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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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war. »Zur Abwechslung fühle ich mich endlich einmal lebendig. Ich möchte bleiben. Ich werde bleiben. Ich werde hier leben.«
    »Möchten Sie hier sterben?«
    Er lächelte, wandte den Blick von mir ab, sah mich wieder an. »Ja.« Die Entschlossenheit in seiner Stimme ließ mich für einen Augenblick verstummen.
    Mir war unbehaglich zumute. Ich stand auf und ging im Zimmer auf und ab, wobei ich die Bücherregale betrachtete. Er hatte offenbar so ziemlich die gleiche Menge gelesen wie ich. Ich fragte mich, ob er alles im Eiltempo in sich hineingestopft hatte oder ob er einiges auch mit normaler Geschwindigkeit gelesen hatte: Dostojewski, Borges, Greene, Swift, Lucretius, Kafka, Austin, Grass, Bellow, Joyce, Konfuzius, Scott, Mailer, Camus, Hemingway, Dante. »Dann werden Sie vermutlich hier sterben«, sagte ich leichthin. »Ich nehme an, das Schiff hat die Absicht, lediglich zu observieren, nicht zu kontaktieren. Natürlich…«
    »Das ist ganz in meinem Sinne. Sehr gut.«
    »Hmm. Nun, es ist noch nicht… offiziell, aber ich… So wird es wohl laufen, vermute ich.« Ich wandte mich von den Büchern ab. »Wirklich? Ist das Ihr Ernst, daß Sie hier sterben wollen? Wie…«
    Er saß nach vorn gebeugt in dem Sessel und strich sich die schwarzen Haare mit einer Hand aus dem Gesicht, indem er sich mit beringten Fingern durch die Locken fuhr. Ein silberner Steckstift schmückte sein linkes Ohrläppchen.
    »Gut«, wiederholte er. »Das ist ganz in meinem Sinne. Wir würden diesen Ort zerstören, wenn wir uns einmischten.«
    »Sie werden ihn selbst zerstören, wenn wir es nicht tun.«
    »Kommen Sie nicht mit solchen Platitüden, Sma.« Er drückte die Zigarette so kraftvoll aus, daß er sie zerbrach, obwohl sie nicht einmal zur Hälfte geraucht war.
    »Und wenn sie den Ort in die Luft jagen?«
    »Mmm.«
    »Nun?«
    »Nun was?« wollte er wissen.
    Eine Zweiklangsirene ertönte auf dem Boulevard St. Germain. »Vielleicht sind sie auf dem besten Weg dahin. Ich möchte sehen, wie sie sich selbst zerfressen, vor ihren eigenen…«
    »Ach, Quatsch!« Sein Gesicht furchte sich vor Verärgerung.
    »Sie reden Quatsch!« entgegnete ich ihm. »Sogar das Schiff macht sich Sorgen. Der einzige Grund, warum man dort noch zu keiner endgültigen Entscheidung gekommen ist, ist der, daß man genau weiß, wie ungünstig die kurzfristige Auswirkung eines solchen Schrittes wäre.«
    »Sma, das ist mir gleichgültig. Ich möchte nicht weg von hier. Ich will nichts mehr zu tun haben mit dem Schiff oder der Kultur oder irgend etwas im Zusammenhang damit.«
    »Sie müssen verrückt sein. So verrückt wie die Leute hier. Man wird sie umbringen; Sie werden von einem Lastwagen zermalmt oder bei einem Flugzeugabsturz zerfetzt oder… kommen bei einem Brand um oder irgend etwas…«
    »Ich werde meinem Schicksal ins Auge sehen.«
    »Nun… wie ist es mit dem, was als ›Sicherheitsaspekt‹ bezeichnet wird? Was ist, wenn Sie nur verletzt sind und man Sie ins Krankenhaus bringt? Sie werden nie mehr herauskommen; nach der ersten Untersuchung Ihrer inneren Organe oder Ihres Blutes wird man wissen, daß Sie ein Fremdweltler sind. Das Militär wird sich eingehend mit Ihnen beschäftigen. Man wird Sie auseinandernehmen.«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich, aber wenn es geschieht, dann geschieht es eben.«
    Ich setzte mich wieder. Ich reagierte genau in der Art und Weise, wie es das Schiff vorausgesehen hatte. Ich hielt Linter für verrückt, genau wie es die Willkür tat, und es benutzte mich für den Versuch, ihn zur Vernunft zu bringen. Zweifellos hatte das Schiff diesen Versuch bereits selbst unternommen, aber es lag auf der Hand, daß aufgrund der Natur von Linters Entscheidung die Willkür am allerwenigsten Einfluß darauf haben würde. Technisch und moralisch repräsentierte das Schiff am ausgeprägtesten den Standpunkt, den die Kultur einzunehmen fähig war, und eben dieser raffinierte Intellekt hatte das Tier gelähmt, hier an diesem Ort.
    Ich muß zugeben, daß ich bis zu einem gewissen Grad Bewunderung für Linters Einstellung empfand, obwohl ich immer noch der Meinung war, daß er sich sehr dumm verhielt. Vielleicht war eine eingeborene Person im Spiel, vielleicht auch nicht; jedenfalls verdichtete sich in mir der Eindruck, daß die Angelegenheit insgesamt komplizierter war – und schwieriger zu handhaben. Vielleicht hatte er sich verliebt, aber vermutlich nicht in etwas so Einfaches wie einen Menschen. Vielleicht hatte er sich in die Erde

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