Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
nahelegen, wäre ich an deiner Stelle.«
    »Besten Dank für deine Ratschläge«, erwiderte Fidelma kalt.
    »Ich bin stets bereit, jemandem Rat zu erteilen«, beteuerte der andere ohne jedes Gefühl für die Situation.
    »Das Gespräch mit dir war sehr erhellend, Ninnid«, mischte sich Eadulf rasch ein, denn er sah Zorn in Fidelmas Augen funkeln. »Aber du mußt uns jetzt entschuldigen …«
    Sie wandten sich zum Gehen, doch Ninnid hielt sie zurück. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet«, mahnte er nachsichtig.
    Ruckartig drehte Fidelma sich um. »Welche Frage war das?«
    »Na, wann kann ich dem Obersten Brehon Barrán Weisung erteilen, den Gerichtstermin anzuberaumen?«
    Fidelma sagte einen Moment lang gar nichts, dafür grunzte Eadulf unmißverständlich und mimte einen weiteren Hustenanfall, um sein ungebührliches Verhalten zu kaschieren. Dann erwiderte sie betont ruhig: »Du mußt uns entschuldigen, Ninnid, wir haben noch viel zu tun. Sei unbesorgt, sobald ich soweit bin, werde ich Barrán Mitteilung machen, und dann wirst
du
von
ihm
die Weisung erhalten, wann das Verfahren zu eröffnen ist.«
    Rasch schritten sie den Gang hinunter. Eadulf konnte sich immer noch nicht beruhigen.
»Beati pauperes spiritu«,
zitierte er lachend aus dem Evangelium des Matthäus. Selig sind, die da arm im Geiste sind.
    Fidelma gönnte sich etwas Schadenfreude. »Unser FreundNinnid dürfte kaum dazu zählen«, meinte sie boshaft. »Noch nie bin ich einem Menschen begegnet, der dermaßen von sich eingenommen ist.«
    »Muirchertach zu verteidigen dürfte nicht sonderlich schwierig sein, wenn du einem so aufgeblasenen Idioten von Ankläger gegenüberstehst«, schätzte Eadulf ein.
    »Vorsicht, bau nicht deinen Schweinestall, bevor der Wurf geboren ist«, warnte sie mit einem bekannten Sprichwort.
    Eadulf zuckte die Achseln. »Glaubst du etwa, hinter dieser Großtuerei verbirgt sich ein besonderes Talent?«
    »Man wird nicht Brehon, auch nicht in Laigin, ohne ein gewisses Talent für die Juristerei und ein ordentliches Gespür dafür. Vergiß nicht, Barrán selbst hat Ninnid empfohlen, weil er sich als Ankläger ausgezeichnet hat. Vielleicht täuscht Ninnid auch nur vor, ein überheblicher Hohlkopf zu sein, will bei seinen Gegnern den Eindruck erwecken, sie seien ihm überlegen. Wenn sie sich dann in trügerischer Sicherheit wiegen, holt er aus und schlägt zu.«
    »Traust du ihm zu, derart gerissen zu sein?«
    »Wir sollten uns hüten, etwas als gegeben anzunehmen, und sei es noch so selbstverständlich. Jedenfalls halte ich es so und bin damit immer gut gefahren. Wie heißt es doch – am Ende kommt es anders, als man denkt.«
     
    Caol erläuterte ihnen, wo der Gästeraum von Abt Augaire war, und sie machten sich auf den Weg dorthin. Der Befehlshaber der Leibwache war immer noch vergrätzt, weil man ihm anlasten konnte, er habe versäumt, einen Wachposten zu stellen, und deshalb sei der Mord geschehen.
    Auf ihr leises Klopfen hin öffnete ihnen der Abt persönlich. »Ich hoffe, wir stören nicht.«
    Abt Augaire begrüßte sie mit strahlendem Lächeln. In mancherHinsicht erinnerte er Fidelma an ihren Vetter und Lehrer Abt Laisran, nur daß Augaire körperlich das ganze Gegenteil des Abts von Durrow war. Er war ein kräftiger, muskulöser Mann. Seine gebräunte Haut legte nahe, daß er sich eher an frischer Luft bewegte und weniger in den schattigen Gängen des Klosters wandelte. Die tiefblauen Augen ließen einen an die Farbe des Meeres denken. Das Haar war sandfarben, einen eigentlich goldenen Schimmer hatte es nicht. Sein Lächeln war kein bloßes Verziehen der Gesichtsmuskeln, sondern eine Gefühlsäußerung, die aus seinem tiefsten Inneren kam. Der Händedruck, mit dem er Fidelma und Eadulf begrüßte, war fest und kräftig.
    »Ich habe mit Freuden unserer Begegnung entgegengesehen, Fidelma. Freilich habe ich mir den Anlaß anders vorgestellt«, meinte er mit einem Anflug von Sarkasmus.
    Er winkte sie hinein und vergab sich nichts dabei, ihnen zwei Sitzgelegenheiten heranzuziehen.
    »Wie ich höre, hat sich Abt Ultán auf die große Reise begeben, vielleicht in eine bessere Welt«, begann er munter und setzte sich auf die Kante seines Bettes, nachdem seine Besucher auf den beiden einzigen Stühlen im Raum Platz genommen hatten.
    Fidelma krauste die Stirn. »Du sagst das so leichthin, mein bester Abt«, meinte sie weniger tadelnd als vielmehr fragend.
    Abt Augaire verzog die Mundwinkel und schaute Eadulf an. »Du hast doch

Weitere Kostenlose Bücher