Ein gefährlicher Plan
„Ich weiß. Ich habe noch ein paar Sachen zu lesen. Mach dir keine Sorgen um mich."
Fünf Minuten später war Daisys neongelbe Leine am Halsband befestigt, und die Schatzkiste klemmte sicher unter Laurens Arm. So selbstverständlich, als hätte er es schon hundert Mal getan, ergriff Jack die vertrauensvoll ausgestreckte Hand des Mädchens.
„Ich nehme AI... deinen Jeep. Um drei bin ich zurück", sagte er. „Wenn ich aufgehalten werde, ruf ich an."
„Ich werde hier sein."
Sie sah ihnen nach, wie sie den Weg zum Ufer hinuntergingen: Mann, Kind und Hund. Er war ein guter Mann. Übertrieben besorgt vielleicht, aber ein guter Mann. Irgendwann würde er einen unglaublich guten Vater abgeben.
Brooke seufzte und trat vom Fenster zurück. Aber vielleicht war das alles auch eine Illusion. Vielleicht hatte sie das Verlangen, die Hitze, die Verletzlichkeit in seinen Augen nur gesehen, weil sie sie sehen wollte. Vielleicht sah sie gar nicht den Mann, der er war, sondern den, den sie sich wünschte.
Brooke, Brooke, Brooke! Sie sah ihre Mutter vor sich, wie sie verständnislos den Kopf schüttelte. Wie hast du dich nur in diese Lage gebracht?
„Ich weiß nicht, Mom", antwortete sie laut, als sie zur Küche ging. „Wahrscheinlich, weil ich mich vor Gefühlen nicht verschließe."
Und egal, wie viele Male sie noch verletzt wurde, sie tat es immer und immer wieder.
Lernte sie denn niemals?
Brooke bereitete sich ein Sandwich und holte sich ein paar von Alyssas Tagebüchern vom Dachboden. Dann machte sie es sich auf dem Zweisitzer gemütlich und las.
Je mehr sie erfuhr, umso stärker festigte sich ihr Eindruck, dass Alyssa Angst vor dem Glücklichsein hatte. Als ob sie sich selbst bestrafen wollte, wenn ihr das Glück zu nahe kam.
Alyssa bestrafte sich, indem sie die Menschen verletzte, die ihr nahe standen. Brooke hingegen versuchte alles, um zu gefallen. Alyssa suchte den Konflikt. Sie, Brooke, setzte auf Harmonie.
Beide Strategien funktionierten nicht gut. Beide endeten in dem Gefühl, dass ihnen etwas Wesentliches fehlte. Wäre das auch passiert, wenn sie einander gehabt hätten?
Während sie las, machte sich sich nebenher Notizen. Alyssa schrieb von Cullens biegsamer Geschäftsethik, von einem pikanten Geheimnis bei Tim, von Trishs nervtötendem Bedürfnis, immer besser sein zu wollen als sie, von Stephanies dummer Vernarrtheit in Cullen und von Ricks – Trishs Bruder – hartnäckiger Vernarrtheit in sie, bevor er starb.
Und sie schrieb von Jack, vermittelte Brooke ein völlig neues Bild von dem Mann, für den sie versuchte, nicht so viel zu empfinden.
Er war ein Mann, der Wort hielt. Gab er ein Versprechen, konnte man sich darauf verlassen. Und langsam begann Brooke zu verstehen, warum Alyssa ihm ihre Ängste und Befürchtungen nicht anvertraut hatte. Sie war emotional mehr auf ihn angewiesen, als Jack sehr wahrscheinlich ahnte. Er war ihr Anker in einer Welt, die scheinbar hart und gemein zu ihr war. Und wenn sie diesmal wirklich vorgehabt hatte, sich auf eigene Beine zu stellen, hatte sie vielleicht versucht, diesem Mann gegenüber ihre Unabhängigkeit zu zeigen, um zu sehen, ob sie es schaffte.
Genau, wie Brooke es auch gerade versuchte.
Vielleicht waren sie beide doch nicht so verschieden, wie sie gedacht hatte.
Ein Wagen hielt vor dem Haus. Trish stieg aus ihrem silbernen Trooper, einen mit Alufolie abgedeckten Teller in der Hand.
„Ich habe einen Haufen Schokokekse gebacken und dachte, ich bringe dir einfach ein paar vorbei", sagte sie, als Brooke die Tür öffnete. „Ich weiß doch, das sind deine Lieblingskekse."
„Das ist ja süß von dir."
Trish zuckte mit den Schultern. „Ehrlich gesagt, habe ich nur einen Grund gesucht herzukommen. Ich wollte sehen, wie es dir geht."
Brooke bat sie herein. „Mir geht es großartig. Ich habe Eistee im Kühlschrank. Möchtest du ein Glas?"
„Hast du Kaffee?"
Hatte sie? Wegen ihres Abenteuers heute Morgen hatte sie das Kaffeeritual ausfallen lassen, aber sicher besaß Alyssa irgendwo in der Küche einen ausreichenden Vorrat. Die Frage war nur, wo. „Sicher, ich koche schnell welche n."
Brooke füllte die Kaffeemaschine mit Wasser und suchte in den Schränken nach dem Kaffee. „Was bringt dich mitten am Tag hierher?" fragte sie über die Schulter.
„Das ist das Gute, wenn man eine eigene Firma hat", antwortete Trish aus dem Wohnzimmer, „man kann sich seine Arbeitszeit selbst einteilen. Außerdem musste ich einfach einmal raus. Morgen ist Ricks
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