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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mal, Abt Ultáns Ansichten sind dir nicht unbekannt. Er ist einer der Reformer, der unter den Bruderschaften für das Zölibat eintritt. Er ließ alle Mitglieder seiner Abtei unter Eid schwören, daß sie jegliche Gesellschaft des anderen Geschlechts meiden. Cill Ria war einst ein gemischtes Haus, ein
conhospitae
. Er teilte das Kloster in zwei getrennte Gemeinschaften auf. Offensichtlich war Senach an Abt Ultán mit der Bitte herangetreten, von seinem Gelöbnis entbunden zu werden und zu einem
conhospitae
wechseln zu dürfen, das nicht an den Regeln des Zölibats festhielt. Ultán lehnte das schlichtweg ab. Er ging sogar noch weiter und ließ Senach in seine Zelle einsperren. Als Searc erschien, um nach dem Burschen zu schauen, ließ er sie von Mönchen mit Birkenruten vom Gelände treiben.«
    »Eine solche Handlungsweise widerspricht dem Gesetz«, empörte sich Fidelma. »Niemand darf ungestraft einer Frau körperlich Schaden zufügen.«
    »Abt Ultán verschanzte sich hinter den Pönitenzvorschriften aus Rom. Es war nicht das erste Mal, daß er seinen Anhängern befahl, eine Nonne auszupeitschen, die angeblichgegen die Regeln des Glaubens, zumindest so, wie er sie sah, verstoßen hatte. Es soll auch Fälle gegeben haben, wo die Frauen die Tortur nicht überstanden.«
    Fidelma verzog entrüstet das Gesicht. »Wenn das stimmt, wie konnte sich dieser Mann unter seinen Mitbrüdern halten? Wie konnte er Abgesandter des Comarb des heiligen Patrick werden?«
    »Er hat Freunde auf hochrangigen Posten. In mancher Hinsicht hat ein Freund mehr Macht als eine ganze Armee. Man hat ihn geschützt.«
    »Müssen wir unsere Rechtsprechung widerstandslos den Ideen aus Rom unterordnen?« fragte Aíbnat murrend.
    »Was im einzelnen geschah, wissen wir nicht«, fuhr Muirchertach fort, ohne auf den Einwurf seiner Frau einzugehen. »Man erzählt sich, Abt Ultán habe Senach gegen seinen Willen auf ein Wallfahrerschiff schaffen lassen, das nach Abt Rónáns Kloster in Mazerolles in Gallien auslief. Das Schiff hat Gallien nie erreicht; angeblich haben es fränkische Piraten überfallen, und alle Mann an Bord sind umgekommen. Davon hörte Searc, glaubte die Geschichte und …« Fragend blickte er zu Aíbnat.
    »Meine Schwester brachte sich um«, beendete sie den Satz, und er ergänzte: »In ihrer Verzweiflung stürzte sie sich von einer Klippe.«
    »Wenn der Selbstmord auf Abt Ultán zurückzuführen ist, warum habt ihr euch nicht mit Hilfe des Gesetzes zur Wehr gesetzt?« versuchte Fidelma die Sache logisch anzugehen. »Euer Brehon hätte euch doch gewiß mit Rat und Tat zur Seite gestanden.«
    Aíbnat lachte rauh auf. »Wie soll unsereins jemanden mit Hilfe des Gesetzes zur Verantwortung ziehen, wenn es außer uns niemand respektiert? Ultán hat pausenlos über die GesetzeGottes geschwafelt und aus merkwürdigen Texten zitiert, von denen wir keine Ahnung hatten.«
    »Aber Sühnegeld habt ihr doch von Abt Ultán gefordert?«
    »Es ist so, wie wir gesagt haben. Mein Abgesandter und mein Brehon haben die entsprechenden Anträge gestellt, aber Abt Ultán hat sich hinter den Pönitenzvorschriften verschanzt. Wir haben auch Protest beim Comarb des heiligen Patrick eingelegt, dem Abt und Bischof von Armagh. Aber der hat nichts unternommen, denn er unterstützt ebenfalls die Vorstellungen, die Abt Ultán propagiert.«
    Fidelma schwieg eine Weile und kehrte dann schließlich zum eigentlichen Thema zurück. »Vergangene Nacht bist du also zu Abt Ultán gegangen, in der Absicht, ihn zu töten.«
    Muirchertach zuckte vielsagend mit den Schultern.
    »Ich glaube schon, ich habe es tun wollen. Als ich mitbekommen hatte, daß Abt Ultán auch hier war, begab ich mich aufgebracht in sein Gemach. Ich war entschlossen, ihn für das, was er angerichtet hatte, büßen zu lassen. Er hatte das Leben zweier junger Menschen auf dem Gewissen.«
    Nachdenklich schaute Fidelma zu Aíbnat. »Wußtest du, was dein Mann vorhatte, als er vergangene Nacht euer Zimmer hier verließ?«
    »Für mein Tun und Lassen ist Aíbnat nicht verantwortlich«, beeilte sich Muirchertach zu sagen.
    Fidelma ging darüber hinweg.
    »Wußtest du, daß dein Mann zu Ultán gehen wollte, daß er aufgebracht war und Vergeltung suchte für den Tod deiner Schwester?« wiederholte sie ihre Fragestellung.
    Muirchertachs Frau erwiderte Fidelmas forschenden Blick mit der alten Feindseligkeit. »Mein Mann ist König von Connacht. Er hätte von Anfang an gewaltsam gegen die Uí Thuirtrívorgehen und Abt

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