Ein gefährlicher Plan
ausdruckslos. Obwohl es ihr schwer fiel, akzeptierte sie seinen Wunsch nach Distanz.
Was allerdings nicht bedeutete, dass sie untätig herumhocken würde. Alyssa zu sein hatte sie erfahren lassen, dass sie eine innere Stärke besaß, die sie nie erahnt hatte. Auch wenn sie als Alyssa gezwungen war, zunehmend auf der Hut zu sein, empfand sie es als befreiend, so viel mehr Wagemut zu besitzen.
Und sie wurde unruhiger, näherte sich offenbar tatsächlich dem Wesen ihrer Zwillingsschwester an.
Jack war entschieden gegen ihren Vorschlag, zu Trish zu fahren und das Notizbuch zurückzuholen. Aber Brooke gab die Idee nicht auf. Sie konnte immer noch den Teller zurückbringen, und wenn Jack sie nur eine Minute lang allein lassen würde, würde sie sich auf den Weg zu Trishs Haus am Maple Run machen.
Die Gelegenheit bot sich zwei Tage später, als Jack zu einem Rettungseinsatz bei der North Bridge gerufen wurde. Sie wollte gerade losgehen, als Tim an der Tür erschien.
„Solltest du nicht bei dem Unglück an der Brücke sein?" fragte sie und versuchte, sich ihren Unmut nicht anmerken zu lassen. Jede Minute war wichtig, denn sie wollte zurück sein, bevor Jack wieder da war.
„Ich habe einen Reporter hingeschickt." Er schien sich unbehaglich zu fühlen. Sein Blick wanderte unstet umher. Schaute er sich um, ob jemand in der Nähe war und ihn sehen konnte?
Wieso kam er ausgerechnet jetzt?
Sie war so überzeugt gewesen, dass Cullen der Gesuchte war, dass sie gar nicht an jemand anderen gedacht hatte. Dann war nach Trishs Besuch ihr Notizbuch verschwunden. Und nun tauchte Tim auf und druckste herum. Jetzt gab es wieder drei Verdächtige, und das verbesserte ihre Laune nicht gerade.
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass Jack nicht da war, um sie zu beschützen. Hatte Tim sie beobachtet, ungeduldig auf eine Chance gewartet zuzuschlagen? War er der Unbekannte, von dem Alyssa sich ständig belauert gefühlt hatte?
„Kann ich hereinkommen?" Es kam fast barsch heraus.
„Ich wollte gerade gehen." Sie griff nach ihrer Handtasche. „Kann das nicht warten?"
„Nein ... das kann es nicht." Er mied ihren Blick. Verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Räusperte sich. „Ich muss sie haben."
„Was musst du haben?"
„Komm, lass den Blödsinn, Alyssa. Wir wissen beide, dass diese Amnesie auch eins deiner Spielchen ist." Er schüttelte den Kopf und sah sie mit halb zusammengekniffenen Augen an.
Sein sonst so jungenhaftes Gesicht wirkte auf einmal unge wohnt hart.
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest."
Er rückte seine perfekt sitzende Brille zurecht. „Ich will die Negative."
„Welche Negative?"
Wieder blickte er sich verstohlen um. „Kann ich hereinkommen? Ich will das hier nicht vor der Tür abhandeln."
Voller Ungeduld, weil sie aufgehalten wurde, seufzte Brooke nur stumm und öffnete die Tür weiter. „Ich muss wirklich los."
Er kam herein. „Es wird nicht lange dauern." Er drehte sich zu ihr um. „Ich will die Negative der Fotos, die du von dem Waldpfad hinter meinem Haus aus gemacht hast."
„Du musst schon etwas genauer werden." Sie behielt die Hand am Türknauf, für den Fall, dass sie schnell hinausmusste. Ihr gefiel nicht, dass Tims Gesicht rot und fleckig wurde.
„Es macht dir Spaß, nicht wahr? Du genießt es, mich betteln zu sehen, stimmt's? Na schön, du sollst deinen Willen haben. Ich bettele. Gib sie mir."
Es war etwas Jämmerliches daran, einen erwachsenen Mann zu Kreuze kriechen zu sehen.
Sie hatte bestimmt keinen Spaß daran und suchte einen Weg, die Spannung zwischen ihnen zu mindern. „Okay, gehen wir in mein Büro und sehen wir meine Ordner durch."
Er wurde knallrot und räusperte sich.
„Aha, ich verstehe. Du hast dich schon selbst umgeschaut."
Tim blickte sie an, mit flehendem Ausdruck. „Ich musste es tun. Du warst im Krankenhaus. Niemand hätte gedacht, dass du durchkommst. Ich durfte das Risiko nicht eingehen, dass jemand anders sie findet." Er zog die Brauen hoch. „Du hast mir keine andere Wahl gelassen."
„Wenn die Negative nicht bei den anderen sind, dann weiß ich nicht, so sie sein können."
„Dann lass uns woanders suchen. Wo versteckst du dein Erpressungsmaterial? Ich bin doch bestimmt nicht der Einzige, dem du an der Gurgel sitzt."
„Mein Gedächtnisverlust ist nicht vorgetäuscht, Tim. Ich erinnere mich nicht."
Eine steile Falte erschien auf seiner Stirn, und er presste die Lippen zusammen. Man musste kein Psychologe sein, um zu erkennen, wie
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