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Ein Garten im Winter

Ein Garten im Winter

Titel: Ein Garten im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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verdammte Geschichte anhören, die ihre Mutter zu erzählen hatte.
    An der Haustür klopfte sie kurz und trat ein.
    »Mom?«, rief sie und schloss die Tür hinter sich. Sie roch sofort, dass noch kein Kaffee gekocht worden war.
    »Vielen Dank, Nina«, murmelte sie.
    Sie stellte die Kaffeemaschine an und ging nach oben. Am Schlafzimmer ihrer Eltern klopfte sie an der geschlossenen Tür. »Hallo, ihr. Ich bin da. Seid ihr da drinnen?« Da keine Antwort kam, öffnete sie die Tür und sah, dass ihre Eltern aneinander geschmiegt im Bett lagen.
    »Morgen. Ich hab unten die Kaffeemaschine und den Samowar angestellt.« Sie ging zum Fenster und riss die schweren Vorhänge zurück. »Der Arzt hat gesagt, Dad sollte versuchen, etwas zu essen. Wie wäre es mit pochierten Eiern und Toast?«
    Sonnenlicht fiel durch die riesigen Bogenfenster und beschien die honigfarbenen Eichendielen und das geschnitzte osteuropäische Doppelbett, das den Raum beherrschte. Auch in diesem Zimmer gab es kaum Farbflecke. Nur weiße Bettwäsche und dunkles Holz. Selbst der Stuhl und die Ottomane in der Ecke waren mit schneeweißem Damast bezogen. Ihre Mutter war für die Einrichtung verantwortlich, und da sie keine Farben sehen konnte, verwandte sie auch kaum welche. An der Wand hingen nur Ninas bekanntere Fotos in dunklen Walnussholzrahmen, und alle in Schwarzweiß.
    Meredith drehte sich um und sah wieder zu ihren Eltern. Sie lagen in Löffelchenstellung: Dad auf seiner linken Seite mit dem Gesicht zur Kommode und Mom hinter ihm. Sie hatte die Arme um ihn geschlungen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Meredith brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass sie russisch sprach.
    »Mom?«, fragte sie und runzelte die Stirn. Trotz all ihrer russischen Attitüden sprach ihre Mutter zu Hause niemals in ihrer Muttersprache.
    »Ich versuche, ihn zu wärmen. Er ist so kalt.« Sie rieb heftig mit ihren Händen über Arme und Beine ihres Mannes. »So kalt.«
    Auf einmal konnte Meredith sich nicht mehr rühren. Sie hatte gedacht, sie wüsste, was Schmerz ist, doch das war ein Irrtum gewesen: Erst jetzt erfuhr sie es.
    Ihr Vater lag zu still im Bett. Seine Augen waren geschlossen, seine Haare wirr, sein Mund schlaff. Er wirkte so friedlich, als schliefe er noch, doch seine Lippen waren bläulich angelaufen; es war kaum zu sehen, doch sie, die so oft in sein Gesicht geblickt hatte, erkannte, dass der Mensch, den sie so liebte, nicht mehr da war. Seine Haut hatte eine erschreckend graue Farbe angenommen. Nie wieder würde er die Hände nach ihr ausstrecken, sie in seine Arme ziehen und flüstern Ich hab dich lieb, Meredoodle. Bei diesem Gedanken wurden ihr die Knie weich. Nur reine Willenskraft hielt sie auf den Beinen.
    Sie ging zum Bett und berührte seine allzu bleiche Wange.
    Sie war kalt.
    Die Mutter stieß ein Schluchzen aus und rieb ihm heftiger über Schulter und Arm. »Ich hab noch etwas Brot für dich. Wach auf.«
    Meredith hatte ihre Mutter noch nie so verzweifelt gehört. Im Grunde hatte sie noch niemanden derart verzweifelt gehört, doch sie begriff: So hörte es sich an, wenn sich unter einem der Boden auftat und man ins Nichts fiel.
    Woran Meredith nun gar nicht denken wollte, war all das, was sie ihrem Vater noch hätte sagen sollen. Aber da erschien er vor ihr, der Schatten des letzten Abends, und vergiftete ihre Gedanken. Hatte sie ihm gesagt, wie sehr sie ihn liebte?
    Sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, aber sie drängte sie zurück. Wenn sie jetzt nachgäbe, wäre sie verloren. Schmerzhaft überkam sie der hoffnungslose Wunsch, es wäre anders, nur dieses eine Mal könnte sie ein Kind sein, das in den Armen seiner Mutter Zuflucht fände, doch so war es einfach nicht. Also ging sie zum Telefon und wählte die Notrufnummer.
    »Mein Vater ist gestorben«, sagte sie leise in den Hörer. Als sie alle nötigen Informationen geliefert hatte, kehrte sie zum Bett zurück und fasste ihre Mutter an der Schulter. »Er ist gegangen, Mom.«
    Mit wildem Blick sah ihre Mutter zu ihr auf.
    »Er ist so kalt«, sagte sie mit ängstlich klagender, fast kindlicher Stimme. »Sie erfrieren immer …«
    »Mom?«
    Ihre Mutter wich zurück und starrte verständnislos auf ihren Mann. »Wir brauchen den Schlitten.«
    Meredith half ihrer Mutter auf die Beine. »Ich mach dir Tee, Mom. Den trinken wir erst mal, während sie … ihn abholen.«
    »Hast du jemanden gefunden, der ihn abholt? Was kostet das?«
    »Mach dir darüber keine Gedanken, Mom. Komm,

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