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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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ihm passen, findest du nicht? Er konnte Trauerklöße und Miesmacher nicht ausstehen, Langweiler schon gar nicht, er …»
    «Hör auf, Emma.» Felix’ Ton verriet echten Ärger. «Das ist nicht lustig. Du bist frivol, und das steht dir nicht. Im Übrigen hättest du dich selbst zu einer dunkleren Farbe durchringen können.»
    Leider stand eine Prise Frivolität oder Respektlosigkeit seiner jüngsten Schwester ausgezeichnet, das wussten beide. Dennoch – er hatte recht.
    «Ich war lange nicht hier», überlegte sie, von der brüderlichen Zurechtweisung völlig unberührt. «Seit Jahren nicht, oder, Felix?»
    Er hatte wie Hetty nur eine Tasse Tee vor sich, während Emma mit großem Appetit Toast und Konfitüre zusprach.
    «Das darfst du mich nicht fragen. Wahrscheinlich ist es so, wir waren alle selten hier. Jedenfalls als Kinder. Die Mommsens», er schenkte Hetty ein weiches Lächeln, «kamen für gewöhnlich zu uns an die Alster. Ich denke, Onkel Sophus hatte immer ganz gern seine Ruhe. Jedenfalls – später.» Den Tod ihrer Mutter als Zäsur im Familienkontakt ließ er unerwähnt.
    «Das muss einsam für dich gewesen sein», wandte Emma sich an Hetty, «ganz ohne Geschwister und Nachbarskinder? Warst du in einer Schule?»
    «Die meisten Jahre hatte ich Privatunterricht. Bevor ich nach England ins Pensionat kam, habe ich zwei Jahre die Mädchenschule der Damen Zwillich in Altona besucht. Das war», Hetty suchte nach dem passenden Wort, «ganz gemütlich.» Sie nippte an ihrem Tee, stellte behutsam die Tasse zurück und fuhr fort, als Felix und Emma sie immer noch erwartungsvoll ansahen: «Es kam mir auch vorher nicht einsam vor. Es gab ein paar Nachbarskinder, besonders im Sommerhalbjahr, wenn alle Villen bewohnt sind. Felix, du sagtest gerade, ihr wäret als Kinder selten hier gewesen. Warst du später bei Papa? In den letzten Jahren?»
    «Hin und wieder. Unser Vater häufiger als ich, besonders in den letzten Jahren.»
    «Ach ja?» Emma tröpfelte dunklen Tannenhonig auf ihren Toast, es schien ihre Aufmerksamkeit stark zu fordern. «Mir ist das entgangen.»
    «Kein Wunder», spottete Felix, «du bist selbst ständig unterwegs. Meistens hat Papa sich auf den Weg hierher gemacht, nicht umgekehrt.» Als Emma zur nächsten Frage ansetzte, kam Felix ihr rasch zuvor. «Hetty», sagte er ernst und legte seine Hand auf ihre, «es ist selbstverständlich, ich möchte es trotzdem aussprechen, im Namen der ganzen Familie. Deiner Familie. Wenn du Hilfe brauchst, egal, wann und welcher Art – wir sind immer für dich da. Natürlich hast du Thomas an deiner Seite, aber er wird sich mit den Gepflogenheiten in Deutschland nicht sehr gut auskennen, besonders mit den rechtlichen. Du empfindest das hoffentlich nicht als aufdringlich oder pietätlos, aber du wirst dich sehr bald um Sophus’ Nachlass kümmern müssen, um dein Erbe. So etwas bringt immer juristische Fragen mit sich. Oft genug auch unangenehme Überraschungen.»
    «Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, Felix. Diese Tage sind so unwirklich.» Ihre Stimme drohte, dünn zu werden, sie atmete tief ein und fuhr fest fort: «Von diesen Dingen verstehe ich in der Tat gar nichts, Hilfe nehme ich gerne an. Ich meine wir, Thomas und ich. Was könnten das für Überraschungen sein? Papa hatte außer mir keine Verwandten mehr.»
    «Ich denke an nichts Konkretes, Hetty, nur ganz allgemein. Sieh es einmal so: Eine behütete junge Frau, die zudem lange im Ausland gelebt hat, wird plötzlich mit der Regelung eines Nachlasses konfrontiert, der nicht gerade dem der Rothschilds oder Rockefellers entspricht, aber zweifellos einigen Wert hat. Da tauchen gern ominöse Ansprüche auf, von denen vorher niemand etwas wusste, über die es kein sonstiges Dokument gibt. Treu und Glauben sind ein feines Prinzip, aber heutzutage – jedenfalls solltest du alles juristisch prüfen lassen. Verzeih, wenn ich das so sage, ich halte dich gewiss nicht für dumm. Aber woher solltest du dich in diesen Dingen auskennen?»
    Ein kleines klirrendes Lachen ließ Hetty und Felix sich Emma zuwenden. Sie hatte sich – vom Thema offenbar gelangweilt – erhoben und das Gemälde einer idyllischen italienischen Landschaft betrachtet, das in indirektem, doch gutem Licht über der Anrichte hing.
    «Pass bloß auf, Hetty», sagte sie, immer noch Amüsement in der Stimme. «Der Name Rockefeller sollte dir eine Warnung sein, von dem weiß sogar ich, dass er keinesfalls für ehrbar erworbenen Reichtum steht,

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