Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein gefährlicher Gegner

Ein gefährlicher Gegner

Titel: Ein gefährlicher Gegner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
wäre sehr krank. Bald würde ich mich erholen. Ich gab vor, noch ziemlich benommen zu sein, und murmelte etwas von dem Arzt, der mir am Handgelenk so wehgetan hätte. Sie sah sehr erleichtert aus, als ich das sagte.
    Im Laufe der Zeit ließ sie mich zuweilen ganz allein im Zimmer. Schließlich stand ich sogar auf, ging ein wenig im Zimmer umher und sah mir alles genau an. Das Zimmer war schmutzig. Fenster gab es nicht. Ich nahm an, dass die Tür abgeschlossen sei, versuchte aber nicht, es festzustellen. An der Wand hingen ein paar beschädigte, verwahrloste Bilder, die Szenen aus dem Faust darstellten.»
    Janes Zuhörer stießen einen Ruf der Überraschung aus. Das Mädchen nickte.
    «Ja – es war das Haus in Soho, in dem auch Mr Beresford gefangen war. Natürlich wusste ich damals nicht, wo ich war – nicht einmal, dass ich mich in London befand. Immerhin war es eine gewisse Erleichterung, als ich feststellte, dass mein Mantel achtlos über die Rückenlehne eines Stuhles geworfen war. Und in der Tasche steckte noch immer die zusammengerollte Zeitschrift!
    Hätte ich nur gewusst, ob ich beobachtet wurde oder nicht! Ich betrachtete sehr genau die Wände. Es schien kein Guckloch zu geben – und dennoch hatte ich das vage Gefühl, es sei eines da. Plötzlich setzte ich mich auf die Tischkante, verbarg mein Gesicht in den Händen und schluchzte laut ‹Mon Dieu! Mon Dieu!› Ich habe ein ungewöhnlich gutes Gehör und gleich darauf hörte ich das Rauschen eines Kleides und ein leichtes Knarren. Das genügte mir. Ich wurde also beobachtet!
    Ich legte mich wieder aufs Bett und nach einiger Zeit brachte mir Mrs Vandemeyer das Abendessen. Sie war noch immer äußerst nett zu mir. Wahrscheinlich sollte sie mein Vertrauen gewinnen. Etwas später holte sie ein Päckchen in Öltuch hervor und fragte mich, ob ich es wiedererkenne. Dabei beobachtete sie mich scharf.
    Ich nahm es und drehte es ein wenig verwundert in den Händen. Dann schüttelte ich den Kopf. Ich sagte, ich hätte wohl das Gefühl, ich sollte mich im Zusammenhang damit an irgendetwas erinnern. Dann erklärte sie mir, ich sei ihre Nichte und ich solle sie ‹Tante Rita› nennen. Das tat ich gehorsam und sie sagte mir, ich solle mir keine Sorgen machen – mein Gedächtnis würde bald wiederkehren.
    Es war eine entsetzliche Nacht. Ich hatte mir meinen Plan zurechtgelegt. Ich wartete, bis ich meinte, es müsste ungefähr zwei Uhr morgens sein. Dann stand ich so leise wie möglich auf und tastete mich in der Dunkelheit an der linken Wand entlang. Vorsichtig nahm ich eins der Bilder vom Haken ab – es stellte Margarete mit ihrem Schmuckkästchen dar. Ich schlich mich zu meinem Mantel, nahm die Zeitschrift aus der Tasche und ein paar Umschläge, die ich ebenfalls hineingestopft hatte. Dann ging ich zum Waschtisch und feuchtete das braune Papier auf der Rückseite des Bildes ringsherum an. Nach einer Weile konnte ich es abziehen. Die beiden zusammengeklebten Seiten aus der Zeitschrift hatte ich bereits herausgerissen und nun ließ ich sie zwischen das Bild und das braune Papier auf der Rückseite gleiten. Mit ein wenig Leim von den Umschlägen gelang es mir, das Papier wieder anzukleben. Niemand hätte annehmen können, dass mit dem Bild etwas geschehen sei. Ich hängte es wieder an die Wand, steckte die Zeitschrift in meine Manteltasche zurück und kroch ins Bett. Ich hoffte nur, dass sie annahmen, Danvers hätte die ganze Zeit über nur eine Attrappe bei sich getragen, und dass sie mich schließlich gehen ließen. Tatsächlich war es das, was sie anfangs auch glaubten; und gerade das war für mich gefährlich. Später erfuhr ich, dass sie mich dort und damals fast aus dem Weg geräumt hätten – es hatte niemals ernsthaft die Absicht bestanden, mich laufen zu lassen, aber der erste Mann, der Chef, zog es vor, mich am Leben zu lassen, da immerhin noch die Möglichkeit bestand, dass ich die Papiere versteckt haben und mich, falls mein Gedächtnis wiederkehrte, daran erinnern könnte. Wochen hindurch beobachteten sie mich unausgesetzt. Zuweilen stellten sie mir stundenlang Fragen – es gab wohl nichts, was sie nicht über die Methoden von Kreuzverhören und dergleichen wussten. Aber es war eine Folter.
    Sie brachten mich nach Irland zurück. Ich musste jede Phase der Reise von neuem erleben, für den Fall, dass ich die Papiere irgendwo unterwegs versteckt hätte. Mrs Vandemeyer und eine andere Frau ließen mich nicht einen Augenblick allein. Sie sprachen von mir

Weitere Kostenlose Bücher