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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auch erklärt, warum Muirchertach Abt Ultán für den Tod des Mädchens verantwortlich machte?« forschte sie weiter.
    »Augaire, der ja in Muirchertachs Namen sprach, führte im einzelnen aus, der König von Connacht sei der Ansicht, AbtUltán trage die Schuld an der Trennung von Bruder Senach und diesem Mädchen, was zu Senachs Tod und als Folge zu Searcs Selbstmord geführt habe. Er verlangte Wiedergutmachung. Abt Ultán lehnte es natürlich ab, der Sache überhaupt weitere Beachtung zu schenken.«
    »Mit welcher Begründung lehnte es der Abt ab, auf den Schlichtungsvorschlag eines Brehon einzugehen?«
    Im ersten Moment reagierte Bruder Drón verärgert, erklärte dann aber lächelnd und von oben herab: »Das Kloster Cill Ria hält sich an die Vorschriften, die uns aus Rom, der Hauptkirche des Christentums, vorgegeben sind. Für uns gelten die Pönitenzgesetze, die euch gewiß bekannt sind, als das Bußregelwerk, das der Erzbischof von Ard Macha gesegnet und für richtig befunden hat.«
    »Und diese Bußvorschriften ließen es nicht zu, daß Senach und Searc ein gemeinsames Leben führten?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Was heißt ›selbstverständlich nicht‹? Rom verbietet nicht die Ehe von frommen Brüdern und Schwestern.«
    »Wäre Bischof Ultán noch am Leben, würde er dich die Wahrheit lehren«, gab Bruder Drón scharf zurück.
    »Zweifelsohne hätte er versucht, seine Ansichten darzulegen«, meinte Fidelma ruhig. »Nur werden seine Ansichten nicht von allen geteilt. Wie war das eigentlich mit den beiden, hat Senach die Gefühle, die Searc ihm entgegenbrachte, erwidert oder nicht?«
    Zögernd fuhr sich Bruder Drón mit der Zunge über die Lippen. Lächelnd half Fidelma nach, ehe er antworten konnte.
    »Er hat sie also erwidert.«
    Aufgebracht sprudelte Bruder Drón los: »Er hatte einen Eid abgelegt, die Regeln der Gemeinschaft von Cill Ria zubefolgen. Die Frau war eine Sirene, die ihm den Kopf verwirrte und ihn verführte, ihn vom rechten Weg abbrachte.«
    »Stimmt es, daß er darum gebeten hat, von seinem Gelübde entbunden zu werden?«
    »Hat man erst mal ein Gelübde abgelegt, ist es nicht mehr möglich, ihm abzuschwören.«
    »Nicht mehr möglich? Von mündlich gegebenen Versprechungen kann man sich je nach Lage der Dinge wieder lösen, sie sind nicht starre Ketten oder Fesseln. Viele haben darum gebeten, von Schwüren entbunden zu werden, die sie einst geleistet hatten. Ein aus freien Stücken abgelegtes Gelübde kann im beiderseitigen Einverständnis durchaus rückgängig gemacht werden.«
    »Abt Ultán hat sein Einverständnis dazu aber nicht gegeben, denn man kann nicht geloben, Gott zu dienen, und dann dieses Versprechen brechen.«
    »So wie ich die Sache sehe, hat Senach sein Versprechen nicht gebrochen, sondern darum gebeten, es wieder zurücknehmen zu dürfen. Abt Ultán hat seine Bitte gar nicht erst in Betracht gezogen und ihn auf ein Schiff verfrachtet, wo er dann getötet wurde.«
    »Es geschah nur zum Besten des Jungen.«
    »Schwer, das Beste darin zu sehen, wenn es mit dem Tod des Jungen und des Mädchens endete.«
    »Das war Gottes Wille. Es war eindeutig Gottes Strafe für beide.«
    Angewidert sah Fidelma ihn an. »Es gibt einem zu denken, für wie viele Dinge Gott herhalten muß«, bemerkte sie.
    »Eine Sache ist mir unklar«, ließ sich Eadulf vernehmen. »Wenn Muirchertach Abt Ultán über einen Brehon zu einer Sühne-Schlichtung vor Gericht aufforderte, konnte der sich dem nach Lage des Gesetzes doch nicht einfach verweigern,selbst wenn in der von ihm geführten Abtei die Pönitenzgesetze galten?«
    »Ich habe vorhin schon gesagt, er hatte diesbezüglich die volle Unterstützung des Erzbischofs.«
    »Der König von Ulaidh weiß doch aber sehr wohl, daß in allen fünf Königreichen die Gesetzgebung des Fénechus gilt und daß nach den Vorschriften des Bußregelwerks nur innerhalb der Mauern einiger Klöster, die sie sich zu eigen gemacht haben, verfahren wird. Der König hatte die Pflicht, das Gesetz zu befolgen und hätte Ultán zwingen müssen, vor dem Brehon Rechenschaft abzulegen.«
    »Ein Angelsachse will dem König von Ulaidh vorschreiben, wie er sich gegenüber dem Gesetz in seinem eigenen Land verhalten soll?« empörte sich Bruder Drón.
    »Und eine
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will wissen, mit welchem Recht das Gesetz nicht befolgt wurde«, fuhr Fidelma gereizt dazwischen.
    »Das mag der König von Ulaidh beantworten, nicht ich. Vielerorts treten die Pönitenzregeln an die Stelle des

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