Ein gefährliches Werkzeug
niederlegen und dafür bezahlen muß?«
»Das ist eine scharf zugespitzte Frage,« versetzte Doktor Elphinstone, »aber mir wäre es unbehaglich, wenn sie mir gehörten.«
»Bewahren Sie alle mein gefährliches Geheimnis,« sagte das junge Mädchen lachend; »in meinem Zimmer befindet sich ein hübsches Schränkchen mit sehr starkem Schloß, dort werde ich den Schatz verwahren, bis ich dazu komme, ihn nach London zu bringen. Ich werde doch wohl auf der Treppe keinem Räuber begegnen?«
»Janet, ich bitte dich, von solch schrecklichen Dingen nicht in diesem leichtfertigen Ton zu sprechen – das heißt Gott versuchen.«
Fräulein Pharr verschloß ihre Juwelen in dem von ihr erwähnten Schränkchen und kehrte sofort wieder zu der Gesellschaft zurück. Es gelang Esden, sich anscheinend zufälligerweise den Platz an ihrer Seite zu verschaffen, und sie plauderten lebhaft und heiter miteinander. Mit jedem Augenblick erschien sie ihm einnehmender, und er hoffte, falls die Sache in diesem Tempo weiterging, schon nach Verlauf einer Woche am Ziel seiner Wünsche anzulangen. Soweit er es beurteilen konnte – und er war weder übermäßig eitel noch albern –, war der Eindruck, den er machte, ebenso günstig wie der, den er empfing. Leichten Herzens legte er sich zu Bett, allein der unglückselige J. P. spukte in seinem Kopf, bis es ihm gelang, einzuschlafen, und er von Fräulein Pharr und vom Golcondaklub Golcondaklub, ein Verein von Spitzbuben und Hochstaplern in London. Anm. d. Uebers. träumte.
Fünftes Kapitel.
In der Regel stand Esden für das Land sehr spät auf, allein am andern Morgen sprang er aus dem Bett, sobald man ihm sein Bad und sein Rasierwasser gebracht hatte, denn am Abend vorher war eine photographische Exkursion verabredet worden, da Fräulein Pharr ihr neues Spielzeug kennen lernen wollte. Esden beabsichtigte, sich dabei nützlich zu machen, und war entschlossen, das tiefste Interesse für Photographie an den Tag zu legen.
Der zu seiner Aufwartung bestimmte Diener hatte seine Reisetasche ausgepackt und seine Sachen pünktlichst aufgeräumt, nur den Toilettekasten hatte er nicht geöffnet, weil er verschlossen war. Aergerlich über den Aufenthalt, suchte Esden den Schlüssel, fand ihn und öffnete den Kasten, und das erste, was ihm in die Augen fiel, waren die beiden auseinandergeschraubten Teile von Reuben Gales sonderbarem Geschenk.
»Was zum Kuckuck dachte die alte Närrin denn, daß ich damit machen würde?« fragte er halblaut. »Was in aller Welt denkt sie denn, daß dies sei?«
Nun entsann er sich, daß er es auf seinem Kissen gefunden, als er in der Nacht nach dem Versuch mit der Thür zu Bett gegangen; er hatte das Werkzeug auseinandergeschraubt und in eine Lade seiner Kommode geworfen, wo seine Aufwartefrau es offenbar gefunden hatte.
»Vermutlich hat sie gedacht, ich könne es gut brauchen,« sagte er lachend, während er sich das Kinn einseifte, »und das könnte ich auch, da ja Fräulein Pharrs Juwelen im Hause sind. Das gibt einen guten Spaß. Ich nehme es mit hinunter und erzähle die Geschichte.« Allein ehe er seinen Anzug ganz vollendet hatte, ertönte die Frühstücksglocke, und da er noch nicht ganz fertig war, kam ihm diese Absicht für den Augenblick aus dem Sinn; eilig schloß er seinen Toilettekasten zu, und erst als er sich am Fuß der Treppe befand, erinnerte er sich wieder daran.
»Einerlei,« sagte er zu sich selbst; »nach Tisch hat man besser Zeit zu einer Geschichte,« und so trat er in dasFrühstückszimmer und begrüßte seine Wirtin und ihre übrigen Gäste so heiter, als er sie vor zehn Stunden verlassen hatte.
»Ein Brief für dich, Wyncott,« sagte die alte Dame. Esden nahm ihn aus ihrer Hand in Empfang und erkannte J. P.'s Handschrift. Mit dem Stil seines Eierlöffelchens öffnete er den Umschlag und riß den Brief heraus. J. P. teilte ihm mit, er habe Nachrichten erhalten, die ihn sehr beunruhigten; um darüber mit ihm zu reden, habe er in seiner Wohnung vorgesprochen und von der Aufwärterin seine Adresse erhalten. War die Sache mit dem Wechsel wirklich in Ordnung? J. P. mußte es wissen, denn für ihn war es eine Lebensfrage und die Mitteilungen, die er erhalten hatte, ließen ihm die Sache zweifelhaft erscheinen. Wollte Esden so freundlich sein, ihm zu telegraphieren?
Nur mit Mühe gelang es dem jungen Advokaten, seinen Verdruß zu verbergen. Nicht um alles Geld der Welt, versicherte er sich selbst, möchte er den unseligen J. P. in dieser Patsche
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