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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Christie Murray
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Pricketts Scharfsinn zu bekommen, und dachte nicht daran, daß sich dieser Mann, als er sah, wie warm sie für ihre Jungfer Partei ergriff, nur den Weg für künftige Nachforschungen ebnen wollte.
    Immer unter dem Vorwand, die Ehre des Mädchens wieder herzustellen, bat er um die Erlaubnis, ihre Sachen zu durchsuchen. Nachdem er nicht das mindeste gefunden hatte, ging er in das Wohnzimmer zurück, wo er die Sachlage kurz zusammenfaßte.
    »Meine Damen und Herren,« begann er, »so weit uns bekannt ist, waren von dem Vorhandensein des Schatzes in diesem Hause nur die beiden Fräulein Wades, die hier zu Besuch waren und seither abgereist sind, Herr Wyncott Esden, Advokat, den ganzen Nachmittag in London abwesend, und die hier anwesende Gesellschaft – den hochwürdigen Herrn allein ausgenommen – unterrichtet. Es scheint, daß ihnen allen der Aufbewahrungsort der Juwelen bekannt war, daß aber sonst niemand ein Wort davon wußte. Ferner haben an dem Abend, wo die Steine gezeigt wurden, hier die Lampen gebrannt und diese Glasthüre, die, wie ich sehe, den ganzen Weg beherrscht, war offen. Der Wert der Edelsteine wurde besprochen und möglicherweiseist diese Unterhaltung belauscht worden. Möglicherweise hat auch jemand das Geheimnis verraten und darüber gesprochen. Alle diese Möglichkeiten müssen in Betracht gezogen werden. Es ist sehr bedauerlich, daß ich das Mädchen nicht sprechen kann, denn sie könnte vielleicht etwas Licht in die Sache bringen. Wenn ich recht verstanden habe, sind Sie Arzt, mein Herr, und sobald Sie es gestatten werden, muß ich ein paar Fragen an sie richten.«
    »Ich werde sofort zu ihr gehen,« sagte Elphinstone.
    »Ich bedaure lebhaft,« fuhr Prickett fort, als der Arzt das Zimmer verlassen hatte, »daß Herr Wyncott Esden gerade abwesend sein mußte, als dies geschah. Ich habe die Ehre gehabt, in zwei oder drei Fällen mit ihm zu thun zu haben, und kenne keinen gewandteren Herrn beim Gericht. Gott, was hätte nicht alles geschehen können, wenn ein geschulter Kopf eine Stunde vor mir auf dem Platz gewesen wäre! Wo konnte der Dieb in zehn Minuten hingelangen? Herr Esden wäre sicher nach den nächsten Eisenbahnstationen geeilt, hätte die Ortspolizei aufgeboten und nach verdächtigen Fremden geforscht – wer weiß, er hätte den Mann vielleicht gefaßt, noch ehe er fünf Meilen weit gekommen wäre. Unterdessen sind aus der nächsten Umgegend sechs Züge nach allen Richtungen hin abgegangen. Wäre Herr Wyncott Esden hier gewesen und hätte die frische Fährte verfolgen können, so hätten Sie mich vielleicht gar nicht gebraucht.«
    Selbst in ihrer Aufregung und Betrübnis empfand die alte Dame eine augenblickliche Befriedigung über das Lob, das Prickett ihrem Lieblingsneffen spendete; Janet konnte daraus ersehen, welch große Stücke Leute, die es beurteilen konnten, auf ihn und seine Fähigkeiten hielten.
    Während Prickett noch sprach, kehrte der Arzt zurück und sagte noch ernster als gewöhnlich: »Sie können das Mädchen sehen, Herr Prickett, aber ich fürchte, Sie werden nicht viel aus ihr herausbringen. Sie müssen sehr ruhig und freundlich gegen sie sein,« fügte er auf der Treppe hinzu. »Nur in Anbetracht der ungeheuren Wichtigkeit der Sache gestatte ich Ihnen, sie überhaupt zu sehen.«
    »Sie können sich auf mich verlassen, Herr Doktor,« erwiderte Prickett. »Ich werde sie nicht ängstigen – das ist nicht meines Amtes.«
    Eines der Dienstmädchen saß neben der Grainger und drehte mit wichtiger Miene ein Riechfläschchen in der Hand; der Arzt winkte ihr, sich zu entfernen. Die Grainger saß matt und gleichgültig in einem Lehnsessel neben dem Fenster. Das ungeordnete Haar und die weiße Binde um den Kopf verliehen ihr ein etwas geisterhaftes Aussehen und ihre großen dunklen Augen verfolgten jede Bewegung ihrer Besucher mit einer Unruhe, die in sonderbarem Widerspruch zu ihrer körperlichen Erschöpfung stand.
    »Dieser Herr,« sagte Elphinstone, sich über sie beugend und so deutlich und langsam sprechend, als müsse er sich einem Ausländer verständlich machen, der nur mangelhaft englisch verstand, – »dieser Herr ist von London gekommen, um über die Ereignisse von heute nachmittag Nachforschungen anzustellen.«
    Die Grainger blickte mit einem, wie es beiden schien, verzweifelten, herausfordernden Ausdruck von einem zum andern.
    »Sie haben, wie es scheint, einen bösen Unfall gehabt,« begann Prickett in beschwichtigendem Ton, »und Sie dürfen sich jetzt nicht

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