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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Christie Murray
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überanstrengen. Ich wollte nur einige Fragen an Sie richten; aber wenn Sie heute noch zu schwach dazu sind, komme ich morgen wieder. Haben Sie, liebes Fräulein, zufällig irgend etwas Verdächtiges gehört oder gesehen?«
    Sie verschlang ihn mit ihren Blicken, aber ihre Sprache war unverständlich, ein wirres Durcheinander unartikulierter Laute. Sie schien in Pricketts Zügen zu lesen, daß man sie nicht verstand, und blickte von ihm auf den Arzt.
    »Sie leiden noch unter einer bedeutenden Erschütterung,« sagte Elphinstone. »Sie sollen sich nicht aufregen, aber Sie sprechen nicht deutlich. Bitte, versuchen Sie es noch einmal – recht langsam und so deutlich, als Sie können.«
    Sie sprach wieder und ließ dasselbe undeutliche Silbengewirr vernehmen. Mit ungläubigem Kopfschütteln blicktePrickett auf den Arzt, aber dieser winkte ihm warnend zu, nahm ein Notizbuch aus der Tasche und legte ein unbeschriebenes Blatt vor das Mädchen.
    »Bitte, schreiben Sie uns dies nieder,« bat er und drückte ihr einen Bleistift in die Hand.
    Erstaunt sah sie ihn an und schrieb dann äußerst langsam und mühselig, wie ein Kind, das eben erst schreiben lernt. Als sie fertig war, nahm der Arzt das Notizbuch auf und händigte es Prickett ein, nachdem er einen Blick darauf geworfen hatte. Die beiden Zeilen, die sie geschrieben lauteten folgendermaßen: »D gha wn ut tuldvrm rtt tle mire vbt hemtt buturng.«
    Der Beamte war der Ansicht, daß das Mädchen sich verstelle, und wunderte sich über die geduldige Freundlichkeit des Arztes.
    »Ich will Sie mit Sprechen nicht länger bemühen,« sagte Elphinstone. »Antworten Sie mir nur durch ein Zeichen. Ja und nein! Waren Sie im Hause, als Fräulein Pharr läutete?«
    Das Mädchen nickte Ja!
    »In Ihrem eignen Zimmer?«
    Wiederum nickte sie Ja!
    »Glauben Sie, daß Sie sich während der letzten zehn Minuten vorher dort befunden haben?«
    Das Nicken wiederholte sich kräftiger.
    »Länger?«
    »Ja!«
    »Haben Sie Schritte oder das Krachen von Holz vernommen?«
    Ein entschieden verneinendes, von einem angstvollen Blick begleitetes Kopfschütteln war die Antwort.
    »Es läßt sich für den Augenblick nichts weiter thun,« sagte Elphinstone, und gehorsam folgte ihm Prickett aus dem Zimmer, nicht ohne im Gehen dem Mädchen noch einige Blicke zugeworfen zu haben.
    »Ein ziemlich durchsichtiger Humbug, nicht wahr?« fragte er den Arzt im Flur.
    »Es ist eine nicht ungewöhnliche, aber höchst dunkleArt von Nervenstörung,« erwiderte Elphinstone, »und soweit ich ihn bis jetzt beurteilen kann, ein sehr schwieriger Fall. Es ist eine sehr starke Nervenerschütterung, eine Verbindung von Aphasie Sprachlosigkeit und Schreibunfähigkeit bei vollkommener Herrschaft über die Sprachorgane und ungestörter Intelligenz ist die Folge einer Verletzung oder Erkrankung des vorderen, linken Gehirnlappens, wodurch das Gedächtnis für die Worte schwindet. Anm. d. Uebers. und Agraphie.«
    »Sie glauben also nicht, daß das Frauenzimmer sich verstellt?«
    »Ich weiß gewiß, daß sie es nicht thut. Die beste Schauspielerin brächte dies nicht zustande.«
    »Würden Sie die Güte haben, mir die Namen zu wiederholen?« Der Doktor that's, und wahrend er die Treppe hinunterging, murmelte der Detectiv immer vor sich hin: Aphasie, Agraphie, Agraphie, Aphasie!
    »Glauben Sie, daß es lange dauern wird, Herr Doktor?« fragte er. »Das Mädchen weiß etwas, sie hat etwas auf dem Herzen.«
    »Die Störung ist meistens nicht dauernd,« sagte Elphinstone, »wenigstens nicht, wenn der Patient unter vierzig Jahren ist und lesen und schreiben kann, aber wie lange es anhält, kann kein Mensch voraussagen. Sie müssen warten, lieber Freund.«
    Arnold und die Damen harrten angsterfüllt im Wohnzimmer, aber der Arzt sprach sich über den Zustand des Mädchens noch nicht näher aus, er teilte nur mit, daß sie noch nicht vernommen werden könne.
    »Die Dorfpolizei ist wohl von dem Vorfall unterrichtet?« fragte Prickelt.
    »Nein,« erwiderte der Doktor, »wir haben davon abgesehen; der einzige Vertreter der Polizeimacht im Ort ist ein dummer Bauernlümmel. Er mag eine ganz gute Schildwache abgeben, wenn Sie ihn irgendwo aufpflanzen, ob er aber auch sonst noch zu was zu brauchen ist – das mag sein Schöpfer wissen, der es für uns in Dunkel gehüllt hat.«
    »Ich will doch mit dem Mann sprechen,« entgegnete der Detectiv. »Er wird mir vielleicht sagen können, ob man irgend welche Fremde sich hat hier herumtreiben sehen. Und

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