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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Christie Murray
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wahr?«
    »Natürlich gehe ich mit, wenn ich muß,« erwiderte Gale mit erfreulicher Fügsamkeit. »Es liegt aber keine Notwendigkeit dazu vor, wie Sie wissen, Herr Prickett.«
    »Das wollen wir dahingestellt sein lassen,« entgegnete Prickett.
    »Ich kann über die Verwendung meiner Zeit am heutigen Tag auf die Minute hin Rechenschaft geben;«erklärte Gate, »und ich weiß von dieser Sache so wenig als ein neugeborenes Kind. Lassen Sie sehen – um welche Zeit war es?«
    »Kurz vor fünf Uhr, Reuben.«
    »Dann bin ich sicher gerettet und gehe, wohin Sie wollen. Von dreiviertel auf fünf bis halb sechs stand ich mit Richards, dem Zollwächter, und Herrn George, dem Wirt von ›Becher und Krone‹ im Schenkstübchen dieses Wirtshauses, wo wir Ingwerbier tranken und das neue irische Gesetz besprachen, das den Patriotismus unterdrücken soll.«
    »Wenn dies der Fall ist, Reuben,« erwiderte Prickett, während er das Werkzeug nahm und seinen Rock darüber zuknöpfte, »so sind Sie morgen früh um neun Uhr wieder ein freier Mann. Unterdessen wollen wir es Ihnen so behaglich als möglich machen. Sie haben doch keine Familie? Das ist recht, dann macht sich niemand Sorge um Sie. Männer, die ein abenteuerliches Leben führen, sollten grundsätzlich ledig bleiben aus Rücksicht für die Damen. Ihre häufige Abwesenheit hätte jedenfalls die Eifersucht einer Frau erregt.«
    Herr Gale verbrachte eine leidlich angenehme Nacht auf der Polizeistation des Bezirkes und wurde am andern Morgen um neun Uhr von Prickett mit der Nachricht geweckt, daß sein Alibi befriedigend nachgewiesen und er somit frei sei.
    »Aber wissen Sie, Reuben, es ist eitel Humbug, wenn Sie behaupten, dies Werkzeug nicht zu kennen,« sagte Prickett. »Es war gestern abend von einer Belohnung die Rede – man nannte sogar eine Summe von tausend Pfund – und jede Mitteilung, die Sie mir machen, wird gut bezahlt werden. Ueberlegen Sie sich's, Reuben.«
    »Ich will mir's überlegen,« antwortete Gale mit seiner gewohnten Ruhe. Um ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, muß man sagen, daß er auch thatsächlich den ganzen Tag nichts andres that. Sein Ueberlegen hatte zur Folge, daß er nachmittags seinen Laden schloß und sich aufmachte, um auf eigne Faust Nachforschungen anzustellen.

Zehntes Kapitel.
    Ziemlich hungrig kehrte Prickett von seinem frühen Ausgang zum Frühstück in seine nahe beim Scotland Yard gelegene Wohnung zurück. Noch ehe er mit seinem Frühstück und den Polizeiberichten in den Morgenblättern zu Ende gekommen war, meldete ihm das Dienstmädchen einen von Inspektor Johnstone geschickten Herrn.
    »Laß ihn eintreten,« sagte Prickett mit ungewohnter Schärfe.
    Eine Minute später trat der Besucher ein – ein aufgedunsener, ländlich aussehender Bursche von etwa dreißig Jahren mit einem apfelrunden Gesicht, blödem Auge, hängender Unterlippe und einem aufrechtstehenden Büschel strohfarbenen Haares. Er suchte auf dem Teppich nach einem passenden Platz für seinen Hut, der ihn zu belästigen schien, und setzte ihn mit freundlichem Lächeln in die Mitte eines Viereckes des Musters, bereute aber seine Wahl in Bälde und verpflanzte ihn in die Mitte eines andern Viereckes.
    Prickett hatte seinen Stuhl vom Tisch zurückgeschoben und sich erhoben. Er stand nun vor dem Kamin und stopfte seine Pfeife, wobei er seinen Gast mit wenig freundlicher Miene ansah.
    »Nun,« sagte er kühl, »was wünschen Sie?«
    »Ich habe Herrn Johnstone besucht,« sagte der Fremde mit leise nördlich klingender Betonung, »und er hat mich hierher gesandt.«
    »So?« fragte Prickett in einem Ton, der deutlich verriet, daß Johnstone dadurch in seiner Meinung nicht stieg; »und was wollen Sie nun, da Sie hier sind?«
    »Ich habe während der letzten fünf Jahre bei der Polizei gedient,« erwiderte der Gast mit besänftigendem Lächeln. »Ich habe bei einem in Manchester verrichteten Geschäft etwas Glück gehabt und dann eine Woche Urlaub erhalten. Glauben Sie, daß ich in London irgend etwas unternehmen könnte?«
    »Sie könnten eine Fahrkarte für den Rückweg lösen,« erwiderte Prickett trocken.
    »Damit wollen wir noch ein wenig warten,« erwiderte der Besucher; »ich habe bei dem ›Fieldingfall‹ eine Kleinigkeit verdient und werde jedenfalls meine Woche Urlaub hier verbringen.«
    »Was haben Sie denn mit dem Fieldingfall zu thun gehabt?« fragte Prickett.
    »Ich habe ihn nur geleitet,« lautete die Antwort.
    Prickett vergaß das brennende Streichholz in

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