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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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gegründet, dem sich alle Bekenner des Neuen Glaubens zu unterwerfen haben. Stimmt das soweit?«
    »Das stimmt«, bestätigte Baithen.
    »Sollte also Abt Ultán beginnen, seine Einwände zu verkünden, muß ihm vor der versammelten Festgemeinde erklärt werden, daß seine persönlichen Auffassungen, gleich wer immer sie teile, in unserem Land keine Gesetzeskraft haben. Er muß seine Protestation unterlassen, bis eine Synode, die dazu befugt ist, eine für alle Glaubensbrüder und -schwestern verbindliche Festlegung beschließt. Nur wenn eine solche geistliche Regel Aufnahme in unser Gesetzeswerk findet, kann ein vor Gericht gültiger Einwand erhoben werden.«
    Brehon Baithen lächelte zufrieden. »Das beschreibt mustergültig unsere Situation«, lobte er.
    Colgú blickte seine Schwester auffordernd an. »Bist du damit einverstanden, daß wir so verfahren?«
    »Was anderes bleibt uns nicht übrig«, stimmte Fidelma widerstrebendzu. »Mir wäre allerdings lieber, wir könnten Abt Ultán von seinen Vorhaltungen abbringen, jedoch …« Sie hob unschlüssig die Schultern.
    »Vielleicht …«, begann Eadulf, sprach aber nicht weiter.
    »Vielleicht?« drängte ihn Colgú.
    »Ich überlege, ob wir Abt Ultán mitteilen könnten, zu welcher Schlußfolgerung wir eben gekommen sind, noch ehe die Feierlichkeiten anfangen. Vielleicht läßt er sich umstimmen und wird wenigstens morgen Ruhe bewahren.«
    »Ein guter Vorschlag, wirklich!« rief der König. »Das kann auf keinen Fall schaden.« Er blickte sich um und sah Abt Ségdae an. »Wer sollte mit ihm reden? Du, als ranghoher Kirchenmann …?«
    Der Abt schüttelte sofort entschieden den Kopf. »Ich nicht. Nach unserem Disput in Imleach betrachtet mich Ultán als seinen Hauptwidersacher. Ich fürchte, er würde mir nicht einmal zuhören.«
    »Ratgeber in Gesetzeskunde und Verfahrensfragen bin ich«, meldete sich Brehon Baithen. »Ich werde ihn in seinem Gemach aufsuchen und mit diesem übereifrigen Prälaten aus dem Norden reden. Es wäre sicher gut, wenn der Hauptmann der Leibwache mich begleitet; denn er könnte für Ruhe und Ordnung sorgen, falls unser Freund aus dem Nordland zu heftig aufbraust bei seinem Protest.«
    Caol grinste breit und bekundete sein Einverständnis.
    »Damit sind wir uns also einig, daß wir es so halten wollen«, faßte Colgú zusammen und schaute in die Runde. Man murmelte Zustimmung, und der König lehnte sich entspannt zurück. »Bleib noch einen Moment, Fidelma, und du auch, Eadulf.«
    Er wartete, bis Abt Ségdae, Brehon Baithen und Caol hinausgegangen waren, stand dann auf und füllte drei Becher mitWein, reichte einen seiner Schwester, den anderen Eadulf und nahm selber den dritten.
    »Auf einen friedvoll verlaufenden Tag morgen«, lautete sein Trinkspruch. Sie prosteten sich zu und tranken pflichtschuldig.
    Nach einer kleinen Pause nahm Eadulf das Wort. »Selbst wenn wir Abt Ultán beiseite lassen, morgen wird es alles andere als ruhig und friedvoll zugehen. Bedenkt, welche hochmögenden Besucher nach Cashel geströmt sind, und dann das Fest, das uns in der Stadt bereitet wird. Alles nur, weil wir unser Ehegelöbnis noch einmal bekräftigen sollen. Dabei sind wir doch schon ein ganzes Jahr verheiratet.«
    Colgú lachte herzlich. »Gewiß, ihr habt als
ben charrthach
und
fer comtha
ein Jahr lang und einen Tag zusammengelebt, doch nun steht die bedeutsame Zeremonie bevor, mit der meine Schwester dir als deine wahre
cétmuintir
angetraut wird.«
    »Ein so aufwendiges Gepränge hatte ich nicht erwartet; selbst der Hochkönig und sein Oberster Richter sind anwesend, gar nicht zu reden von den Stammesfürsten, den Adligen und den Gesandten aus allen anderen Landesteilen«, erwiderte Eadulf.
    Fidelma war den ganzen Abend über auffallend schweigsam gewesen, jetzt wurde sie lebhaft. »Mein Bruder wird dir schildern, warum das so sein muß«, beruhigte sie ihn.
    Colgú lächelte und schaute Eadulf an. »Verzeih. Mitunter vergesse ich, daß du noch nicht alles über unsere Familie und unser Königreich wissen kannst. Die Anwesenheit des Hochkönigs und der anderen Edlen erklärt sich aus dem Respekt, den sie unserer Familie, den Eoghanacht, bezeugen. Als unsere Vorfahren erstmals auf dieser Insel landeten, das ist so lange her, daß es im Abgrund der Zeit verschüttet ist, da warenzwei große Krieger ihre Anführer. Die hießen Eibhear Fionn und Eremon. Sie waren Brüder, die Söhne von Golamh, dem Ahnherrn unseres Volks, der während der Fahrt über das

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