zu werden: »Am liebsten gehe ich schöne Dinge einkaufen. Früher träumte ich davon, eine Kette von Belije-Notschi-Andenkenläden zu gründen, und … mein Mann hat mich verlassen.«
    Mom blickte abrupt auf, sagte aber nichts.
    »Ich weiß nicht, was werden soll«, sagte Meredith schließlich. »Vielleicht kann Liebe … einfach verschwinden.«
    »Nein, kann sie nicht«, erwiderte ihre Mutter.
    »Woher willst du –«
    »Du klammerst dich an sie. Bis deine Hände bluten, und selbst dann lässt du noch nicht los.«
    »Wart ihr beide, Dad und du, deshalb so lange glücklich miteinander?«, fragte Nina.
    Die Mutter griff nach dem Löffel für das Chow Mein. »Genau, das meinte ich.«
    »Du bist dran«, sagte Nina zu ihrer Mom.
    Dafür hätte Meredith sie am liebsten getreten. Endlich einmal redeten sie wirklich miteinander, und da kam Nina direkt auf das Spiel zurück.
    Die Mutter starrte auf ihr Essen. »Meine Lieblingsbeschäftigung ist Kochen. Ich liebe es, ein Feuer in einer kalten Nacht zu spüren. Und …« Sie stockte.
    Meredith ertappte sich, dass sie sich vorneigte.
    »Und … ich habe vor vielem Angst.« Sie fing an zu essen.
    Fassungslos lehnte Meredith sich zurück. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ihre Mutter vor etwas Angst hatte. Und doch hatte sie es gerade gesagt, also musste es stimmen. Am liebsten hätte sie gefragt, wovor sie denn Angst hatte, aber dazu fehlte ihr der Mut.
    »Jetzt ist es Zeit für meine Überraschung«, sagte Nina lächelnd. »Wir reisen nach Alaska.«
    Meredith runzelte die Stirn. »Wer wir ?«
    »Du, ich und Mom.« Nina griff in ihre Tasche und holte drei Tickets hervor. »Auf einem Kreuzfahrtschiff.«
    Meredith verschlug es die Sprache. Sie wusste, sie sollte protestieren, Arbeit vorschützen, vorgeben, die Hunde könnten nicht allein gelassen werden – irgendwas –, aber die Wahrheit war, dass sie wegwollte. Sie wollte weg von der Apfelplantage, vom Büro und dem Gespräch, das sie mit Jeff führen musste. Daisy konnte sich um den Betrieb kümmern.
    Die Mutter sah langsam auf. Ihr Gesicht war so bleich, dass ihre blauen Augen durch ihre Blässe zu brennen schienen. »Du willst mit mir nach Alaska? Wieso?«
    »Das war doch immer dein Traum«, antwortete Nina schlicht. Meredith hätte sie dafür küssen können, auch weil ihre Stimme so sanft klang. »Und du hast das auch gesagt, Mere.«
    »Aber …«, wollte ihre Mom kopfschüttelnd einwenden.
    »Wir brauchen das«, erklärte Nina. »Wir alle. Wir brauchen Zeit miteinander, und ich möchte Mom Alaska zeigen.«
    »Gegen den Rest der Geschichte«, sagte die Mutter.
    Daraufhin trat unbehagliches Schweigen ein.
    »Ja. Wir wollen alles hören … das ganze Märchen, Mom, aber das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Ich hab dein Gesicht gesehen, als du sagtest, du habest immer mal nach Alaska gewollt. Du hast von dieser Reise geträumt . Lass uns

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