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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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und bittere Marmelade. Ich mache sehr gute Spiegeleier, ich – oh, Frau Winfield, verzeihen Sie. Ich sollte nicht so viel schwatzen.» Das Mädchen knickste ungeschickt und eilte aus der Tür. Frau Lindner führte ein strenges Regiment.
    Hetty lauschte in die plötzliche Stille, wenigstens ein Vogel musste doch singen? Sie schob ihren Stuhl zurück und trat an die weit offen stehende Terrassentür, als Birte Besuch meldete. Felix Grootmann trat beinahe zugleich mit dem Mädchen ein. Selbstbewusst und energisch. Wie frischer Wind, der bei ungünstiger Konstellation leicht zum Unwetter wurde.
    «Danke, Birte, ich kenne mich doch aus, und Mrs. Winfield kennt mich, sie ist meine Cousine. Kein Grund, steifes Brimborium zu machen, oder, Hetty? Du meine Güte, ich vergesse immer wieder, dass du nicht mehr die Kleine bist, sondern eine respektable Lady.» Er verbeugte sich, tief genug, es als Farce erscheinen zu lassen, und zeigte eine demütig zerknirschte Miene. «Verzeih auch den frühen Überfall, du musst noch sehr müde sein, von der langen Überfahrt, von dem schweren Tag gestern.» Seine Worte immerhin klangen nun ernst, sein Blick war sanft prüfend. «Ich dachte nur, dein Gepäck sollte so rasch als möglich gebracht werden, da habe ich es selbst übernommen. Der Zahlmeister der Fähre hat es wie versprochen im Gepäckraum der Landungsbrücken deponiert. Highburys Einfluss ist größer als der eines Senators. Zweifellos zahlt er besser. Pardon, kein Thema für eine Dame, ich weiß.»
    Da endlich lächelte Hetty. Sie dachte gern an den kuriosen Mr. Highbury. Als er vorschlug, mit ihm schon bei Teufelsbrück das Schiff zu verlassen, hatte sie sofort zugestimmt. Er hatte gelacht, es sei nur ein Scherz gewesen, eine Dame, nicht einmal eine so junge, könne keinesfalls … Aber sie hatte darauf beharrt. Endlich hatte er amüsiert nachgegeben.
    «Wie drollig», sagte sie, immer noch heiter, «gerade hat sich das Mädchen der Schwatzhaftigkeit bezichtigt, und nun du, Felix? Es muss an mir liegen. Was sagst du zu einer Tasse Tee?»
    Felix erschien ihr wie ein rettender Engel, extra geschickt, um die Stille zu durchbrechen. Sie würde jetzt nicht erlauben, dass er von ihrem Kummer sprach, von ihrem Verlust, von der Trauer. Das durfte er nicht, denn dann würde sie weinen, und die gute Gesellschaft gerann zum steifen Kondolenzbesuch.
    «Eine Tasse Tee? Fabelhaft.» Eine helle Frauenstimme kam Felix’ Antwort zuvor. «Gerade richtig. Aber bitte nur Darjeeling.»
    Emma Grootmann stand in der Tür des Frühstückszimmers, ihr Kleid, eine nur vermeintlich schlichte Kreation in Weiß und Blassblau, passte zu ihrem blonden Haar und den hellen Augen. Die Kühle ihrer Erscheinung wurde allerdings von einem frechen Strohhütchen durchbrochen. « Good morning , Cousine aus England», fuhr Emma schon fort. «Hat mein lieber Bruder vergessen zu erwähnen, dass ich in seiner Kutsche dein Gepäck bewache? Er wollte den Hausknecht herausschicken, und gerade fiel mir ein, dass der bescheidene Onkel Sophus keinen hatte. Nur seinen fuchsäugigen Diener, und von dem hört man, er sei über alle Berge. Du brauchst übrigens neue Koffer, meine Liebe, deine sind jämmerlich. Sind es noch dieselben, mit denen du damals ins Internat gereist bist? Oder abgelegte von Thomas? Ich weiß, ihr Engländerinnen seid exzentrisch, aber so weit bist du hoffentlich noch Hanseatin. Jeder scheint zu wissen, dass wir verwandt sind, da wirst du uns doch nicht kompromittieren?»
    Felix lachte schallend. Birte stand mit einer Kanne frischen Tees in der Diele und lauschte. Reiche Leute waren vornehm und die vom Land Tölpel? Manche Herrschaften hatten keine Manieren oder kein Herz. Ein solches Lachen in einem Trauerhaus, am Tag nach der Beerdigung des guten Herrn Mommsen, war schamlos.
    * * *
    «Dieses matte Grün steht dir fabelhaft, Hetty. Ich sähe darin aus wie in vergorener Milch gebadet. Oder wie eine Wasserleiche.»
    Emma hatte die gelangweilte Kühle des vorigen Tages abgelegt. Ihre Augen musterten die plötzlich aufgetauchte Cousine so wachsam wie schmeichelnd. Hetty kannte sie zu wenig, um über diesen Wechsel erstaunt zu sein.
    «Es ist eine Schande, dass du so etwas nun lange Zeit nur im Haus tragen darfst und wenn kein Besuch kommt», plauderte Emma weiter. «Diese dummen schwarzen Trauerkleider. Vielleicht hast du Glück, und Onkel Sophus hat in seinem Testament verfügt, er verbiete dir und überhaupt allen diese Friedhofskleidung. Es würde zu

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