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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schwester unverblümt befragen? Während er noch zögerte, erhob sich Fidelma und stellte ihren Becher auf einem Beitischchen ab.
    »Bruder, verzeih. Aber es wird spät, und wir haben Abt Laisran versprochen, ihn noch aufzusuchen, bevor wir uns für unser Fest morgen rüsten.«
    »Natürlich, geht nur«, willigte Colgú widerstrebend ein. »Hoffen wir, daß es Brehon Baithen inzwischen gelungen ist, Abt Ultán zu überzeugen, sich vernünftig zu verhalten und seinen Protest hintanzustellen.«
     
    Den Besuch bei Abt Laisran hatten sie wirklich vorher vereinbart. Laisran war ein entfernter Vetter, gehörte zur Sippe derEoghanacht. Er war Abt des Klosters Durrow, einer großen Stätte der Gelehrsamkeit – Darú hieß es auf Irisch, die Abtei unter den Eichen. Laisran hatte Fidelma seinerzeit nahegelegt, ins Kloster St. Brigid bei Cill Dara, einem gemischten Haus, als Glaubensschwester einzutreten, nachdem sie an der Rechtsschule des Brehon Morann ihren Grad als Anwältin erworben hatte. Seit ihren Kinderjahren hatte der ältere Abt ihr zur Seite gestanden und sie gelenkt. Ihr Vater, Fáilbe Flann, der König von Muman, war in dem Jahr ihrer Geburt gestorben, und so hatte Laisran an seiner Statt die Vaterstelle übernommen.
    Der Abt erwartete sie in seinem Gemach. Er saß vor dem Kamin und nippte an einem Becher Glühwein. So sah ihn Fidelma stets vor sich, wenn sie an ihn dachte. Laisran erhob sich mühsam, als sie den Raum betraten, nachdem er auf ihr Klopfen geantwortet hatte. Er war ein kurzgeratener, rundlicher Mann mit gerötetem Gesicht. Auf seinen Zügen lag ständig der Abglanz einer inneren Fröhlichkeit. Ihm war ein ausgeprägter Sinn für Humor zu eigen und ein Gefühl, daß die Welt zur Freude aller, die darin lebten, geschaffen sei. Wenn er lächelte, war das nicht nur ein halbherziges Öffnen der Lippen, sondern ein Aufwallen aus der Tiefe seines Wesens, heiter, ansteckend und ermutigend. Und wenn er lachte, war es, als ob die Erde mitbebte.
    »Fidelma! Eadulf! Seid mir beide willkommen. Geht es euch gut? Ihr habt darum gebeten, mich zu sprechen, bevor die bedeutsamen Ereignisse morgen ihren Lauf nehmen.«
    Fidelma setzte sich in einen Armsessel vor dem Kamin, und Eadulf zog sich einen Stuhl heran, den er neben sie stellte. Laisran hatte sich derweil wieder auf seinem Sitz niedergelassen und bot ihnen Wein aus einem Krug an, der neben der Torfglut stand. Zu seiner Verwunderung lehnten sie dankend ab, so daß er nur seinen Becher füllte.
    »Ist dir Abt Ultán bekannt?« fragte Fidelma ohne weitere Umschweife.
    »Ultán von den Uí Thuirtrí?« Laisran räusperte sich abschätzig. »Ich bin ihm ein paarmal auf den Synoden begegnet. Er strebt danach, eine Führungsrolle bei der Verkündung des Neuen Glaubens einzunehmen – leider geht ihm jeglicher Sinn für Humor ab, doch ohne Humor kann man kein wahrer Heiliger sein. Ich habe sonderbare Geschichten über sein Leben gehört, bevor er ins Kloster eintrat. Aber ich werde mich hüten, Gerüchte zu verbreiten.«
    »Er ist nach Cashel gekommen, um gegen meine Heirat Einspruch zu erheben.«
    Abt Laisran schien sich darüber nicht zu wundern. »Das sieht ihm ähnlich. Er hält sich für einen großen Reformator unserer Kirchen hier in den fünf Königreichen. Er hat sich zu einem der Wortführer für die Einführung der römischen Regeln gemausert, der Pönitenzvorschriften. Er predigt sogar, daß wir unsere eigenständigen Gesetze und Rechtsansichten aufgeben sollen. Wenn es nach ihm ginge, müßte Ard Macha als die Mutterkirche in den fünf Königreichen anerkannt werden. Vor allem ist er überzeugt, daß die Glaubensbrüder und -schwestern voneinander getrennt im Zölibat leben sollen und daß sie Wein und andere berauschende Getränke zu meiden haben. Von den Ostkirchen hat er die seltsame Idee der Selbstkasteiung mit dem
flagellum
übernommen, um unreine Gedanken zu unterdrücken. Anstatt Freude und Frohsinn zu predigen, will er die Welt zu einem traurigen, öden Platz verkommen lassen.«
    Eadulf konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als Abt Laisran diesen Mann so lebhaft beschrieb. »Mir scheint, du kennst ihn ziemlich genau.«
    Abt Laisran nickte bedächtig. »Ich werde mir alle Mühegeben, ihm aus dem Wege zu gehen, solange er hier in Cashel ist. Sicher wäre er mit mir und meinen Ansichten nicht einverstanden.« Er hielt inne und schaute Fidelma nachdenklich an. »Du bist doch hoffentlich nicht besorgt wegen Ultán? Die Argumente für das

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