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Ein Garten im Winter

Ein Garten im Winter

Titel: Ein Garten im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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gern an die Vorstellung geklammert, dass sie nicht allein mit ihrer Trauer wäre, aber wer würde für sie da sein? Nina? Jeff? Ihre Kinder? Mom?
    Gerade Letzteres war einfach lächerlich. Sie war nie für Meredith da gewesen. Von nun an würden sie beide allein sein, verbunden durch kaum mehr als den dünnen Faden der Liebe eines Toten.
    Knarrend ging die Tür hinter ihr auf. »Mere? Was machst du hier? Es ist eiskalt. Ich habe auf dich gewartet.«
    »Ich wollte allein sein.« Sie merkte, dass er verletzt war, und wollte es zurücknehmen, aber es überstieg ihre Kräfte. »Ich hab’s nicht so gemeint.«
    »Doch, hast du.«
    Sie stand so rasch auf, dass ihr die Decke von den Schultern rutschte und auf das Sofa fiel. Mit einem gezwungenen Lächeln schob sie sich an ihm vorbei und ging ins Haus.
    Im Wohnzimmer setzte sie sich in einen der Klubsessel am Kamin und war froh, dass Jeff Feuer gemacht hatte. Ihr war plötzlich kalt. Sie umklammerte ihr Glas und trank einen großen Schluck. Erst als er zu ihr kam und auf sie niederblickte, fiel ihr auf, dass sie sich aufs Sofa hätte setzen sollen, damit er neben ihr Platz gehabt hätte.
    Er machte sich einen Drink und setzte sich auf den Boden vor dem Kamin. Er wirkte müde. Und enttäuscht. »Ich dachte, du wolltest vielleicht reden.«
    »O Gott, nein.«
    »Wie kann ich dir helfen?«
    »Er stirbt, Jeff. Da, ich habe es ausgesprochen. Wir reden. Jetzt geht’s mir schon viel besser.«
    »Verdammt, Meredith.«
    Sie sah ihn an und wusste, sie war gemein und ungerecht, aber sie konnte nicht anders. Sie wollte einfach nur allein sein, sich in einer dunklen Ecke verkriechen und so tun, als wäre das alles gar nicht wahr. Ihr brach es das Herz. Warum sah er das nicht, warum meinte er, er könnte es irgendwie mit seinen Händen zusammenhalten? »Was willst du von mir, Jeff? Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.«
    Da ging er zu ihr und zog sie vom Sessel hoch. Die Eiswürfel klirrten in ihrem Glas – sie zitterte. Warum war ihr das nicht aufgefallen? Er nahm ihr das Glas aus der Hand und stellte es auf den Beistelltisch.
    »Ich habe heute mit Evan gesprochen.«
    »Ich weiß.«
    »Er hat Angst.«
    »Natürlich hat er Angst. Er …« Sie brachte es einfach nicht noch mal über die Lippen.
    »Er stirbt«, sagte Jeff sanft. »Aber das macht ihm keine Angst. Er hat Angst um dich, Nina, deine Mutter und mich. Er hat Angst, die Familie könnte ohne ihn zerbrechen.«
    »Das ist doch lächerlich«, entgegnete sie, aber ihre unsichere Stimme verriet sie.
    »Ja?«
    Als seine Lippen die ihren berührten, erinnerte sie sich, wie sehr sie ihn geliebt hatte, wie sehr sie sich jetzt danach sehnte, ihn zu lieben. Sie wollte ihre Arme um ihn legen und sich an ihn klammern, aber sie fühlte sich so kalt. Betäubt.
    Er drückte sie so fest an sich wie schon seit Jahren nicht mehr, als würde er zerbrechen, wenn sie ihn losließ, und er küsste sie aufs Ohr und flüsterte: »Halt mich fest.«
    Da zerriss es sie fast. Beinahe wäre sie zusammengebrochen. Sie versuchte, die Arme zu heben, konnte es aber nicht.
    Jeff zog sich zurück und ließ sie los. Dann starrte er sie so lange an, dass sie sich fragte, was er eigentlich sah.
    Einen Moment lang schien er etwas sagen zu wollen, doch schließlich ging er einfach nur aus dem Zimmer.
    Was gab es auch zu sagen?
    Ihr Vater starb. Nichts konnte das ändern. Worte waren Pennys, die fallen gelassen und in Ecken und Bodenspalten gerollt waren. Es lohnte sich nicht, sie aufzuheben.
    Nina hatte schon viel Zeit mit Verwundeten und Sterbenden verbracht, wie ein Zeuge, der im individuellen Schmerz universelles Leid sieht. Auch das konnte sie gut: sowohl vollkommen im Augenblick zu sein und doch distanziert genug, um ihn festzuhalten. So furchtbar es auch oft gewesen war, neben einem provisorischen Krankenlager im Lazarett zu stehen und Menschen mit grauenvollen Verletzungen abzulichten, verblasste dies doch jetzt vor ihrer persönlichen Erfahrung von Leid. An diesem Tag, als ihr Vater aus dem Krankenhaus heimkam, konnte sie keinen Abstand wahren, konnte sie ihren Schmerz nicht wegschieben und in sich verschließen.
    Jetzt stand sie im Schlafzimmer ihrer Eltern an dem großen Fenster, von dem aus man den Wintergarten und die Apfelplantage dahinter sehen konnte. Der Himmel war wolkenlos und leuchtend blau. Eine fahle Wintersonne schien und ließ die oberste mit Eis verkrustete Schicht des gelblichen Schnees schmelzen. Vom Dach tropfte Tauwasser und

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