Ein gefährliches Werkzeug
Einzelheit der Kleidung und der Persönlichkeit beobachtete.
»Dies ist Fräulein Pharr,« sagte der Doktor, »die Eigentümerin der Edelsteine.«
»Hatte wünschen mögen, Fräulein Pharrs Bekanntschaft bei einer angenehmeren Gelegenheit gemacht zu haben,« versetzte Herr Prickett.
»Wollen Sie nicht Platz nehmen?« sagte die alte Dame. »Es hat sich etwas Entsetzliches ereignet, und obgleich man in den Zeitungen öfters von solchen Vorfällen liest, kann man sich's doch erst vorstellen –«
»Gewiß, gnädige Frau,« unterbrach sie Prickett. »Das ist eine allgemeine Erfahrung. – Vielleicht darf ich mir, um damit anzufangen, eine Frage gestatten. Haben Sie mir irgend etwas zu zeigen? Irgend welche Spuren eines Einbruchs?«
»Ich muß diesen Herrn in Ihr Zimmer führen, Fräulein Pharr,« sagte der Doktor in halb entschuldigendem Ton.
»Wir gehen mit,« erwiderte Janet.
»Je weniger, desto besser wird es sein,« sagte Elphinstone.
»Sie dürfen nicht vergessen, daß die Grainger dort verwundet liegt. Das zu erfahren dürfte wohl von Wert für Sie sein, Herr Prickett,« fuhr er fort, als er den Detectiv aus dem Zimmer geleitete. »Ich will es Ihnen später erklären; für jetzt bitte ich Sie nur, leise aufzutreten und in dem Zimmer nur zu sprechen, wenn es durchaus notwendig ist.«
Oben angelangt, deutete Elphinstone stumm auf das erbrochene Schränkchen, dem sich der andre auf den Fußspitzen näherte. Zunächst untersuchte er die beschädigte Stelle genau; dann hob er die Thüre auf, die noch unverrückt auf der alten Stelle lag, und ließ sie, nachdem er siebesichtigt hatte, wieder geräuschlos zur Erde gleiten. Dann begaben sich die beiden ins Wohnzimmer zurück und nahmen wieder Platz.
»Das eine steht fest, meine Damen und Herrn,« sagte der Detectiv, »daß dies nicht das Werk eines professionellen Diebes ist. Dilettantenarbeit möchte ich es nennen, und zwar recht ungeschickte. Ein aussichtsloser Dilettant! Nun handelt es sich zunächst darum, möglichst genau die Zeit festzustellen, in der es geschehen ist.«
»Es ist zwischen zehn Minuten vor fünf und fünf Uhr geschehen,« antwortete Arnold und erklärte auf den erstaunten Blick des Polizeibeamten, daß er auf die Uhr gesehen habe, als Fräulein Pharr den Rasenplatz verließ, und daß ebenso das Zimmermädchen, weil der Thee auf fünf Uhr bestellt worden war, nach der Uhr gesehen habe, ehe sie sich in das Schlafzimmer des Fräuleins begab.
Im Verlauf einer Viertelstunde hatte sich Herr Prickett vermittelst geschickter Fragen über Namen, Alter und Vorleben jeder in dem Haus bediensteten Person unterrichtet. Der Hausmeister und die Köchin waren Mann und Frau und hatten sich schon am Morgen des Tages zu einer Hochzeit in ein benachbartes Dorf begeben. Die beiden Zimmermädchen und der kleine Bediente waren auf dem Rasenplatz gewesen, und im Hause hatte sich, so viel bekannt war, niemand als die Grainger, Fräulein Pharrs Kammerjungfer, aufgehalten.
»Ich dulde durchaus nicht, daß die Grainger verdächtigt wird,« erklärte Janet mit Wärme. »Ihre Eltern sind sehr achtbare Leute und sie ist mir von Lady Hilton sehr empfohlen worden.«
»Sehen Sie, Fräulein Pharr,« erwiderte Prickett in überzeugendem Ton, »wir sind es dem jungen Mädchen schuldig, daß alle Umstände festgestellt werden – wir haben die Verpflichtung, die Ehre des armen Dinges wieder herzustellen. Noch in zehn Jahren könnte es ihr an den Kopf geworfen werden, daß sie die einzige Person war, die sich im Haus befand, als der Diebstahl ausgeführt wurde. Wo hat sie sich wohl aufgehalten, während sie im Hause war?«»Wahrscheinlich in ihrem eignen Schlafzimmer.«
Als er erfuhr, daß das Schlafgemach des Mädchens sich auf dem nämlichen Flur wie das ihrer Herrin befand, sann Prickett eine Weile nach.
»Dieser dunkel getäfelte Flur ist sehr akustisch,« sagte er dann; »ich habe das gleich bemerkt. Sie mußte jeden hören, der vorüberkam. Vermutlich hat sie das auch gethan und sich dann die Sache zusammengereimt, als sie von dem Einbruch hörte. Sehen Sie, Fräulein Pharr,« fügte er dann mit glatter Zunge hinzu, »vielleicht hat sie zu sich selbst gesagt: ›Das ist ein fremder Fußtritt und ich sollte sehen, wer es ist!‹ und dann wieder: ›Mein Gott, es ist ja heller Tag – ich werde wohl nervös!‹ Das kann den Schrecken hinlänglich erklären, der sie niederwarf, als sie hörte, die Edelsteine seien gestohlen.«
Janet begann, eine hohe Meinung von Herrn
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