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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sind das nicht.« Sie hatte für sich beschlossen, nicht durchblicken zu lassen, daß sie schon einiges über die Brüder wußte. So würden sie unbefangener Auskunft geben.
    »Als wir unser Land verließen, um uns in fremden Gegenden eine Heimstatt zu suchen, haben wir andere Namen angenommen, und zwar welche in der Sprache der Hauptstadt des Glaubens.«
    »Am besten, wir setzen uns. Wie ich eben erfuhr, ist euer Bruder Berrihert nicht da?«
    Sie ließen sich auf einer der Schlafstätten nieder, und Bruder Pecanum bestätigte ihre Frage. »Er ist am zeitigen Morgen losgezogen. Wohin er gegangen ist, wissen wir nicht, aber er wollte zum Abend wieder zurück sein. Er hatte so eine … so eine Art Wallfahrt vor, um etwas wiedergutzumachen, hat er gesagt.«
    Die Auskunft gab ihr Rätsel auf. »Eine Wallfahrt zur Wiedergutmachung, die von Cashel aus in einer Tagesreise zu bewältigen ist?«
    »Jedenfalls hat er das gesagt«, bekräftigte Bruder Naovan.
    Im stillen ging sie alle markanten Punkte in der Umgebung von Cashel durch, die sich als Wallfahrtsort hätten anbieten können.
    »Hat sich euer Vater auch auf diese Wallfahrt begeben?«
    »Er hat unseren Glauben nicht angenommen«, erklärte Bruder Naovan. »Aber er ist ebenfalls nicht hier. Und wohin es ihn getrieben hat, wissen wir leider nicht.«
    Sie schwieg einen Moment, ehe sie die nächste Frage stellte. »Ich nehme an, euch ist bekannt, was sich letzte Nacht bei der Bestattungszeremonie von Abt Ultán abgespielt hat?«
    Peinlich berührt sahen sich die Brüder an.
    »Es hat eine Menge Gerede unter den Leuten gegeben«, erwiderte Bruder Naovan. »Viele sind entsetzt über den Fluch, den Berrihert gegen einen Glaubensbruder ausgestoßen hat, und verurteilen ihn.«
    »Habt ihr eine Erklärung dafür, warum er das getan hat?«
    »Natürlich wäre uns lieber gewesen, er hätte sich zurückgehalten, aber einen Grund gab es schon. Nur hilft ein Zornesausbruch leider auch nicht weiter.«
    »Weise gesprochen«, stimmte ihm Fidelma zu. »Wenn iches richtig verstanden habe, hat Abt Ultán etwas getan, was den Tod eurer Mutter zur Folge hatte?«
    »Vielleicht redest du besser mit Berrihert«, meinte Bruder Naovan zögernd.
    »Die Synode von Whitby liegt ungefähr vier Jahre zurück, und seitdem lebt ihr in unserem Land, stimmt’s?«
    »Das ist richtig, Schwester Fidelma.«
    »Dann kennt ihr also unsere Gesetze, die Gesetze des Fénechus. Ihr wißt, daß ich eine
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bin, daß man mir den Status einer
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zuerkannt hat. Man hat mich beauftragt, eine Untersuchung zu führen. Ich verlange Auskunft, und ihr seid vor dem Gesetz verpflichtet, mir Rede und Antwort zu stehen.«
    Den Brüdern wurde es ungemütlich.
    »Wir haben nicht die Absicht, gegen die Gesetze und Gepflogenheiten des Landes zu verstoßen, das uns Zuflucht gewährt hat, Schwester«, beteuerte Bruder Pecanum. »Wir werden deine Fragen nach bestem Wissen und Gewissen beantworten.«
    »Dann erzählt mir wahrheitsgetreu, was mit eurer Mutter geschehen ist.«
    Schweigend kamen die beiden überein, daß Bruder Naovan berichten sollte.
    »Wie du weißt, hat unsere Familie den Beschluß von Oswy, der auf der Synode von Whitby gefaßt wurde, nicht als für uns verbindlich anerkannt. Wir schlossen uns Abt Colmán an, folgten ihm in dieses Land und traten einer frommen Gemeinschaft bei, die er auf Inis Bó Finne gegründet hatte, einer kleinen Insel …«
    Ungeduldig unterbrach ihn Fidelma. »Berrihert hat die Geschichte Eadulf erzählt, und er hat sie mir wiedergegeben. Insofern weiß ich auch, was ihr eben selbst gesagt habt, daßeuer Vater Ordwulf, den ihr mitgebracht habt, kein Christ ist.«
    Auf den Gesichtern der beiden zeichnete sich Betrübnis ab.
    »Unsere Eltern sind mit uns gegangen, ja, aber nicht, weil sie den Glauben mit uns teilten. Sie taten es nur, weil wir die einzigen waren, die ihnen im Alter Schutz bieten konnten. Wenn sie nicht mehr in der Lage gewesen wären, sich selbst zu versorgen, hätten sie ohne uns unweigerlich den Tod gefunden.«
    Fidelma stutzte, entsann sich aber sofort, daß die Angeln und Sachsen eine andere Auffassung vom Alter hatten, als sie es kannte. Die Gesetzestexte des Fénechus waren eindeutig. »Das Volk ist dem Alter zu Dank verpflichtet.« Wurden Männer und Frauen alt und gebrechlich und konnten nicht mehr für sich selbst Sorge tragen, legte das Gesetz fest, in welcher Form man sich um sie zu kümmern hatte. Kein alter Mensch durfte mittellos sein oder in Not

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