Ein gefährlicher Plan
sie meinte einen Anflug von Furcht in seinen Augen zu erkennen. Aber es konnte auch eine Täuschung sein. Jack Chessman sah nicht so aus, als würde er sich von etwas oder jema ndem Angst einjagen lassen.
„Sie sehen nicht aus wie sie."
„Wir sind eineiige Zwillinge." Sie griff nach ihrem Haar. „ Ich kann mein Haar so wie ihres schneiden lassen."
Er musterte sie von oben bis unten. „Sie sind kleiner."
„Wie viel? Zwei Zentimeter? Wird das jemandem auffallen?"
Wieder dieser prüfende, bohrende Blick. „Sie sind Linkshänderin."
„Ich habe gelernt, meine rechte Hand zu benutzen, als ich mir auf der High School den linken Arm gebrochen hatte."
Er nickte und deutete auf Alyssas Gips. „Der Arm."
„Das kommt doch genau hin. So gesehen ist es der richtige, und ich kann meine linke Hand benutzen." Sie hob den rechten Arm. „Falscher Gips."
„Und was ist mit den Schrammen und Prellungen? Sie können ja nicht einfach über Nacht verschwinden. Das glaubt niemand."
„Make-up."
„Man hat Sie hier im Krankenhaus gesehen."
„Ich bin erst seit einer Stunde hier."
„Woher wussten Sie, dass Alyssa hier liegt?"
„Ich habe bei ihr zu Hause angerufen. Eine Frau erzählte mir von ihrem Unfall."
„Sie haben mit Franny gesprochen."
„Aber ich habe meinen Namen nicht genannt."
„Ihr Vater wird den Unterschied bemerken."
„Nicht, wenn Sie mir helfen."
Er gab einen undeutlichen Laut von sich, der wie ein unterdrückter Fluch klang, und schüttelte den Kopf. „Ich mache da nicht mit."
„Aber ich muss es tun."
„Warum?" Er kam einen Schritt näher, und ihr jagte ein Schauer über den Rücken. In diesem Moment hätte sie alles darum gegeben, weit weg von Jack Chessman zu sein.
„Weil..." Sie breitete beide Hände aus. „Weil ich es versprochen habe."
„Ist Ihnen bewusst, wie gefährlich Ihr Vorhaben ist?"
Seine dunkle Stimme vibrierte leicht, und die feinen Härchen in ihrem Nacken richteten sich auf.
„Sie werden mich nicht davon abhalten."
„Ich kann Sie auffliegen lassen."
Er stand viel zu dicht vor ihr, und ihr Herz raste wie verrückt. Sie schluckte trocken, wich aber nicht zurück. Ihr Leben lang hatte sie anderen erlaubt, sie hin und her zu schubsen.
Diesmal würde sie es nicht zulassen.
„Nein. Schließlich wollen Sie herausfinden, wer es getan hat. Es frisst Sie innerlich auf.
Sonst hätten Sie mich nicht als Gefahr für Alyssa angesehen."
Aus einem Impuls heraus hob sie die Hand, berührte seine Wange mit den Fingerspitzen und brachte das Argument an, von dem sie spürte, dass es ihn überzeugen würde. „Es ist die einzige Chance, den Täter zu fassen und seiner gerechten Strafe zuzuführen."
Er fluchte unterdrückt und wandte sich ab. Als hätte sie ihn geschlagen, rieb er sich die Wange und starrte Brooke dann an. „Das ist völlig ausgeschlossen. Sie bringen sich in Lebensgefahr. Sie haben keine Ahnung, mit wem Sie sich da einlassen."
„Aber Sie wissen es. Sie sagten, es gäbe Verdächtige."
Jack schüttelte den Kopf. „Ich wäre nie darauf gekommen, dass einer ihrer eigenen Freunde sie umbringen wollte. Der Mordversuch an Alyssa ist offiziell ein Unfall."
„Aber Sie wissen, es war ein Mordversuch."
„Sie hat es mir gesagt."
„Und Sie glauben ihr."
„Ja."
„Umso mehr Grund für mich, ihre Rolle zu spielen."
„Umso mehr Grund für Sie, sich herauszuhalten. Dies hier ist keine Klassenfahrt."
Brooke nahm ihre Wanderung wieder auf. „Wird er es wieder versuchen?"
„Er hatte nicht den gewünschten Erfolg."
„Dann habe ich eine bessere Chance, einen zweiten Anschlag zu überleben als Alyssa, die im Koma liegt."
„Hier gibt es Ärzte und Schwestern, die sie beschützen."
„Ärzte und Schwestern, die viel zu tun haben. Ich war eine halbe Stunde im Zimmer, ehe sich jemand für mich interessierte." Fest blickte sie ihm ins Gesicht. „Wenn nicht Sie beweisen, dass es ein Mordversuch war, wer sonst?"
„Niemand."
Sie nickte langsam. „In diesem Punkt sind wir einer Meinung."
„Es ist zu gefährlich."
„Ich werde es tun, Jack. Es könnte die einzige Chance sein, meine Schwester wieder kennen zu lernen. Ein Teil von mir fehlt mir seit vierundzwanzig Jahren. Ich brauche ihn. Ich muss ihn finden. Ich muss ihr helfen."
Zum ersten Mal meinte sie in seinen grauen Augen einen anderen, weicheren Ausdruck zu sehen. „Sie liegt meinetwegen hier. Ich darf nicht riskieren, dass auch Ihnen etwas zustößt."
Ein kalter Schauer überlief Brooke. Das war es
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