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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Vorfall geklärt ist, dürft ihr die Stadt nicht verlassen.«
    »Das ist einzusehen, Schwester. Aber gegen unseren Bruder und Vater Verdacht hegen zu müssen bedrückt uns sehr. Gebe Gott, daß sie mit der Sache nichts zu tun haben und daßdu dich irrst in der Annahme, der König von Connacht hätte den Mord nicht begangen.«
     
    »Das wird der Täter büßen müssen!«
    Gormán reckte sich über Eadulfs Schulter und wollte seinen Augen nicht trauen.
    Eadulf sagte nichts. Er untersuchte den Leichnam, um Aufschluß über die Todesursache zu bekommen. Die Sachlage war ziemlich eindeutig. Der tödliche Hieb hatte unmittelbar über dem Herzen eine Wunde hinterlassen, wenngleich es auch mehrere Wunden gleicher Art am Nacken gab – tiefe, klaffende Schnittwunden, die für sich genommen jedoch nicht den Tod herbeigeführt haben konnten. Womit man dem Opfer die Wunden beigebracht hatte, blieb dahingestellt – mit einem Schwert oder Messer oder …
    Im Aufstehen bemerkte Eadulf ein Stück Papier, das im Mantel des Toten steckte. Er zog es hervor, entfaltete es und holte tief Luft, als er sah, was es war. Ein Gedicht, und die Worte kannte er.
    Kalt sind die Nächte, ich kann nicht schlafen,
    ich denke an meine Liebe, meinen Liebsten …
    Richtig zu deuten wußte er die Sache nicht, faltete aber das Papier sorgsam zusammen und steckte es in seinen Lederbeutel. Dann stand er endgültig auf und schaute sich um.
    Unweit des Schauplatzes erblickte er einen weggeworfenen Jagdspeer. Es war Muirchertachs
bir
. Er ging hin und betrachtete die scharf geschliffene Spitze etwas genauer. Sie war voller Blut. Eadulf hob den Speer auf und ging zum Leichnam zurück. Dort verglich er sorgsam die Speerspitze mit der Wunde.
    »Man hat ihn mit seiner eigenen Jagdwaffe erstochen«,stellte er fest und fügte kurz darauf hinzu: »Von seinem Pferd ist aber nichts zu sehen.«
    Gormán winkte den Hundeführer heran. »Hast du irgend.wo Muirchertachs Pferd gesehen, als du herkamst?«
    »Sein Pferd? Nein.«
    »Wie bist du eigentlich auf den Fund hier gestoßen?« fragte ihn Eadulf. »Und wie heißt du?«
    »Ich heiße Rónán. Ich bin einer der Fährtenleser in Cashel.«
    »Was hat dich ausgerechnet hierhergeführt?«
    »Wir trieben die Keiler durch den Wald. Ich war ganz links außen. Plötzlich fing ein Hund – auch wieder links – an zu kläffen, und ich lief in seine Richtung, weil ich dachte, er hätte einen Keiler in die Enge getrieben. Immer noch im Wald, hörte ich das aufgeschreckte Wiehern eines Pferdes und gleich darauf das galoppierende Trappeln von Hufen. Bis ich mich durch das Niederholz gekämpft hatte, war nichts mehr zu sehen, weder Pferd noch Hund.« Der Mann unterbrach seine Schilderung, und Eadulf wartete geduldig. »Dann kam ich zu der Anhöhe hier, dachte, ich würde von oben etwas sehen.«
    »Und sahst die Leiche«, fuhr Gormán für ihn fort.
    »Genau.«
    »Und wie ging’s weiter?«
    »Als ich begriff, daß der Tote Muirchertach Nár war, stand für mich fest, daß ich sofort jemanden heranholen müßte. In der Hoffnung, auf dem Hauptweg irgendwem zu begegnen, rannte ich dorthin zurück und hatte Glück, ich stieß auf euch. Mehr kann ich nicht sagen.«
    »Du erwähntest, du hättest ein Pferd gehört. Der Boden hier ist weich, es müßten sich Spuren finden lassen«, schlußfolgerte Gormán.
    »Es gibt auch welche«, erwiderte der Mann. »Kommt mit.«
    Sie folgten ihm zu einer Stelle etwas abseits von dem Leichnam.
    »Kannst du die Spuren deuten?« fragte Eadulf.
    Der Mann ging in die Hocke und zeigte auf die Hufspuren.
    »Soweit ich es erkennen kann, sind zwei Reiter auf unterschiedlichen Wegen hierhergekommen.« Er runzelte die Stirn. »Da war noch ein drittes Pferd mit einem gesprungenen Hufeisen. Das ist in die Richtung dort fortgeritten.« Die letzten Worte begleitete er mit einer entsprechenden Handbewegung. »Die beiden anderen Pferde sind ihm gefolgt, beide aber allem Anschein nach ohne Reiter. Das Tier mit dem gespaltenen Hufeisen scheint das einzige gewesen zu sein, auf dem auch jemand geritten ist.«
    Eadulf war skeptisch. »Ist das nicht mehr geraten?«
    Rónán nahm es ihm nicht übel.
    »Eher genau beobachtet, Bruder Eadulf. Ich bin nicht umsonst Fährtenleser. Ich kann sehr wohl an der Spur erkennen, ob Pferde einen Reiter tragen oder nicht. Ohne dessen zusätzliches Gewicht sinken die Hufe nicht so tief ein. Es ist eindeutig zu sehen, daß die Pferde beim Fortreiten weniger Last zu tragen hatten als auf

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