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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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große Meer verstarb. Sie kämpften gegen die alten Götter und Göttinnen, die hier beheimatet waren, und trieben sie unter die Erde, in die
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die Berge. Eremon sollte über die Nordhälfte der Insel herrschen, während Eibhear Fionn den südlichen Teil erhielt. Von Eibhear Fionn stammen die Eoghanacht ab, unsere Familie, von Eremon hingegen leiten sich die Uí Néill her. Das ist der Sippenverband des gegenwärtigen Hochkönigs Sechnassach. Unseren beiden Familien – den Nachkommen Eremons und Eibhear Fionns – steht es zu, sich um das Amt des Hochkönigs zu bewerben. Wir besingen die Taten von vierundzwanzig Helden der Eoghanacht, die auf dem Thron des Hochkönigs saßen, bis hin zu den Tagen des Duach Donn Dalta Deagha, dem letzten unserer Sippe, der diesen obersten Rang innehatte. Dazu kommt, daß das Königreich Muman das größte auf unserer Insel ist und daß sein König selbst dem Hochkönig ebenbürtig ist. Dem huldigen wir zwar, doch das gilt eigentlich mehr dem Begriff der Oberhoheit, die er verkörpert. Es geschieht also aus Ehrerbietung vor unserer langen Ahnenreihe und unserer Teilhabe an der Tradition des Königtums und auch wegen unserer gegenwärtigen Stärke im Land, daß der Hochkönig die Hochzeit meiner Schwester zum Anlaß nimmt, uns zu besuchen. Eben deshalb sind auch die anderen Könige und Edelleute gekommen und machen in Cashel ihre Aufwartung.« Er schwieg. Dann glitt ein schelmisches Grinsen über seine Züge, an dem man seine Verwandtschaft mit Fidelma merkte, denn Eadulf hatte diese Art zu lächeln oft genug bei ihr gesehen. »Erwähnen sollte ich aber auch, daß sie ebenso aus Hochachtung vor meiner Schwester kommen, deren Rufals
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als Anwältin an unseren Gerichtshöfen, sich in allen fünf Königreichen verbreitet hat.«
    Fidelma wollte das Lob nicht nur für sich gelten lassen. »Dieser Ruf ist untrennbar mit Eadulf verbunden, ohne den so manches Rätsel ungelöst geblieben wäre«, fügte sie rasch hinzu.
    »Wie das …?« Colgú schien verwundert, spürte aber sogleich, daß sein Ausruf beleidigend sein konnte. »Natürlich, natürlich. Es ist schade, daß niemand von deinen angelsächsischen Verwandten zugegen sein wird. Doch ich habe erfahren, daß einige deiner Landsleute, verbannte Glaubensbrüder, in unserem Königreich Zuflucht suchen wollen, und die werden dabei sein. Cerball, unser Barde, hat dich ausgefragt, damit er ein
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dichten kann, ein Preislied auf deine edle Abstammung. Zu einer richtigen Hochzeit gehört, daß vor allen Anwesenden die Geschlechterfolge beider Partner feierlich vorgetragen wird.«
    Darauf erwiderte Eadulf nichts. Er konnte lediglich auf drei oder vier Generationen seiner Vorfahren zurückblicken. Das war nichts im Vergleich mit den Eoghanacht, die sich einer Abfolge von neunundfünfzig Generationen rühmten und einen lückenlosen Stammbaum von Eibhear Fionn, dem Sohn des Golambh, bis hin zu Colgú aufwiesen. Ein erblicher
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oder Friedensrichter war schwerlich einer Prinzessin aus dem Geschlecht der Eoghanacht ebenbürtig, da mochte sich Bruder Conchobhar noch soviel Mühe geben. Nicht zum ersten Mal fühlte sich Eadulf unsicher in seiner Rolle, er blieb eben ein Fremdling in einem fremden Land.
    Colgú fühlte die Spannung, die entstanden war und Fidelma und Eadulf verstummen ließ.
    »Wie geht es dem kleinen Alchú?« fragte er und gab dem Gespräch eine andere Wendung.
    »Deinem Neffen geht es gut«, antworte Fidelma fröhlich. »Muirgen, unsere Amme, ist ein wahrer Schatz. Ich habe nicht die geringste Sorge, unser Kind bei ihr und ihrem Mann Nessán zu lassen, wenn meine Pflichten als Anwältin es mit sich bringen, einige Zeit unterwegs zu sein.«
    »Er wächst schnell heran«, bemerkte Colgú. »Du hast einen prächtigen Sohn, Eadulf.«
    »Ja, er entwickelt sich prächtig«, bestätigte Eadulf leise.
    »Für morgen ist also alles bereit?« fragte Fidelmas Bruder forsch.
    »Soweit es uns betrifft, ja. Du mußt Nachsicht üben, wenn wir dem morgigen Tag nicht so ganz ohne Hangen und Bangen entgegensehen«, meinte Fidelma. »Wie Eadulf schon gesagt hat, findet sich zu unserer Trauung eine sehr illustre Gesellschaft ein. Das macht uns beide ein bißchen nervös.«
    Colgú spürte, daß sie eine Entschuldigung suchte für Eadulfs Zurückhaltung. Er fragte sich im stillen, ob etwas nicht in Ordnung sei zwischen den beiden. Doch wie sollte er dahinterkommen? Konnte er Eadulf bitten, sie allein zu lassen, und seine

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