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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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vorbei. Mein Vater war nicht da, er war am anderen Ende der Insel draußen zum Fischen.«
    Er hielt einen Moment inne. Seine Hand hatte immer noch den Arm seines Bruders gefaßt, dem jetzt Tränen in die Augen stiegen.
    »Meine Mutter Aelgifu kniete draußen unter einem Baum. Sie hatte dort einen Altar für die alten Götter, die sie verehrte, aufgestellt. Da sie wußte, daß mein Vater auf See zum Fischen war, hatte sie der Göttin Ran einen Hasen geopfert, um so deren Schutz zu erbitten.«
    »Ran?« fragte Fidelma.
    »In der alten Religion war Ran die Frau von Aegir, dem Gott des Meeres. Man glaubte, daß sie Seefahrer, die ertrunken waren, zu sich in ihren Palast auf den Meeresboden nehmen würde, wo sich ihre neun Töchter um sie kümmern würden. Ran galt auch als Beschützerin für die, die ihr Opfer darbrachten.« Verlegen errötete der junge Mann. »So wurde es jedenfalls in der alten Religion gelehrt, und meine Eltern hielten daran fest. Sie hatten nichts Böses im Sinn, waren herzensgute Menschen, aber eben alt und ihrer Tradition verhaftet.«
    »Ich verstehe. Fahr fort.«
    »Abt Ultán kam just in dem Moment vorbei, als unsere Mutter mit dem Opferritual beschäftigt war, sprach sie an und wollte von ihr wissen, was sie da täte. Sie konnte eure Sprache so gut wie gar nicht, aber einer der Männer aus Ultáns Begleitung, ein Krieger, der als Söldner bei den Angelsachsengedient hatte, übersetzte, was sie sagte. Abt Ultán geriet außer sich, als er erfuhr, daß eine Frau aus fremdem Land, noch dazu im Schatten eines christlichen Klosters, einem heidnischen Brauch nachging. Er raste und wütete und befahl dem Krieger, meine Mutter zu züchtigen.«
    Alle drei schwiegen. Dann fragte Fidelma fassungslos: »Er befahl, eine alte Frau zu schlagen?«
    »Möge Gott seine Seele verfluchen«, murmelte Bruder Pecanum. »Er hat den Tod verdient.«
    »Und was geschah dann?«
    »Sie ließen Mutter bewußtlos liegen und zerstörten, ehe sie gingen, ihren kleinen Altar. Wir haben weder Ultán noch Drón jemals wieder gesehen und erfuhren erst jetzt, daß sie hier in Cashel sind.«
    »Woher wißt ihr, was eurer Mutter widerfahren ist?«
    »Einer aus der Gemeinschaft kam angerannt und sagte, sie hätten sie gefunden. Berrihert, Pecanum und ich liefen sofort hin. Sie lebte noch, aber sie konnte den Schock nicht verwinden und wurde zusehends schwächer. Mit letzter Kraft erzählte sie uns, was geschehen war. Sie wollte es unbedingt noch bis zum Abend schaffen, um Vater Lebewohl sagen zu können, aber noch ehe es dunkelte, gab sie ihren Geist auf. Möge sie mit ihren Göttern in Frieden ruhen.«
    Mit äußerster Konzentration beobachtete Fidelma die beiden Brüder. »Sagt ehrlich, seid ihr – Berrihert, euer Vater Ordwulf und ihr selbst – mit der Absicht hierhergekommen, an Ultán und Drón Rache zu nehmen?«
    Bruder Pecanum hob den Kopf und schaute sie an. »Wir wußten zuerst gar nicht, daß sie hier waren. Als wir es dann erfuhren, geriet mein Vater in Wut. Gestern, noch im ersten Morgengrauen, ging er zur Burg, gleich als die Tore öffneten, und wollte Ultán suchen.«
    »Und ihn töten?«
    »Und ihn töten.«
    Fidelma hatte damit gerechnet, daß er es leugnen würde. Die Offenheit des jungen Mannes überraschte sie.
    »Deine Ehrlichkeit ehrt dich. Und so stelle ich dir noch eine Frage: Hat eure Familie bei dem Tod von Abt Ultán die Hand mit im Spiel gehabt?«
    Dieses Mal antwortete Bruder Naovan.
    »Nein. Ich spreche lediglich für Pecanum und mich. Etwas anderes kann ich nicht sagen. Unser Vater zürnte uns, weil wir keine Krieger sind und weil wir Mutters Tod nicht rächten. Aber wir sind dem Neuen Glauben verpflichtet, und es ist nicht an uns, Rache zu nehmen. Daß unser Vater zur Burg hinaufgegangen war, wußten wir nicht. Erst bei seiner Rückkehr gestand er uns, daß man seinen Plan durchkreuzt und der König von Connacht Ultán bereits niedergestreckt hätte.«
    »Laß mich noch mal festhalten, du sagst, daß Ordwulf und Berrihert nichts mit Ultáns Tod zu tun haben?«
    »Uns hat man erzählt, daß es der König von Connacht war, der ihn umgebracht hat. Warum fragst du so eindringlich?«
    »Weil ich nicht glaube, daß der König von Connacht der Täter war.«
    Überrascht sahen sich die Brüder an. »Heißt das, du verdächtigst …«, begann Bruder Naovan.
    Rasch lenkte sie ein. »Ihr müßt nicht denken, daß mir eure tragische Geschichte nicht naheginge. Aber ich muß mich ans Gesetz halten. So lange, bis der

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